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Session: 22.10.2014
In Art. 21 lit. c Absatz 2 des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz) wird der Beitrag des Kantons und der Gemeinden der nicht durch die obligatorische Krankenpflegeversicherung und die maximale Kostenbeteiligung der Bewohner gedeckten anerkannten Pflegekosten festgelegt. Laut geltender Gesetzgebung gehen 75% der Restkosten zu Lasten der Gemeinden und 25% zu Lasten des Kantons.

Vom Gesundheitsamt wurden die prov. Maximaltarife für 2015 festgelegt. Unter anderem ist für die Pension und Betreuung eine Tarifreduktion zugunsten der Bewohner vorgesehen. Diese wird bei den Gemeinden zu erheblichen Mehrkosten gegenüber dem Vorjahr führen. Zum Beispiel stellt die Gemeinde Poschiavo eine Kostensteigerung im Jahre 2015 von CHF 198‘000 fest (Die Gesamtkosten im Jahr 2014 betragen CHF 564‘000. Im Jahr 2015 sind hingegen CHF 762‘000 zu budgetieren, d.h. 35% mehr als im Vorjahr).

Unabhängig davon, ob die Tarifreduktion bei der Pension und Betreuung begründet ist oder nicht, müssen die Gemeinden einmal mehr machtlos zusehen, dass Kosten auf sie überwälzt werden, die von ihnen gar nicht beeinflusst werden können. All dies in einer Periode, die finanziell schon schwierig genug ist.

Während der Beratung der Teilrevision des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen im August 2010 wurde sowohl darauf hingewiesen als auch entsprechend ein Antrag gestellt, dass der zur Diskussion stehende Verteilschlüssel von heute 25% Kanton und 75% Gemeinden zu Mehrkosten bei den Gemeinden führen würde.

Die Regierung argumentierte damals dahingehend, dass es sich bei den Pflegeheimen und auch der Spitex um Gemeindeaufgaben handeln würde. Je mehr der Verteilschlüssel zuungunsten des Kantons verändert würde, desto grösser würden die Anreize zur Erhaltung von kostenintensiven Strukturen. Laut der Regierung hätten somit die Gemeinden bei einem niedrigeren Verteilschlüssel zu ihren Lasten kein Interesse mehr daran, alternative Wohnformen für Alterswohnungen oder Wohngruppen zu suchen, obwohl dies zur Senkung der heute hohen Kosten in der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen führen würde. In diesem Zusammenhang muss man aber leider feststellen, dass mittlerweile die Quote der kostendeckend arbeitenden Alters- und Pflegeheime noch weiter gesunken ist. In der Tat können derzeit weniger als 40% aller Alters- und Pflegeheime im Kanton Graubünden, die sämtliche gesetzlichen Vorgaben einhalten und unter Berücksichtigung der nötigen Abschreibungen/Refinanzierung, eine kostendeckende Betriebsleitung aufweisen. Dies zeigt die dringende Notwendigkeit einschneidender Massnahmen. Die entstehenden Defizite müssen heute von den Trägerschaften getragen werden. Nicht alle Gemeinden sind in einer Trägerschaft eingebunden, was zu einer zusätzlichen Diskriminierung unter den Gemeinden führt: Die einen müssen in einer Trägerschaft die Defizite mittragen, die anderen nicht.

Aufgrund der oben genannten Betrachtungen fordern die Unterzeichnenden die Regierung auf, eine Teilrevision des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz) vorzunehmen. Folgende Ziele müssen erreicht werden:

1. Die heutigen Strukturen, wo Beitragszahler und Betreiber kaum gemeinsame Kostenüberprüfungen durchführen können, sind zu prüfen. Dabei sind auch stete kostensteigernde Faktoren wie z.B. gesetzliche Vorgaben vermehrt zu hinterfragen, da auch hier eine Trennung besteht zwischen „Bezahlenden“ und „Befehlenden“.

2. Jede Bündner Gemeinde ist verpflichtet, Trägerschaftsmitglied in mindestens einem Alters- und Pflegeheim innerhalb der eigenen Planungsregion zu werden.

3. Der Verteilschlüssel gemäss geltender Gesetzgebung 75% Gemeinde und 25% Kanton muss zugunsten der Gemeinden angepasst werden.

4. Es sollen die notwendigen gesetzlichen Instrumente geschaffen werden, dass eine vertretbare Anzahl Alters- und Pflegeheime im Kanton Graubünden, bei Einhaltung der gesetzlichen Vorgaben, kostendeckend geführt werden können.

