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Session: 01.09.2017

Am 22. Dezember 2016 kommunizierte der Kanton, dass der Bergbach Spöl im schweizerischen Nationalpark mit nicht abbaubarem und krebserregendem PCB belastet ist. Das Gift soll durch eine Panne bei der Sanierung der Livigno-Staumauer in den Fluss gelangt sein.

Am 30. August 2017 berichtete das Regionaljournal Graubünden, dass die PCB-Verschmutzung viel massiver als ursprünglich angenommen ausgefallen und die Sanierung des Spöl äusserst aufwendig ist. Zudem scheint der Erfolg dieser Sanierung alles andere als sicher.

Neben umweltrechtlichen stellen sich auch finanzielle Fragen, zumal davon auszugehen ist, dass die Sanierung des gesamten Bachs einige Millionen Franken kosten wird. Aus Sicht der Bevölkerung ist es sehr wichtig, dass die Verschmutzer und nicht die Steuerzahlenden für den entstandenen Schaden aufkommen.

Vor diesem Hintergrund bitten die Unterzeichnenden die Regierung um die Beantwortung folgender Fragen:

1. Wie beurteilt die Regierung den beschriebenen Sachverhalt?

2. Welche Risiken bestehen wegen der massiven PCB-Verschmutzung für die Natur und für die Bevölkerung im Umkreis des Spöl?

3. Mit welchem finanziellen Aufwand ist eine vollständige Sanierung des Spöl verbunden und ist eine solche überhaupt realistisch?

4. Wer trägt die Kosten für diese Sanierung? Besteht die Gefahr, dass am Ende die Steuerzahlenden für den Schaden aufkommen müssen?

Chur, 1. September 2017

Pult, Perl, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Deplazes, Gartmann-Albin, Jaag, Locher Benguerel, Monigatti, Noi-Togni, Peyer, Pfenninger, Thöny

Antwort der Regierung

Polychlorierte Biphenyle (PCB) sind organische Chlorverbindungen, die bis in die 1980er-Jahre breit eingesetzt wurden. Sie sind in Spuren fast überall nachweisbar, werden praktisch nicht abgebaut und reichern sich über die Nahrungskette an. PCB sind durch die Stockholmer Konvention vom 22. Mai 2001 weltweit verboten. In den Sedimenten des Spöl wurden nach einem Schadenfall bei Sandstrahlarbeiten im Rahmen des Retrofit-Programms der Engadiner Kraftwerke (EKW) unterhalb der Staumauer Punt dal Gall hohe Gehalte an PCB festgestellt.

Die gestellten Fragen werden wie folgt beantwortet:

1. Die Werte in den Sedimenten des Spöl liegen um den Faktor 5 bis 20 über den PCB-Richtwerten für Bachsedimente. Die Belastung liegt auch über allen Vergleichswerten, die bis heute in Gewässern nach Schadenfällen mit PCB oder bei Vergleichsuntersuchungen international dokumentiert wurden. In den Fischen im oberen Spöl wurden PCB-Gehalte festgestellt, welche über dem dreifachen Wert der gesetzlichen Bestimmungen für Lebensmittel liegen. Auch die Konzentration der im Wasser gelösten PCB liegt etwa zehnmal höher als im Inn oberhalb der Mündung des Spöl. Bei dieser Ausgangslage ist offensichtlich, dass die PCB-Kontamination soweit wie möglich wieder aus der Umwelt entfernt werden muss.

2. Es sind keine schnellen, akuten Wirkungen zu befürchten. Die Problematik der PCB-Belastungen sind erbgutverändernde, hormonaktive und krebsauslösende Wirkungen, die insbesondere in den Fischen und in der nachgelagerten Nahrungskette auftreten können. Mit dem ausgesprochenen Fischereiverbot ist zumindest für die Bevölkerung auch langfristig kein Risiko zu erwarten.

3. Vor der Bewilligung eines Nachtragskredites wurden durch das Amt für Natur und Umwelt (ANU) mit Genehmigung des Departementes die dringlichen Massnahmen zur Schadensabklärung und teilweisen Schadensbehebung veranlasst. Zur Letzteren gehört auch die Reinigung des Tosbeckens unterhalb der Staumauer, die nötig war, um die sicherheitsrelevanten Funktionstests des Grundablasses im September 2017 durchführen zu können. Die nachtragskreditbefreiten Arbeiten belaufen sich bis Ende September auf 781 239 Franken. Für weitere Abklärungen des Schadens und zur Abklärung, ob und mit welchen Methoden eine Sanierung des Spöl möglich ist, sind zusätzlich die Mittel des Nachtragskredites in der Höhe von weiteren 600 000 Franken vorgesehen. Für die eigentlichen Sanierungsarbeiten des Spöl sind, wenn sie denn überhaupt im Rahmen der Verhältnismässigkeit möglich sind, voraussichtlich mehrere Millionen Franken nötig.

4. Aufgrund der zeitlichen Dringlichkeit hat der Kanton im Sinne einer antizipierten Ersatzvornahme die Kosten für die Schadensabklärung vorfinanziert. Diese Kosten werden aber per Verfügung den Verursachern überbunden werden. Die Kostenverteilung wird sich an der verwaltungs- und strafrechtlichen Verantwortlichkeit orientieren. Das Vorgehen ist darauf ausgelegt, dass in der Winterpause 2017/2018 mit den Mitteln des Nachtragskredites der Entscheid über die Sanierung des Bachbettes getroffen werden kann. Es ist vorgesehen, die Sanierungsmassnahmen im Spöl nicht durch den Kanton vorzufinanzieren, sondern mittels Sanierungsverfügung die Verursacher bzw. Kraftwerkbetreiberin dazu zu verpflichten. Die durchgeführten Beprobungen zeigen, dass der Spöl eine wesentliche Vorbelastung mit PCB aufweist, für deren allfällige Beseitigung die Kraftwerksbetreiberin verantwortlich sein wird. Inwiefern diese Vorbelastung als Altlast zu qualifizieren ist, und folglich ein Sanierungsverfahren nach Altlastenrecht zur Anwendung kommen würde, ist Bestandteil gegenwärtiger Abklärungen. Nur bei einer allfälligen Zahlungsunfähigkeit eines Verursachers könnte die Gefahr bestehen, dass ein Teil der ca. 1.3 Millionen Franken, welche durch den Kanton vorfinanziert wurden, durch das Gemeinwesen zu tragen sind. Eine Übertragung dieser Ausfallkosten auf zahlungsfähige Verursacher ist denkbar, in der neueren Rechtslehre aber umstritten.

19. Oktober 2017