Im März 2013 wurde die Teilrevision des Raumplanungsgesetzes vom Stimmvolk angenommen. Gemäss einer Mitteilung des Amtes für Raumplanung des Bundes aus dem Jahre 2013 werden mit der Revision folgende Ziele verfolgt:
„Bei der Umsetzung der RPG-Revision steht die Lenkung der Siedlungsentwicklung nach innen im Zentrum: Siedlungen sollen künftig mehr als bisher in bebauten und gut erschlossenen Gebieten entstehen. Zudem müssen Innenentwicklungspotenziale vermehrt mobilisiert werden, zum Beispiel durch Verdichtung oder Revitalisierung von Industriebrachen. Überdimensionierte Bauzonen sind zu reduzieren und Bauzonen dorthin zu verschieben, wo sie benötigt werden.
Künftig soll die Bauzonengrösse grundsätzlich nicht mehr pro Gemeinde, sondern pro Kanton an den bundesrechtlichen Vorgaben gemessen werden. Für Wohn-, Misch- und Zentrumszonen, die rund 70 Prozent aller Bauzonen ausmachen, wird daher eine Messgrösse («kantonale Auslastung») definiert, die festlegt, wann diese Zonen im Kanton insgesamt zu gross sind. Die Kantone sind innerhalb des neuen Rahmens frei, Vorgaben an die Gemeinden und Regionen zu machen.
Die Bauzonen im Kanton sind dann nicht überdimensioniert, wenn sie benötigt werden, um die in 15 Jahren erwarteten Einwohnerinnen und Einwohner und beschäftigten Personen aufzunehmen (Auslastung von 100 Prozent). Wird diese Auslastung geringfügig unterschritten, sollen Einzonungen möglich bleiben, wenn eine gleich grosse Fläche ausgezont wird oder dies anderweitig planungsrechtlich gesichert ist. Bei einer Auslastung von weniger als 95 Prozent müssen Bauzonen insgesamt verkleinert werden. Sind die Bauzonen zu mehr als 100 Prozent ausgelastet, weist dies auf ein gesamtkantonales Einzonungspotenzial hin.“
Bezugnehmend auf obige Ausführungen bitten die Unterzeichnenden die Regierung, folgende Fragen zu beantworten:
1. Welche Auslastung weisen die Bauzonen des Kantons Graubünden insgesamt aus?
2. Gemäss Bundesrecht sollen überdimensionierte Bauzonen reduziert werden und dorthin verschoben werden, wo sie benötigt werden. Verfügt der Kanton Graubünden über eine Übersicht, welche aufzeigt wo überdimensionierte Bauzonen vorliegen und wo Einzonungen erforderlich sind?
3. Wie gedenkt die Regierung, die Verschiebung von Bauzonen zwischen den Gemeinden zu regeln und wie soll die Kompensation erfolgen (Definition von „Spielregeln“ bei Auszonung und Umzonung sowie für Mehrwertausgleich)?
Ist eine Verschiebung bzw. ein Ausgleich von Bauzonen innerhalb des ganzen Kantons vorgesehen oder kann sich die Regierung vorstellen, die Verschiebung innerhalb der Regionen zu beschränken?
4. Das revidierte RPG legt fest, dass die Bauzonen bis zur Genehmigung der anzupassenden kantonalen Richtpläne insgesamt nicht vergrössert werden dürfen. Die revidierte Raumplanungsverordnung sieht in dieser Zeitspanne grundsätzlich für alle Bauzonen eine flächengleiche Kompensation vor.
a) Bis wann rechnet die Regierung mit der Genehmigung des kantonalen Richtplans durch den Bundesrat?
b) Welche Massnahmen plant die Regierung, um die wirtschaftliche Entwicklung in Gemeinden mit zu wenig Gewerbe- und/oder Industrieland bis zum Inkrafttreten der neuen Richtpläne zu ermöglichen?
Chur, 9. Dezember 2015
Caduff, Michael (Donat), Kunz (Chur), Aebli, Albertin, Alig, Berther (Disentis/Mustér), Blumenthal, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Caluori, Casanova (Ilanz), Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Crameri, Danuser, Darms-Landolt, Davaz, Della Vedova, Deplazes, Dosch, Engler, Fasani, Felix (Haldenstein), Florin-Caluori, Foffa, Geisseler, Giacomelli, Grass, Hardegger, Hartmann, Holzinger-Loretz, Joos, Koch (Tamins), Komminoth-Elmer, Kunfermann, Lorez-Meuli, Märchy-Caduff, Mathis, Nay, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pedrini, Salis, Sax, Schutz, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Troncana-Sauer, Vetsch (Klosters Dorf), von Ballmoos, Waidacher, Weber, Wieland, Zanetti, Andri, Berther (Segnas), Föhn, Natter, Spreiter, Tuor
Antwort der Regierung
Zu Frage 1:
Die Bauzonen in Graubünden weisen per 1. Mai 2014 (Datum des Inkrafttretens des revidierten eidg. Raumplanungsgesetzes, RPG) eine Auslastung von 96,3 % auf, dies auf der Basis des maximal zulässigen Bevölkerungsszenarios. Dieser Wert, den der Bund kürzlich als plausibel bezeichnete, bedeutet bekanntlich, dass Einzonungen von Wohn-, Misch- und Zentrumszonen (WMZ) nicht nur jetzt in der Übergangsphase bis zur Genehmigung des kantonalen Richtplans (KRIP) „Siedlung“, sondern auch nach dessen Genehmigung kompensiert werden müssen.
