Ein Fall von "assistiertem Suizid" einer Person aus dem Ausland am 18.10.2016 auf dem Gemeindegebiet von San Vittore wirft Fragen auf, welche an die kantonale Exekutive gerichtet werden müssen. Der Gemeindebehörde war weder die Zweckbestimmung der Wohnung, in welcher der Suizid durchgeführt wurde, bekannt, noch hatte sie Kenntnis davon, dass es sich um einen erwerbsmässig durchgeführten Vorgang handelte (für erwerbsmässig durchgeführte Vorgänge ist eine Bewilligung einzuholen). Ohne auf die grundlegenden Rechtsvorschriften zur Beihilfe zum Suizid eingehen zu wollen, welche anscheinend nicht verletzt wurden, sowie ohne die ethische Frage aufzugreifen, wirft die Praxis als solche Fragen auf. Gleiches gilt für die Personen, die in Vorgänge involviert sind, welche in ein Phänomen des "Todestourismus" im Moesano ausarten könnten.
Das Moesano weist enge Kontakte zum Tessin auf und ist mit dessen Problemen vertraut. Gleichermassen bekannt sind die politischen Massnahmen, um Verfehlungen und Benachteiligungen zu begegnen, welche zum Teil auf die Nähe des Tessins zu Italien zurückzuführen sind. In dieser Hinsicht haben sich die Tessiner Grossräte – spätestens ab dem Frühjahr 2016 – dafür eingesetzt, Fälle von "assistiertem Suizid" in ihrem Kanton aufzudecken. So gelang es ihnen, ausländische Gesellschaften und Personen an ihrer Tätigkeit im sanitären Bereich zu hindern, denn diese übten diese Tätigkeiten ohne die notwendige Ausbildung, ohne Transparenz in Bezug auf die Anzahl Suizide, die Modalitäten und die sich daraus ergebenden Einnahmen sowie ohne Information bezüglich Nationalität der verstorbenen Personen und Sitz ihrer Gesellschaften oder Vereine (siehe Vorstösse der Tessiner Grossräte Ghisletta, Dadò und Rückert, letzterer vom 6. Mai 2016), etc. aus. Dabei konzentrierten sich die Grossräte insbesondere auf den Verein Liberty Life, deren Inhaberin Ende 2015 die Betriebsbewilligung durch den Tessiner Staatsrat entzogen worden war. Die betreffende Person verlegte in der Folge den Sitz ihres Vereins, der heute den Namen "Nuovi Orizzonti" trägt, von Biasca (TI) nach Cama (GR). Aus dem Handelsregister gehen wiederholte Liquidationen und Neugründungen der besagten Gesellschaft hervor, wobei die letzte am 06.09.2016 vorgenommen wurde. Die Inhaberin hat anscheinend noch nie eine Betriebsbewilligung für Graubünden beantragt. Dieser Sachverhalt lässt darauf schliessen, dass in diesem Verein andere qualifizierte Personen von zweifelhafter Kompetenz und Persönlichkeit (wie festgestellt werden konnte) tätig sind, die über eine vom Kanton Graubünden ausgestellte Bewilligung verfügen.
Mit dem Zweck, der Ausbreitung eines Phänomens in unserem Kanton (im Tessin wurden bereits entsprechende Massnahmen ergriffen) entgegenzuwirken, welches sowohl hinsichtlich der Prozedur (Illegalität), als auch bezüglich der Menschenwürde (Räumlichkeiten, Methoden, fragwürdige Personen) und des einfachen oder illegalen Verdienstes (zu hohe Summen angesichts der Leistung) für Verstösse anfällig ist, unterbreite ich der Regierung folgende Fragen:
1. Hat die Regierung Kenntnis von einem Netzwerk von Gesundheitsfachleuten, welche mehr oder weniger unrechtmässig im Moesano tätig sind?
2. Verfügt der Kanton Graubünden über ein Programm zur Kontrolle von Ausbildung und Qualität der von Freiberuflern erbrachten ärztlichen und pflegerischen Leistungen, insbesondere jener aus dem Ausland?
3. Über welche beruflichen Kompetenzen müssen die Personen verfügen, welche den "assistierten Suizid" praktizieren, da diese Tätigkeit ein bestimmtes Mass an Betreuung erfordert?
4. Haben die Personen, welche im Kanton Graubünden den "assistierten Suizid" praktizieren, Protokolle zu befolgen, welche den Richtlinien der Zentralen Ethikkommission der Schweizerischen Akademie der Medizinischen Wissenschaften entsprechen?
5. Wer kommt für die Spesen (Polizei, Ärzte, Dokumentation) für von ausserhalb kommende Personen (Ausland, andere Kantone) auf?
6. Welche Informationen sollen die Gemeinden hierzu erhalten?
Chur, 7. Dezember 2016
Noi-Togni, Della Vedova, Atanes, Burkhardt, Crameri, Deplazes, Dermont, Joos, Michael (Castasegna), Monigatti, Papa, Zanetti, Derungs, Lombardi, Wellig