Gemäss der Umsetzung der FA-Reform ist die Aufgabe der Mütter- und Väterberatung - Fachstelle für Eltern von Säuglingen und Kleinkindern - neu eine alleinige Aufgabe des Kantons. Deshalb wurde am 20. November 2014 ein Ausschreiben eröffnet betreffend Vergabe des Auftrags der Mütter- und Väterberatung. Die Ausschreibung erfolgte wider Erwarten alleine für Anbieter, die für das ganze Kantonsgebiet offerieren.
Am 24. März 2015 hat die Regierung die Vergabe der Mütter- und Väterberatung (MVB) in Graubünden zu einem Preis von 800 Franken pro Kind im ersten Lebensjahr beschlossen. Der Zuspruch hat der Verein Kinder- und Jugendberatung (KJBE) in Chur erhalten.
Das Gesundheitsamt Graubünden betraut demzufolge die KJBE mit dem Aufbau und der Durchführung der neuen Organisation der Mütter- und Väterberatung in Graubünden per 1. Januar 2016. Der Betriebsbeitrag für das Jahr 2016 beträgt somit 1.448 Mio. Franken.
Mitbewerber der Vergabe war auch der eigens dazu aus den heute bestehenden MVB-Trägerschaften neu aufgebaute Verein Mütter- und Väterberatung Graubünden (MVB GR). Beide Angebote (KJBE und MVB GR) waren wesentlich über dem Ansatz von 800 Franken pro Kind im 1. Lebensjahr offeriert. Die KJBE offerierte zu 890 Franken und der Verein MVB GR zu 958 Franken. Auf Grund der Finanzplanung für das Jahr 2016 setzte die Regierung in ihrem Beschluss eine maximale Grenze von 800 Franken pro Kind fest und beauftragte das Gesundheitsamt mit der Ausarbeitung einer Lösung mit dem Verein KJBE. Aufgrund der Submissionsregeln ist erstaunlich und fragwürdig, dass nur mit der KJBE Verhandlungen geführt wurden, nicht aber mit dem Verein MVB GR.
In der Ausschreibung der Regierung vom 20. November 2014 wurden genaue Anforderungen und Qualitätsmerkmale definiert zu Ausbildung, Weiterbildung, Lohneinreihung, Personalreglement, EDV-Einrichtung, welche die neue Trägerschaft erfüllen muss. Der Entscheid der Regierung führt im Fall des Vereins KJBE immerhin zu einer jährlichen Reduktion der verfügbaren Mittel von rund 160‘000 Franken.
Da der Kanton für den Dienstleistungsauftrag der Mütter- und Väterberatung gesetzlich verantwortlich ist und dieser auch weiterhin angeboten werden muss, stellen die Unterzeichnenden folgende Fragen:
1. Die Regierung ist überzeugt, dass sich die Verantwortlichen der KJBE für ein erstklassiges Beratungsangebot einsetzen werden. Wo konkret liegen die Unterschiede und Verbesserungen zum bisherigen Beratungsangebot?
2. Aus welchen Gründen wurden nicht beide Vereine zu erneuten Verhandlungen eingeladen, insbesondere, weil beide Offerten über dem nachträglich festgesetzten Preis der Regierung von 800 Franken pro Kind im ersten Lebensjahr lagen?
3. Wie konkret wird das Beratungskonzept umgesetzt und wo wird allenfalls der Präventionsauftrag der MVB gekürzt, wenn lediglich eine Pauschale von 800 Franken pro Kind für die Beratung in den ersten drei Lebensjahren zur Verfügung steht?
4. Wie konkret wird das in der Ausschreibung des Gesundheitsamtes vom 20. November 2014 vorgegebene Anforderungsprofil für alle Mütterberaterinnen zum Beispiel betreffend Nachdiplomstudium MVB (höheres Fachdiplom) umgesetzt?
5. Welche Dienststelle hat die Aufsicht und Verantwortung über die KJBE betreffend die Umsetzung und Sicherstellung der Qualität in der MVB?
