Voraussichtlich im März 2018 wird über die sogenannte „No Billag“-Initiative abgestimmt. Diese bezweckt mehrere Änderungen in Artikel 93 der Bundesverfassung, welcher die Grundlage für das öffentliche Radio- und Fernsehangebot in der Schweiz bildet.
Die Initiative will, dass auf Bundesebene keine Radio- und Fernsehempfangsgebühren mehr erhoben werden dürfen. Stattdessen soll der Bund Radio- und Fernsehkonzessionen versteigern. Insbesondere wird Abs. 2 von Art. 93 BV gestrichen, welcher bisher lautet: „Radio und Fernsehen tragen zur Bildung und kulturellen Entfaltung, zur freien Meinungsbildung und zur Unterhaltung bei. Sie berücksichtigen die Besonderheiten des Landes und die Bedürfnisse der Kantone. Sie stellen die Ereignisse sachgerecht dar und bringen die Vielfalt der Ansichten angemessen zum Ausdruck.“
Die Unterzeichnenden sind der Auffassung, dass diese Initiative für Graubünden in verschiedener Hinsicht einschneidend ist. Nicht nur für die romanische und italienische Sprachminderheit wäre eine Aufrechterhaltung des heutigen Radio- und Fernsehangebots unmöglich. Betroffen von der Initiative wären natürlich auch die auch in Graubünden stark genutzten Radio- und TV-Sender von SRF sowie auch Radio Südostschweiz und TV Südostschweiz. RSO und TSO erhalten jährlich rund 6,7 Mio. Franken aus den Gebühreneinnahmen. Bei Radio Südostschweiz werden knapp die Hälfte, bei TV Südostschweiz fast 70 Prozent der Kosten durch die Gebühreneinnahmen gedeckt. Radiotelevisiun Svizra Rumantscha erhält jährlich rund 25 Millionen Franken.
Für die heute oft als Selbstverständlichkeit angesehenen Qualitätsstandards, die publizistische Unabhängigkeit und die Meinungs- und Kulturvielfalt hätte die Annahme der Initiative verheerende negative Auswirkungen. Durch das Verbot der Gebührenerhebung und die Versteigerung von Konzessionen droht eine völlige Verkommerzialisierung des Radio- und Fernsehangebotes, zumal es in der kleinen Schweiz – mit ihren vier noch kleineren Teilmärkten – nicht möglich ist, ein elektronisches Medienhaus kostendeckend zu betreiben. So stellte auch der Bundesrat in seinem 2016 publizierten Bericht zum Service public fest, dass sich nur gerade 21,4 Prozent der SRG-Angebote auf dem Markt refinanzieren liessen. Selbst die hochgradig erfolgreichen Sport- und Unterhaltungsformate sind nicht annähernd kostendeckend produzierbar. Die Medienlandschaft in Graubünden mit dem dreisprachigen Angebot der öffentlichen SRG, aber auch den privaten Anbietern, die ebenfalls stark gebührenfinanziert sind, würde total umgepflügt. Im elektronischen Bereich entstünde ein Brachland. Zudem brächte die Initiative für die Konsumentinnen und Konsumenten unter dem Strich keine Einsparung, sondern eine Verteuerung, da sie sich das Radio- und Fernsehangebot bei rein kommerziellen und demokratisch nicht abgestützten privaten Anbietern einkaufen müssten. Ein Beispiel: Wer alleine die Spiele der deutschen Bundesliga im Pay-TV schauen will, zahlt mehr, als die gesamte Radio-TV-Gebühr in der Schweiz pro Anschluss kostet.
Die Unterzeichnenden sind der festen Überzeugung, dass es unmöglich wäre, auf privater Basis und mittels Konzessionsversteigerungen auch nur ein annähernd adäquates Angebot in den drei Kantonssprachen aufrecht zu erhalten. Graubünden wäre in diesem Bereich des Service public der grösste Verliererkanton.
Die Unterzeichnenden stellen deshalb der Regierung folgende Fragen:
1. Wie beurteilt die Regierung die Einschätzung der Unterzeichnenden bezüglich der schädlichen Auswirkungen der Initiative für Graubünden?
2. Was unternimmt die Regierung, um die Bündner Bevölkerung vor der kommenden Abstimmung für die Thematik zu sensibilisieren?
Chur, 17. Oktober 2017
Peyer, Darms-Landolt, Pfäffli, Albertin, Atanes, Baselgia-Brunner, Bondolfi, Bucher-Brini, Buchli-Mannhart, Burkhardt, Caduff, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casty, Cavegn, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Clalüna, Della Vedova, Deplazes, Dermont, Dosch, Epp, Fasani, Foffa, Hardegger, Hartmann, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Jeker, Kollegger, Kunfermann, Lamprecht, Lorez-Meuli, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Monigatti, Niederer, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pedrini, Perl, Pfenninger, Pult, Salis, Schneider, Steck-Rauch, Stiffler (Davos Platz), Tenchio, Thomann-Frank, Thöny, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, von Ballmoos, Weidmann, Widmer-Spreiter, Zanetti, Berther (Segnas), Bonderer, Cajacob, Candrian, Degiacomi, Föhn, Padrun-Valentin, Pfister, Ruckstuhl