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Session: 12.06.2019

Der Schweizerische Nationalpark (SNP) leistet heute weit mehr, als es der gesetzliche Auftrag verlangt. Die Wertschöpfung, die der SNP im Kanton und insbesondere in der Region Engadin/Val Müstair generiert, wurde 2013 von der Universität Zürich auf ca. 20 Mio. Franken beziffert. Jährlich besuchen rund 150'000 Personen das Schutzgebiet. Die Ausstellungen im ganzjährig geöffneten Besucherzentrum in Zernez wurden in den vergangenen Jahren von insgesamt 300'000 Gästen besucht. Die Medienpräsenz verschafft dem ganzen Kanton eine grosse Aufmerksamkeit in breiten Bevölkerungskreisen im In- und Ausland. Damit leistet der SNP einen wesentlichen Beitrag im Marketing der touristischen Destinationen. Zusammenfassend kann festgehalten werden, dass der SNP eine systemrelevante Institution der kantonalen Wirtschaft darstellt.

Als einziger Nationalpark der Schweiz dürfte seine Ausstrahlung die der regionalen Naturpärke im Kanton noch übertreffen. Letztere werden vom Kanton mit beträchtlichen finanziellen Mitteln unterstützt.

Für das in den Volksabstimmungen gescheiterte Nationalparkprojekt Adula waren Betriebsmittel von jährlich über 5.2 Mio. Franken vorgesehen. Die Kantone Graubünden und Tessin hätten sich mit je 10% und damit rund 500'000 Franken an den Betriebskosten beteiligt.

Die Jahresergebnisse des SNP sind in den letzten Jahren negativ ausgefallen. Besonders ins Gewicht fallen die notwendigen Investitionen bzw. deren Abschreibungen für die Besucherbetreuung (Nationalparkzentrum, Wegunterhalt, Besucherinformation) sowie die gestiegenen Anforderungen im Bereich der Kommunikation (digitale Medien, Social Media). Aufgaben, welche das Gesetz im Grundsatz nicht vorschreibt. Falls nicht ergänzende Finanzierungsmöglichkeiten erschlossen werden können, ist der SNP in naher Zukunft gezwungen, in den oben genannten Bereichen Sparmassnahmen umzusetzen, d.h. sich auf die gesetzlich vorgegebenen Grundaufgaben zu beschränken. Dies hätte einen markanten Leistungsabbau, insbesondere bei der Infrastrukturqualität und der Angebotspalette für die Gäste zur Folge.

Angesichts der oben dargelegten Situation und der unbestrittenen wirtschaftlichen Relevanz des SNP für den gesamten Kanton wäre eine angemessene, langfristige finanzielle Beteiligung des Kantons an die Kosten für Aufgaben des SNP nach Meinung der Unterzeichnenden gerechtfertigt und von grossem gesellschaftlichem Wert.

In diesem Zusammenhang stellen die Unterzeichnenden der Regierung folgende Fragen:

1.     Teilt die Regierung die Ansicht, dass der Schweizerische Nationalpark eine systemrelevante Institution für die kantonale Wirtschaft darstellt?

2.     Ist die Regierung bereit, den Betrieb des Schweizerischen Nationalparks im gleichen Ausmass zu unterstützen, wie dies bei anderen Parkprojekten vorgesehen gewesen wäre?

3.     Sieht die Regierung eine Möglichkeit, aufgrund der oben aufgeführten Leistungen des Schweizerischen Nationalparks zugunsten des Kantons, im Rahmen eines generellen Leistungsauftrags einen jährlichen Beitrag an die Betriebskosten des Schweizerischen Nationalparks zu leisten?

4.     Sieht die Regierung eine Möglichkeit, dem Schweizerischen Nationalpark für Investitionen zugunsten der Gäste – z.B. für den Unterhalt der markierten Wege oder für Besuchereinrichtungen – à fonds perdu-Beiträge zu gewähren?

5.     Sieht die Regierung eine Möglichkeit, den Schweizerischen Nationalpark für den Betrieb seines Besucher- und Bildungszentrums in Zernez im Rahmen eines Leistungsauftrags zu unterstützen?

Pontresina, 12. Juni 2019

Müller (Susch), Pfäffli, Preisig, Aebli, Atanes, Berther, Berweger, Bettinaglio, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Casty, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Censi, Clalüna, Danuser, Della Cà, Derungs, Ellemunter, Engler, Felix, Gasser, Geisseler, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hitz-Rusch, Hofmann, Hohl, Horrer, Jochum, Kienz, Kunfermann, Lamprecht, Locher Benguerel, Maissen, Michael (Donat), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Rutishauser, Salis, Schwärzel, Tanner, Thomann-Frank, Thöny, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), von Ballmoos, Weidmann, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Zanetti (Sent), Pajic