Zu Frage 2:
Es sind folgende gesamtkantonale Grundlagen erarbeitet worden:
1. Ein Gemeinde-Datenblatt, das Auskunft gibt, welche Gemeinden mutmasslich zu wenig WMZ, gerade richtig dimensionierte WMZ oder zu grosse WMZ aufweisen. Diese Vermutungen basieren auf den Kapazitäten in den Bauzonen aufgrund der rechtskräftigen Ortsplanungen (unüberbaute oder deutlich unternutzte Flächen) sowie aufgrund der zu erwartenden Bevölkerungsentwicklung gemäss dem maximal zulässigen Bevölkerungsszenario. Die Vermutungen sind von den Gemeinden zu verifizieren, worauf eine abschliessende Zuordnung erfolgt.
2. Eine Erhebung von WMZ-Flächen >1 ha, die rechtlich zwar Bauzone darstellen, aber nicht überbaubar sind (z.B. Flächen, die wegen bereits erfolgter Nutzungstransfers nicht überbaubar sind). Diese Flächen „belasten“ die gesamtkantonale Auslastung unnötig, und zwar im Umfang von ca. 30 ha.
3. Eine Erhebung über Auszonungspotenziale in Bezug auf zusammenhängende WMZ-Flächen >0,3 ha, die vornehmlich am Siedlungsrand liegen, unüberbaut sind und Gemeinden betreffen, deren WMZ nach dem Datenblatt (Ziffer 1) vermutlich zu gross ist. Es wurde diesbezüglich ein Potenzial von ca. 83 ha ermittelt.
4. Eine Erhebung über Bauzonenflächen mit Geschossflächenreserven an gut erschlossenen Lagen, die sich für Auf- oder Umzonungen resp. für Nachverdichtungen eignen.
Zu Frage 3:
Fakt ist aufgrund der erarbeiteten Grundlagen, dass der Kanton Graubünden gesamtkantonal betrachtet über zu grosse WMZ verfügt und dass die vorhandenen Reserven nicht dort liegen, wo sie aufgrund der Bevölkerungsprognosen erwünscht wären, nämlich in den dynamischen Entwicklungsräumen mit einem erwarteten hohen Zuwachs an Einwohnern und Arbeitsplätzen. Diese Ausgangslage erfordert eine teilweise Umlagerung der vorhandenen Bauzonenreserven von den Gebieten mit einem negativen demographischen Wandel in dynamischere Räume und Orte.
Die Ausgestaltung eines entsprechenden Umlagerungs- und Kompensationsmechanismus stellt für alle Beteiligten eine grosse neue Herausforderung dar und bildet Gegenstand des jetzt in Erarbeitung befindlichen KRIP „Siedlung“. Die geplanten Lösungen und Massnahmen werden im Rahmen der für Sommer / Herbst 2016 vorgesehenen Mitwirkungsauflage präsentiert und der öffentlichen Diskussion zugänglich gemacht.
Zu Frage 4:
Die Regierung hofft, dass der KRIP „Siedlung“ Ende 2017 / anfangs 2018 genehmigt ist. Für Sommer / Herbst 2016 ist, wie erwähnt, die öffentliche Mitwirkungsauflage geplant.
Die Gemeinden wurden bereits im Sommer 2013 über die Kompensationspflicht bei Einzonungen während der Übergangsphase bis zur Genehmigung des KRIP orientiert. Diese frühe Information ermöglichte es diversen Regionen, noch vor dem 1. Mai 2014 zusätzliche Gewerbezonen zu schaffen. Daneben konnten seit 1. Mai 2014 gesamtkantonal bereits einige Bauzonen unabhängig von Kompensationen ausgezont werden, so dass sich eine kantonale Kompensationsreserve gebildet hat, die nach bestimmten Kriterien für die Kompensation von sinnvollen Einzonungen in den Regionen zur Verfügung steht, so etwa für Vorhaben, die Arbeitsplätze generieren.
04. März 2016