Chur, 22. Oktober 2014

Della Vedova, Marti, Baselgia-Brunner, Albertin, Alig, Atanes, Berther, Blumenthal, Bucher-Brini, Burkhardt, Caduff, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casanova (llanz), Casanova-Maron (Domat/Ems), Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Davos Clavadel), Crameri, Danuser, Degonda, Epp, Fasani, Felix (Scuol), Florin-Caluori, Giacomelli, Heiz, Jaag, Jenny, Joos, Kasper, Kunfermann, Locher Benguerel, Michael (Castasegna), Monigatti, Müller, Niederer, Noi-Togni, Papa, Paterlini, Pedrini, Peyer, Pfenninger, Schneider, Schutz, Steiger, Tenchio, Thomann-Frank, Thöny, Tomaschett (Breil), Widmer-Spreiter, Sgier, Sonder, Wellig

Antwort der Regierung

Bei der Festlegung der Maximaltarife für die stationäre Betreuung und Pflege ist die Regierung an das in Art. 21 b des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (BR 506.000, KPG) vorgeschriebene Verfahren gebunden. Entsprechend der gesetzlichen Vorgabe wurden für die Berechnung der Maximaltarife 2015 die Kostendaten von 35 Pflegeheimen (Referenzheimen), welche im Jahr 2013 zusammen 81.64 Prozent der Pflegetage erbracht haben, berücksichtigt. Die auf diesen Daten basierende Berechnung ergab für das Jahr 2013 durchschnittliche Kosten pro Pflegeminute von 1.12 Franken (2012: 1.00 Franken). Der starke Anstieg der Durchschnittskosten um 12 Prozent gegenüber dem Vorjahr ist einerseits auf den Rückgang der durchschnittlichen Pflegeminuten pro Bewohner und Tag um rund drei Minuten (Rückgang der durchschnittlichen Pflegebedürftigkeit) zurückzuführen, kurz, weniger Pflegeminuten infolge leichterer Pflegebedürftigkeit ergibt pro Pflegeminute höhere Kosten. Andererseits führte auch der Anstieg bei den Pflegekosten von über zwei Mio. Franken infolge des Lohnstufenanstiegs des Pflegepersonals und neu geschaffener Pflegestellen zu höheren Kosten. Der Anstieg der anerkannten Pflegekosten hat auf Grund der im Bundesrecht festgelegten Limitierung der durch die obligatorische Krankenversicherung und die Heimbewohnerinnen und -bewohner zu tragenden Kosten überproportionale Auswirkungen auf die Kantons- und Gemeindebeiträge.

Wie in der Begründung des Auftrags festgehalten, weisen nur rund 40 Prozent der Alters- und Pflegeheime in der Kostenrechnung kein Defizit aus. Die Kostenrechnung ist indessen bezüglich des Finanzergebnisses des jeweiligen Betriebsjahres nur bedingt aussagekräftig. In der diesbezüglich massgebenden Betriebsrechnung (Finanzbuchhaltung) weisen wesentlich mehr Alters- und Pflegeheime ein positives Ergebnis aus. Dies ist darin begründet, dass in der Betriebsrechnung nur die tatsächlich anfallenden Kosten für Abschreibungen und Kapitalzinsen eingesetzt werden können und nicht wie in der Kostenrechnung kalkulatorische Kosten.

Mit dem vom Grossen Rat am 19. Juli 2011 überwiesenen Auftrag der Kommission für Gesundheit und Soziales (KGS) betreffend Aufgaben- und Finanzentflechtung in der Krankenpflege wurde die Regierung beauftragt, das System der Spital- und Pflegefinanzierung einer eingehenden Prüfung zu unterziehen. Insbesondere sollen die von der Regierung beschlossenen, kostentreibenden Regulierungen in den Verordnungen, die den Gemeinden weder bei der Spital- noch bei der Pflegefinanzierung einen Spielraum für die Eindämmung der daraus resultierenden Aufwendungen einräumen, überprüft werden. Zudem wurde die Regierung beauftragt, Bericht zu erstatten, unter welcher Voraussetzung und mit welchen Folgen eine alleinige Spitalfinanzierung durch den Kanton und eine alleinige Pflegefinanzierung durch die Gemeinden durchführbar wäre.

In ihrer Antwort vom 5. Juli 2011 wies die Regierung darauf hin, dass die verlangte Prüfung des Pflege- und Spitalfinanzierungssystems erst nach Vorliegen der Daten der ersten zwei Jahre nach Einführung der neuen Finanzierungsregelungen erfolgen könne. Diese Daten liegen seit Kurzem vor. Die Arbeiten zur Berichterstattung im Sinne des Kommissionauftrags sind im Gange. Der Bericht, der sich auch mit dem im vorliegenden Auftrag Della Vedova vorgebrachten Anliegen befassen wird, wird voraussichtlich im Verlauf des Jahres 2015 dem Grossen Rat vorgelegt.

Unter Hinweis auf den im Auftrag der KGS in Erarbeitung befindenden Bericht zur Prüfung einer Entflechtung der Pflege- und der Spitalfinanzierung im Sinne des Kommissionsauftrags vom 14. Juni 2011 beantragt die Regierung, den Auftrag abzulehnen. Die Regierung erachtet es nicht als zielführend, das heutige Finanzierungssystem der stationären Pflege und Betreuung vor dem Vorliegen des Berichts zu überprüfen und allenfalls anzupassen. Zielführend ist nur eine gleichzeitige Überprüfung und allfällige Anpassung der Spitalfinanzierung und der Finanzierung der stationären und ambulanten Pflege und Betreuung einschliesslich des Verteilschlüssels zwischen Kanton und Gemeinden. Dabei wird vor allem auch der finanzpolitische Richtwert des Grossen Rates betreffend Verzicht von Lastenverschiebungen zwischen Kanton und Gemeinden zu beachten sein.

30. Dezember 2014