Antwort der Regierung

Der Schweizerische Nationalpark (SNP) verfügt mit dem Bundesgesetz über den Schweizerischen Nationalpark im Kanton Graubünden vom 19. Dezember 1980 (Nationalparkgesetz, NPG; SR 454) über eine eigene Rechtsgrundlage. Gemäss Art. 2 NPG ist die öffentlich-rechtliche Stiftung "Schweizerischer Nationalpark" Trägerin des SNP. Art. 3 NPG regelt die Finanzierung des SNP. Eine Mitfinanzierung durch den Kanton ist nicht vorgesehen. Mit Beschluss vom 6. Oktober 2006 (in Kraft seit 1. Dezember 2007) hat der Bund in einer Teilrevision des Bundesgesetzes über den Natur- und Heimatschutz vom 1. Juli 1966 (NHG; SR 451) die rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung und den Betrieb von Pärken von nationaler Bedeutung geschaffen. Auf eine Harmonisierung der Rechtsstellung des SNP mit dem revidierten NHG wurde verzichtet.

Die Finanzierungsmöglichkeiten von Pärken von nationaler Bedeutung sowie gleichgestellten Institutionen (UNESCO-Welterbestätten) sind in Art. 38 des Gesetzes über den Natur- und Heimatschutz im Kanton Graubünden vom 19. Oktober 2010 (Kantonales Natur- und Heimatschutzgesetz, KNHG; BR 496.000) und Art. 23 der Kantonalen Natur- und Heimatschutzverordnung vom 18. April 2011 (KNHV; BR 496.100) geregelt. Der SNP fällt nicht unter die Bestimmungen über Pärke von nationaler Bedeutung im NHG, für ihn gilt das NPG. Der SNP hätte jedoch gestützt auf Art. 23m Abs. 2 NHG die Möglichkeit, das Parklabel nach Art. 23j NHG zu erlangen. Weiter steht es dem SNP frei, projektbezogene Beitragsgesuche zu stellen. Fördermöglichkeiten bestehen fallweise im Rahmen der Umsetzung der Neuen Regionalpolitik (NRP) resp. des Gesetzes über die Förderung der wirtschaftlichen Entwicklung in Graubünden vom 27. August 2015 (Wirtschaftsentwicklungsgesetz, GWE; BR 932.100) oder für Massnahmen des Natur- und Landschaftsschutzes (Art. 37 KNHG), eventuell des Heimatschutzes (Art. 39 KNHG) sowie für Forschung und Öffentlichkeitsarbeit in diesen Bereichen (Art. 40 KNHG). Eine weitere Option zur Finanzierung von Leistungen besteht darin, dass der SNP als Mitträger des UNESCO-Biosphärenreservats Engiadina Val Müstair Leistungen unter diesem Dach erbringt. Der Kanton Graubünden unterstützt das UNESCO-Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair gestützt auf Art. 38 KNHG derzeit mit 150 000 Franken pro Jahr. Wenn die Trägerschaft dem Kanton einen neuen Managementplan mit einer entsprechenden Projektliste für die Kernzone (identisch mit dem SNP) einreichen würde, woraus Leistungen und Kosten ersichtlich sind, könnten Beitragsleistungen an den Betrieb des SNP via UNESCO-Biosphärenreservat Engiadina Val Müstair geprüft werden. Sofern die Pärkefinanzierung für eine finanzielle Unterstützung des SNP zum Zuge kommen soll (direkt über das Parklabel oder indirekt über das UNESCO-Biosphärenreservat) muss eine zweite Anforderung an die Finanzierung eines Parks beachtet werden. Gemäss Art. 38 Abs. 2 KNHG gewährt der Kanton Beiträge an Pärke nur, wenn sich die Gemeinden, allfällige Dritte sowie der Bund finanziell angemessen an den Kosten beteiligen. Vor diesem Hintergrund wird die Anfrage wie folgt beantwortet:

Zu Frage 1: Es steht ausser Frage, dass der Schweizerische Nationalpark eine Leuchtturmfunktion weit über die Kantonsgrenzen hinaus innehat und für den Tourismus im Kanton wie auch für die Regionalwirtschaft von besonderer Bedeutung ist.

Zu Frage 2: Es ist keine Frage des Willens der Regierung, den SNP analog den anderen Pärken im Kanton zu unterstützen, sondern der rechtlichen Voraussetzungen, die vom SNP erfüllt werden müssten, damit eine Gleichbehandlung mit den anderen Bündner Pärken möglich würde.

Zu Frage 3: Betriebsbeiträge wären unter den genannten Voraussetzungen gestützt auf Art. 38 KNHG im Rahmen einer Leistungsvereinbarung möglich.

Zu Frage 4: Dem SNP steht für Einzelprojekte der ganze Fächer an Massnahmen offen, die über das KNHG unterstützt werden können. Projektbezogene Beiträge an Investitionen oder an touristische Entwicklungsvorhaben sind in Form von NRP-Darlehen oder à fonds perdu-Beiträgen gestützt auf das GWE möglich.

Zu Frage 5: Beiträge für den Betrieb des Besucher- und Bildungszentrums in Zernez wären unter den genannten Voraussetzungen gestützt auf Art. 38 KNHG im Rahmen einer Leistungsvereinbarung möglich.

14. August 2019