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Session: 06.12.2017

Familienergänzende Kinderbetreuungsangebote unterstehen heute einer grossen Fülle gesetzlicher Vorgaben, insbesondere bezüglich Qualität der Kinderbetreuung (vorab Ausbildungsanforderungen an das eingesetzte Personal), um vom Kanton anerkannt zu werden, entsprechende Beiträge zu erhalten und um überhaupt mittels Bewilligung betrieben werden zu können.

Besonders im Raume Chur, aber auch im übrigen Kanton Graubünden, bieten derzeit eine Vielzahl von Personen/Institutionen am Morgen und am Nachmittag (mitunter inkl. Mittagstisch) Betreuungsdienstleistungen für Vorschulkinder zu fixen Preisen unter dem Titel «Spielgruppe» an, ohne dass diese von Seiten des Kantons Anforderungen an die Qualität der Kinderbetreuung einhalten müssten oder aber einer kantonalen Aufsicht unterstünden. Auch wird von diesen Anbietern nicht verlangt, dass sie diese Angebote melden oder aber hierfür eine Bewilligung einholen müssten. Die «Spielgruppen» werden nicht nur – wie vermehrt früher – für wenige Stunden in Anspruch genommen, sondern erlauben es mitunter auch, dass die Eltern einer Erwerbstätigkeit nachgehen können. Hinzu kommt, dass nach Art. 14 Abs. 1 des kant. Pflegekindergesetzes unter anderem auch die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen bewilligungspflichtig ist, wenn tagsüber vier und mehr Plätze zur Erziehung oder Betreuung von Minderjährigen angeboten werden.

Der blosse Umstand, dass mitunter kein Mittagstisch angeboten wird, kann nicht ausschlaggebendes Kriterium für die Nicht-Unterstellung sein, zumal die Kinder morgens und nachmittags mitunter durchgehend betreut werden, mithin dieser Umstand zum Wohle der Kinder erheischt, dass die im Gegensatz zu früher erweiterten Angebote Minimalanforderungen an die Qualität der Kinderbetreuung entsprechen sollten.

Die Unterzeichnenden stellen folgende Fragen in Bezug auf die genannten «Spielgruppen»:

a) Trifft es zu, dass die heutigen «Spielgruppen»-Angebote weder melde- noch bewilligungspflichtig sind und keiner kantonalen Aufsicht unterstehen?
Falls ja, weshalb?

b) Ist die Regierung bereit, dafür zu sorgen, dass in Zukunft für «Spielgruppen» mit einem erweiterten Betreuungsangebot eine Bewilligungspflicht statuiert wird, auf dass gewisse Qualitätsanforderungen und Aufsichtsbestimmungen auch für diese gelten?
Wenn ja, wie und bis wann?

Chur, 6. Dezember 2017

Tenchio, Waidacher, Locher Benguerel, Atanes, Bondolfi, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp, Caluori, Casty, Caviezel (Chur), Della Vedova, Engler (Davos Dorf), Epp, Fasani, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Jaag, Kunfermann, Märchy-Caduff, Monigatti, Noi-Togni, Papa, Perl, Peyer, Pult, Steiger, Stiffler (Chur), Tomaschett-Berther (Trun), Troncana-Sauer, Widmer-Spreiter, Berther (Segnas), Pfister

Antwort der Regierung

Kinder und Jugendliche benötigen besonderen Schutz sowie Förderung in ihrer Entwicklung zu selbständigen und sozial verantwortlichen Menschen. Die Angebote für Familien, Kinder und Jugendliche verfolgen das Ziel, den Schutz, das Wohlergehen und die soziale Integration von Kindern und Jugendlichen zu gewährleisten. Sie unterstützen Familien, Kinder und Jugendliche, unabhängig von Geschlecht, sozialer Herkunft, Zugehörigkeit oder Behinderung. In einer Kindertagesstätte bzw. Kinderkrippe als familienergänzendes Kinderbetreuungsangebot werden Kinder im Vorschul- und Schulalter regelmässig betreut. Die Angebote fördern die soziale und sprachliche Integration sowie die Entwicklung der Kinder in der Gruppe. Die Betreuungseinheiten können sich über halbe oder ganze Tage erstrecken. Die Betreuung unterstützt die Vereinbarkeit von Familie und Beruf. In einer Spielgruppe erhalten Kinder zwischen drei Jahren und dem Kindergarteneintritt die Möglichkeit zum angeleiteten Spielen, meist während weniger Stunden pro Woche. Die sozialen Fähigkeiten der Kinder werden gefördert und sie lernen, sich in einer Gruppe zurechtzufinden. Die Spielgruppe hat nicht primär die familienergänzende Kinderbetreuung zum Ziel.

