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Session: 19.10.2016

Auf meine Anfrage betreffend Zusammenhang zwischen der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte und dem Mangel an Hausärzten im Kanton antwortete die Regierung im September 2014, sie erachte die Auswirkungen der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte auf den Bestand an Hausärzten im Kanton als eher gering. Hausarztpraxen, welche keine Nachfolge fänden, lägen in aller Regel in Gebieten, in welchen die uneingeschränkte Selbstdispensation gelte. Aufgrund der Auswertung des Ergebnisses der im Jahr 2010 durchgeführten Vernehmlassung ging die Regierung davon aus, dass die Aufhebung der noch im Gesundheitsgesetz geregelten Beschränkung der Selbstdispensation der Ärzte nicht mehrheitsfähig sei. Ohne Auftrag des Grossen Rates sah die Regierung deshalb keine Veranlassung, dem Grossen Rat eine Vorlage zur Aufhebung der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte im Gesundheitsgesetz zu unterbreiten.

 

Diese Analyse der Regierung mag im Jahr 2014 zutreffend gewesen sein.

 

In der Zwischenzeit hat sich die Situation aber weiter verschärft. Selbst in Chur und anderen attraktiven Standorten ohne Selbstdispensationsrecht lassen sich immer häufiger keine Nachfolgeregelungen für Ärzte, die ihre Tätigkeit altershalber aufgeben, mehr finden. Das gilt auch für die Suche nach Partnern für die Zusammenarbeit in modernen Gemeinschaftspraxen. Als Grund dafür wird unter anderem die im Kanton geltende Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte angeführt. Die fehlende Möglichkeit der Selbstdispensation gilt als ein erheblicher Wettbewerbsnachteil für die Rekrutierung von Hausärzten für unseren Kanton.

 

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, die Situation bezüglich Aufhebung der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte neu abzuklären.

 

Chur, 19. Oktober 2016

 

Holzinger-Loretz, Geisseler, Niggli-Mathis (Grüsch), Alig, Bleiker, Blumenthal, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Casty, Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Dermont, Dudli, Engler (Davos Dorf), Fasani, Felix (Haldenstein), Felix (Scuol), Florin-Caluori, Giacomelli, Grass, Hartmann, Heiz, Hitz-Rusch, Jaag, Jenny, Kasper, Koch (Tamins), Kollegger, Kunz (Fläsch), Marti, Mathis, Michael (Donat), Nay, Niederer, Papa, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Thomann-Frank, Troncana-Sauer, Valär, Vetsch (Pragg-Jenaz), von Ballmoos, Waidacher, Weber, Weidmann, Widmer-Spreiter, Wieland, Bonderer, Fausch, Furrer, Gugelmann, Loi, Nicolay, Pfister

Antwort der Regierung

Gestützt auf die Auswertung der im Jahr 2010 durchgeführten Vernehmlassung gelangte die Regierung zum Schluss, dass die Aufhebung der im Gesundheitsgesetz geregelten Beschränkung der Medikamentenabgabe durch die Ärzte (Selbstdispensation) im gegebenen Zeitpunkt nicht mehrheitsfähig sei, und entschied demgemäss mit Beschluss vom 12. Oktober 2010 (Prot. Nr. 888), auf die Ausarbeitung einer entsprechenden Revisionsvorlage zu Handen des Grossen Rates vorläufig zu verzichten. Im Rahmen der Botschaft zur Totalrevision des Gesundheitsgesetzes vom 17. Mai 2016 (Heft Nr. 4 / 2016 – 2017) verzichtete die Regierung ebenfalls darauf, eine Änderung der entsprechenden Rechtsgrundlagen zu beantragen.

Mit der in der Frühjahrssession 2016 angenommenen Revision des Bundesgesetzes über Arzneimittel und Medizinprodukte (Heilmittelgesetz, SR 812.21) haben sich die eidgenössischen Räte gegen die in der Vorlage des Bundesrats vorgesehene Streichung von Art. 24 Abs. 1 lit. b HMG und das damit einhergehende Verbot des Selbstdispensationsrechts der Ärzte auf Bundesebene ausgesprochen. Die Kompetenz zur Regelung der Selbstdispensation verbleibt damit bei den Kantonen.

Derzeit ist die Selbstdispensation in 15 Deutschschweizer Kantonen uneingeschränkt zulässig. Teilweise zugelassen ist die Selbstdispensation neben dem Kanton Graubünden im Kanton Bern. Demgegenüber ist die Selbstdispensation in den Westschweizer Kantonen sowie den Kantonen Tessin, Basel Stadt und Aargau nur in Ausnahmefällen zugelassen.

Wie die Regierung am 25. Januar 2011 (Prot. Nr. 83) in Beantwortung einer Fraktionsanfrage der BDP ausführte, gibt es für die Tatsache, dass immer weniger Ärztinnen und Ärzte als Grundversorger tätig sind, mehrere Gründe: So ist seit der Einführung des Numerus clausus ein schweizweiter Rückgang von Studienabschlüssen der Medizin zu verzeichnen. Zudem bleiben Ärztinnen und Ärzte immer häufiger über die vorgeschriebene Weiterbildungstätigkeit hinaus in den Spitälern tätig. Ferner werden statt des Facharzttitels „Allgemeinmedizin“ vermehrt spezialisierte Facharzttitel erworben. Schliesslich ist eine steigende Tendenz zur Teilzeitarbeitstätigkeit – vor allem bei Ärztinnen – festzustellen.

In ihrer Antwort auf die Anfrage Holzinger-Loretz betreffend Zusammenhang zwischen der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte und dem Mangel an Hausärzten im Kanton vom September 2014 führte die Regierung unter anderem aus, dass sie die Auswirkungen der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte auf den Bestand an Hausärzten im Kanton als eher gering erachte. Hausarztpraxen, welche keine Nachfolge finden, lägen in aller Regel in Gebieten, in welchen die uneingeschränkte Selbstdispensation gelte.

Im vorliegenden Auftrag wird von den Unterzeichnenden sinngemäss geltend gemacht, dass der Hausärztemangel in der Zwischenzeit auch in Ortschaften, in denen das Selbstdispensationsrecht der Ärzte beschränkt sei, bestehe. Sie beantragen entsprechend, die Situation bezüglich Aufhebung der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte neu abzuklären.

Da seit der im Jahr 2010 durchgeführten Vernehmlassung einige Zeit verstrichen ist und der Ärztemangel zumindest im Bereich der Hausärzte zugenommen hat, erachtet die Regierung die mit dem vorliegenden Vorstoss beantragte Neubeurteilung der Beschränkung des Selbstdispensationsrechts der Ärzte im Kanton als gerechtfertigt. Dies insbesondere auch deshalb, weil das Departement für Justiz, Sicherheit und Gesundheit ohnehin beabsichtigt, in einem Bericht aufzuzeigen, wie die medizinische Grundversorgung der Bevölkerung des Kantons und seiner Gäste in Zukunft gewährleistet werden soll.

Die Regierung beantragt entsprechend dem Grossen Rat die Überweisung des Auftrags. In die Neubeurteilung werden auch die im Bericht des Bundesrats vom 12. Oktober 2016 "Positionierung der Apotheken in der Grundversorgung" enthaltenen Schlussfolgerungen und Handlungsempfehlungen miteinzubeziehen sein.

12. Januar 2017