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Session: 18.04.2018

Seit mehr als 36 Jahren ist die Lohngleichheit von Frau und Mann in der Bundesverfassung festgeschrieben. Trotz all der Jahre, die seither vergangen sind, wartet die Bestimmung weiterhin auf ihre Umsetzung, betrug doch der unerklärbare Teil des Lohngefälles zwischen Männern und Frauen 2017 immer noch 7,4 %. Diese Situation ist inakzeptabel. Auch eine Petition des 3. Bündner Mädchenparlaments beinhaltet das Thema Lohngleichheit.

Angesichts dessen muss der öffentliche Sektor, ob auf Bundes- oder auf kantonaler und kommunaler Ebene, mit gutem Beispiel vorangehen. In diesem Sinn hat der Bund eine Charta für die öffentliche Hand ausgearbeitet. Am 6. Juni 2016 hat der Kanton Graubünden diesen Appell mitunterzeichnet, worüber wir uns freuen. Damit wird ein starkes Zeichen gesetzt, was die Umsetzung des Gleichstellungsgesetzes im öffentlichen Sektor und bei den der öffentlichen Hand nahestehenden Körperschaften anbelangt. Gleichzeitig kann so der Privatsektor ermutigt werden, nachzuziehen.

Mit der Unterzeichnung dieser Charta hat sich unser Kanton verpflichtet, seine Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Lohnfestsetzung und Funktionsbewertung befasst sind, für die Belange des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) zu sensibilisieren; in der öffentlichen Verwaltung die Einhaltung der Lohngleichheit regelmässig zu überprüfen; die der öffentlichen Hand nahestehenden Körperschaften zu ermutigen, es ihm gleichzutun; der Lohngleichheit auch im Rahmen des öffentlichen Beschaffungs- und/oder Subventionswesens Nachachtung zu verschaffen und über die konkreten Ergebnisse dieses Engagements Bericht zu erstatten. Infolgedessen wird die Regierung gebeten, folgende Fragen zu beantworten:

1. Wie gedenkt die Regierung, die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die mit Lohnfestsetzung und Funktionsbewertung befasst sind, für die Belange des Bundesgesetzes über die Gleichstellung von Frau und Mann (GlG) zu sensibilisieren?

2. Wie gedenkt die Regierung, die Überprüfung der Einhaltung der Lohngleichheit zu realisieren? Wurde eine solche Analyse schon vorgenommen? Wenn ja, mit welchen Resultaten? Wenn nein, bis wann gedenkt die Regierung dies vorzunehmen?

3. Was gedenkt die Regierung zu tun, um eine regelmässige Überprüfung der Einhaltung der Lohngleichheit in den der öffentlichen Hand nahestehenden Körperschaften anzuregen?

4. Wie gedenkt die Regierung, der Lohngleichheit im Rahmen des öffentlichen Beschaffungs- und/oder Subventionswesens Nachachtung zu verschaffen?

Chur, 16. April 2018

Locher Benguerel, Atanes, Baselgia-Brunner, Bucher-Brini, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Caviezel (Chur), Deplazes, Monigatti, Noi-Togni, Perl, Peyer, Pult, Thöny, Degiacomi

Antwort der Regierung

Mit Hinweis auf die Bundesverfassung und auf das Bundesgesetz über die Gleichstellung von Frau und Mann wird die Regierung aufgefordert, zu mehreren Fragen Stellung zu nehmen:

Zu Frage 1: Für die Festsetzung der Löhne sowie für die Einreihung der Funktionen in Funktionsklassen sind die Anstellungsinstanzen im Einvernehmen mit dem Personalamt zuständig. In den allermeisten Fällen bespricht das Personalamt diese Fragestellungen direkt mit den Leiterinnen bzw. Leitern der Dienststellen. Sowohl die Amtsleiterinnen und Amtsleiter, wie auch die involvierten Mitarbeitenden des Personalamtes sind für gleichstellungspolitische Forderungen sensibilisiert und halten sich auf dem Laufenden, z.B. durch die Teilnahme am 3. Nationalen Treffen zum Thema "Lohngleichheit im öffentlichen Sektor" vom Oktober 2017 in Bern.

Zu Frage 2: Als das Personalamt im Jahre 2010 - in Zusammenarbeit mit der externen Firma confer! AG - eine neue, Arbeitsplatzbewertung eingeführt hat, wurden insbesondere auch Erkenntnisse aus der Gleichstellung berücksichtigt. So beruht die heutige, analytische Bewertung auf einem Katalog von über 50 geschlechtsneutralen Kriterien.

Zu den Vorbereitungsaufgaben der Überarbeitung der Funktionsbewertungen wurde auch ein Diskriminierungscheck der Saläre von Frauen und Männern durchgeführt. Aus dem Bericht der damit beauftragten Firma confer! AG ging hervor, dass keine systematische Lohndiskriminierung zu erkennen war.

Dieses Ergebnis überraschte nicht, da die Stellen der kantonalen Verwaltung schon vor der Überarbeitung mit einem geschlechtsneutralen, analytischen Arbeitsplatzbewertungssystem des Betriebswissenschaftlichen Instituts der ETH Zürich (BWI) bzw. der Nachfolgeorganisation GFO Zürich bewertet wurden.

Zu Frage 3: Bei der Überarbeitung der analytischen Funktionsbewertung wurden die kantonalen Gerichte und die selbständigen kantonalen Anstalten auch einbezogen.

Zu Frage 4: Das öffentliche Beschaffungswesen bezweckt einen wirtschaftlichen und diskriminierungsfreien Wettbewerb unter den Anbietern. Die Einhaltung des Grundsatzes der Nichtdiskriminierung, wozu auch die Lohngleichheit zählt, sowie Arbeitsbedingungen und -schutzbestimmungen lassen sich die Vergabestellen wie in den anderen Kantonen jeweils mittels Selbstdeklaration bestätigen. Liegen Verdachtsmomente bei einem Anbieter vor, holen die Vergabestellen weitere Erkundigungen bei den entsprechenden Instanzen, wie Paritätische Berufskommissionen oder Vorsorgeeinrichtungen, ein. Bei Falschangaben drohen einem Anbieter der Verfahrensausschluss oder eine befristete Sperre.

Aus Aufwandgründen sowie aufgrund des fehlenden Know-How ist es weder möglich noch zielführend, im Rahmen des konkreten Beschaffungsprozesses regelmässig vertiefte Abklärungen im Bereich der Lohngleichheit vorzunehmen. Die heute bestehenden Standard-Analysemethoden sind für beide Seiten sehr aufwendig, lassen keinen direkten Nachweis von Lohndiskriminierung zu und sind auf kleine Betriebe nicht anwendbar, was mit dem Gebot der Gleichbehandlung nicht zu vereinbaren wäre.

Die Kontrolle der Lohngleichheit kann deshalb nicht im Rahmen eines konkreten Beschaffungs- oder Subventionsverfahrens erfolgen. Als gesamtschweizerisches und gesamtwirtschaftliches Problem ist sie ausserhalb des Beschaffungsverfahrens mit übergeordneten politischen Massnahmen zu lösen. Die Regierung verfolgt gemeinsam mit anderen Kantonen die diesbezüglichen aktuellen Entwicklungen auf Bundesebene aufmerksam.

In Anbetracht, dass ein Diskriminierungscheck schon durchgeführt wurde und das aktuelle Bewertungssystem Gewähr für die Nichtdiskriminierung der Geschlechter bietet, ist es weder notwendig noch verhältnismässig, umfangreiche Ressourcen in den Aufbau weiterer Analyse-Tools zu investieren.

13. Juni 2018