Die Verordnung über die Aufnahme von Pflegekindern (PAVO; SR 211.222.338) legt in Art. 13 Abs. 1 lit. b fest, dass der Betrieb von Einrichtungen eine Bewilligung benötigt, wenn mehrere Kinder unter zwölf Jahren regelmässig tagsüber zur Betreuung aufgenommen werden (Kinderkrippen, Kinderhorte u. dgl.). Im Pflegekindergesetz (BR 219.050) hat der Kanton Graubünden in Art. 14 Abs. 1 lit. b die Kriterien zur Bewilligungspflicht präzisiert. Die Aufnahme von Kindern und Jugendlichen ist bewilligungspflichtig, wenn tags- oder nachtsüber gleichzeitig vier oder mehr vorschul- oder schulpflichtige Kinder betreut werden. Nach Art. 14 Abs. 2 Pflegekindergesetz sind Kinderhütedienste in Ferien- und Freizeiteinrichtungen, Kaufhäusern und Einkaufszentren von der Bewilligungspflicht ausgenommen.

Die Angebote zur regelmässigen Betreuung von Kindern während des Tages sind heute sehr vielfältig. Sie umfassen neben der Betreuung durch Tageseltern auch Kindertagesstätten, Kinderkrippen, Horte, Mittagstische, Spielgruppen und Kinderhütedienste. Im Gesetz wurde nicht festgehalten, welche Angebotsformen der Heimpflege zu unterstellen sind. Für die Frage, ob ein Angebot unter die Bewilligungspflicht der Heimpflege fällt, ist das Angebot an sich, die Anzahl der fremden Kinder, die gleichzeitig betreut werden, die Dauer des Betreuungsangebots (Stunden pro Woche) sowie die Regelmässigkeit der Betreuung entscheidend. Die Bezeichnung des Angebots ist dabei nicht massgebend.

Angebote wie Spielgruppen sind niederschwellige Angebote und werden oft in Selbstorganisation aufgebaut und geführt. Diese Angebote sind in der Regel weniger auf die eigentliche Kinderbetreuung, sondern mehr auf eine vorschulische Sozialisierung der Kinder ausgerichtet. Das Angebot ist meist auf wenige Stunden pro Woche begrenzt. Gemäss langjähriger Praxis, die auch in den meisten Kantonen so gehandhabt wird, fallen diese Angebote nicht unter Art. 13 Abs. 1 lit. b PAVO bzw. Art. 14 Pflegekindergesetz und sind damit nicht bewilligungspflichtig. Dies gilt aber nicht, wenn eine Spielgruppe dasselbe Angebot bereithält wie eine Kindertagesstätte oder -krippe; diesfalls wäre das Angebot als solches zu qualifizieren.

Zu Frage a: Spielgruppen beinhalten in der Regel nicht dasselbe Angebot wie Kindertagesstätten und können grundsätzlich nicht wie familienergänzende Kinderbetreuungsangebote betrachtet werden. Zudem werden bei Spielgruppen die Angebote während einer klar begrenzten Zeit, meist stundenweise, beansprucht und bereitgehalten. Sie sind deshalb nicht der Bewilligungspflicht gemäss PAVO bzw. Pflegekindergesetz unterstellt. Ist das Angebot der Spielgruppe allerdings weitergehend und mit einer Kindertagesstätte vergleichbar, besteht unabhängig von der Bezeichnung die Bewilligungspflicht.

Zu Frage b: Die Regierung ist bereit, in Übereinstimmung mit der PAVO und dem Pflegekindergesetz die Kriterien für die Bewilligungspflicht in den kommenden zwei Jahren zu überprüfen.

14. März 2018