6. Was bedeutet die Überführung in die neue Organisation für das bei der heutigen Trägerschaft angestellte Personal?
Chur, 21. April 2015
Rutishauser, Baselgia-Brunner, Hardegger, Albertin, Atanes, Blumenthal, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Caduff, Cahenzli-Philipp, Casty, Casutt-Derungs, Caviezel (Chur), Clalüna, Darms-Landolt, Deplazes, Dosch, Foffa, Gartmann-Albin, Geisseler, Jaag, Jeker, Kollegger, Locher Benguerel, Lorez-Meuli, Mani-Heldstab, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Monigatti, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Perl, Pult, Thöny, Tomaschett-Berther (Trun), Widmer-Spreiter, Gugelmann, Vassella
Antwort der Regierung
Auf die Ausschreibung der Mütter- und Väterberatung reichten zwei Bewerber eine Offerte ein. Da die vom Verein KJBE offerierten Durchführungskosten von 890 Franken pro Kind um zehn Prozent über den gemäss dem Finanzplanwert zur Verfügung stehenden Mitteln lagen, wurde das Gesundheitsamt beauftragt, zusammen mit der Bewerberin den in der Ausschreibung definierten Leistungsauftrag so anzupassen, dass er mit den verfügbaren Mitteln von 800 Franken pro Kind umgesetzt werden kann.
Die gestellten Fragen beantwortet die Regierung wie folgt:
1. Das heutige Beratungsangebot ist geprägt von der jeweilig dafür verantwortlichen Mütter- und Väterberaterin und unterscheidet sich von Region zu Region recht stark. So finden in einigen Regionen praktisch nur Hausbesuche statt, während andere Regionen mehr auf Beratung in Beratungsstellen setzen.
Das Beratungskonzept des Vereins KJBE überzeugt durch die vorgesehene Umsetzung der Vorgabe der Mütter- und Väterberatung über das ganze Kantonsgebiet. So ist mit acht Hauptberatungszentren und zehn Nebenberatungszentren eine Verteilung der Beratungszentren über das ganze Kantonsgebiet vorgesehen. Bei Eltern, deren Wohnort etwas entfernt von den Beratungs- und Nebenberatungszentren liegt, sieht das Beratungskonzept vermehrte Hausbesuche vor.
Der Verein KJBE verfügt sowohl über ausgewiesene Erfahrung im Bereich Betreuung von Kindern und Jugendlichen als auch über ausgewiesene Führungs- und Managementerfahrung. Er ist im Kanton sehr gut vernetzt und etabliert. Durch die organisatorische Einbettung der Mütter- und Väterberatung in die bereits bestehende Organisationsstruktur des Vereins kann die Mütter- und Väterberatung von den bereits bestehenden Diensten des Vereins (Personal/Weiterbildung, Finanzen, PR, Inkasso etc.) profitieren. Es bestehen zudem wichtige Synergien zwischen der Mütter- und Väterberatung und den anderen Geschäftsbereichen des Vereins.
2. Aufgrund des sowohl preislich als qualitativ besseren Angebots erhielt der Verein KJBE den Zuschlag. Die Besprechungen, wie das Leistungsangebot mit dem reduzierten Betrag angepasst werden soll, erfolgten entsprechend nur mit dem Verein KJBE.
3. Die konkrete Umsetzung des Konzepts ist Aufgabe des Vereins KJBE und der vom Verein gewählten Leitungsperson. Der dem Verein KJBE zur Verfügung stehende Betrag von 800 Franken pro Kind entspricht dem bisherigen Beitrag des Kantons und der Gemeinden pro Kind an die Dienste der Mütter- und Väterberatung. Eine Kürzung des Angebotes wird deshalb nicht stattfinden.
4. Die ab dem Jahr 2016 im Kanton in der Mütter- und Väterberatung tätigen Beraterinnen haben ein anerkanntes Nachdiplomstudium Mütter- und Väterberatung zu absolvieren, wenn sie nicht bereits über die entsprechende Ausbildung verfügen. Dabei wird darauf geachtet werden, dass sich immer nur so viele Personen in Ausbildung befinden, dass der Leistungsauftrag jederzeit erfüllt werden kann.
5. Die Aufsicht über die Mütter- und Väterberatung liegt beim Gesundheitsamt.
6. Am 27. Mai 2015 hat der Verein KJBE eine Informationsveranstaltung für alle im Kanton tätigen Beraterinnen der bestehenden Organisationen der Mütter- und Väterberatung durchgeführt. Das bei den heutigen Trägerschaften eingesetzte Personal hat die Möglichkeit, sich als Mütter- und Väterberaterin beim Verein zu bewerben. Der Verein KJBE beabsichtigt, so weit als möglich bisherige Beraterinnen weiter zu beschäftigen. Es liegt jedoch in der Kompetenz des Vereins, allenfalls höhere Arbeitspensen zu vergeben und damit weniger Personal anzustellen.
25. Juni 2015