Navigation

Inhaltsbereich

Session: 14.06.2019

2017 reichte der Schweizerische Berufsverband der Pflegefachpersonen SBK die nationale Pflegeinitiative ein. Er verlangt mit dieser die Sicherstellung einer ausreichenden Zahl an Pflegefachpersonen, besonders im tertiären Bereich (Pflegefachfrau, Pflegefachmann HF/FH). Aktuell werden in diesem Bereich nur 43% des künftigen Bedarfs ausgebildet.

Die Gesundheitskommission des Nationalrats hat inzwischen einen indirekten Gegenvorschlag zur Initiative erarbeitet, der sich seit dem 20. Mai und noch bis zum 14. August in der Vernehmlassung befindet. In diesem Gegenvorschlag wird die Dringlichkeit der Initiative erkannt und unterstützt. Bund und Kantone sollen für eine ausreichende Anzahl Ausbildungsplätze besorgt sein.

Unter anderem in seinem aktuellen Jahresbericht äussert das Bildungszentrum für Gesundheit und Soziales (BGS) grosse Schwierigkeiten, genügend Praktikumsplätze für die Pflegestudierenden zu finden. Für diese entsteht möglicherweise die Situation, mitten in der Ausbildung nicht mehr zu wissen, ob, wann und wo sie diese fortsetzen können. Die meisten Institutionen halten die vom Gesundheitsamt in den Leistungsaufträgen vorgegebenen Zahlen nicht wirklich ein.

Verschärft werden wird die Lage einerseits durch die Bevorzugung der Akutspitäler als Ausbildungsort durch die Studierenden, in Zukunft wohl zudem durch den Ersatz von stationären durch ambulante Angebote in den Spitälern. Auf diesen Stationen verbleiben die Patientinnen und Patienten nur während kurzer Zeit, weshalb dort eine Ausbildung von Pflegefachpersonen kaum mehr möglich sein wird.

Eine Folge der Entwicklung «ambulant vor stationär» wird eine Verlagerung von Leistungen im Spital hin zu einer Übergangspflege in Pflegeheimen und durch die Spitex sein. Deshalb werden dort mehr und vor allem besser qualifizierte Pflegefachpersonen sowie entsprechende Ausbildungsplätze benötigt werden.

Bis anhin werden lediglich den Spitälern die Praktikumsstellenzahlen vorgeschrieben, nicht aber den Bereichen Langzeit, Spitex und Rehabilitation.

Die Unterzeichnenden stellen dazu folgende Fragen:

1.     Wie begleitet die Regierung die aktuellen Veränderungen und Herausforderungen bezüglich Pflegebedarf?

2.     Beabsichtigt die Regierung, künftig auch die Institutionen des Langzeit-, Spitex- und Rehabilitationsbereichs dazu zu verpflichten, Praktikumsplätze für Pflegestudierende zur Verfügung zu stellen?

3.     Wie stellt die Regierung sicher, dass die Qualität der praktischen Ausbildung weiterhin in allen Institutionen der Gesundheitsversorgung den eidgenössischen Vorgaben für die Ausbildung zur Pflegefachperson HF entspricht?

4.     Welche Unterstützung kann der Kanton gerade den kleineren Institutionen zur Erfüllung eines Ausbildungsauftrags bieten?

Pontresina, 14. Juni 2019

Rutishauser, Widmer-Spreiter (Chur), Tomaschett-Berther (Trun), Atanes, Baselgia-Brunner, Bigliel, Brandenburger, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Clalüna, Crameri, Danuser, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Ellemunter, Favre Accola, Gasser, Grass, Hofmann, Horrer, Kasper, Lamprecht, Locher Benguerel, Märchy-Caduff, Müller (Felsberg), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Paterlini, Perl, Preisig, Rettich, Rüegg, Sax, Schwärzel, Thöny, Wilhelm, Pajic

Antwort der Regierung

Zunächst ist festzuhalten, dass nicht nur die Spitäler, sondern gestützt auf Art. 19 Abs. 1 lit. b und Art. 22 Abs. 1 lit. b der Verordnung zum Gesundheitsgesetz (VOz-GesG, BR 500.010) auch die Alters- und Pflegeheime (APH) sowie die Spitex-Dienste gesetzlich verpflichtet sind, Praktikumsstellen bereitzustellen. Dies entspricht den eidgenössischen Lehrplanvorgaben, welche eine breitgefächerte, generalistische Ausbildung in der HF Pflege fordern. In den vergangenen Jahren konnten die von den Leistungserbringern bereitgestellten Praktikumsstellen meistens nicht (APH, Spitex) oder nur unvollständig (Spitäler) besetzt werden. 

Zu Frage 1: Der Mangel an Pflegepersonal hat verschiedene Gründe. Insbesondere der markante Geburtenrückgang, die kurze Berufsverweildauer des ausgebildeten Pflegepersonals, die Arbeitsbedingungen sowie das Image des Pflegeberufs tragen dazu bei. Hier sind nicht zuletzt die Leistungserbringer gefordert, Gegenmassnahmen zu treffen. Die Regierung unterstützt die Bestrebungen des Bundes, das eigenverantwortliche und kompetenzgemässe Handeln der Pflegenden zu stärken, und erhofft sich dadurch eine Attraktivitätssteigerung für die Pflegeberufe. Aufgrund der Präferenzen der Studierenden, welche Spitalpraktika bevorzugen, konnten die in der ambulanten und stationären Pflege angebotenen Praktikumsplätze in den letzten Jahren nicht besetzt werden. Die Planung und Organisation der Praktikumsplätze werden aktuell durch das Bildungszentrum Gesundheit und Soziales (BGS) wahrgenommen. Dies hat dazu geführt, dass die Praktikumsplätze heute vor allem im Sinne der Schule organisiert werden, während die Ausbildungsbetriebe weitgehend aus der Verantwortung genommen werden. Wenn die Praktikumsplätze von den Betrieben bereitgestellt, aber durch das BGS nicht besetzt werden, ist es für den Kanton nicht möglich, die Beiträge zu kürzen. Die seit wenigen Jahren mögliche Direktanstellung der HF-Studierenden durch die Betriebe hat die Situation nicht entschärft, weil sich damit eine Konkurrenzsituation zwischen Schule und Betrieb ergeben hat. Die insgesamt unbefriedigende Situation veranlasst die Regierung, das heutige System der Ausbildung Pflege HF zu überprüfen und falls notwendig, anzupassen. Zu überprüfen ist insbesondere, ob die Betriebe mehr in die Pflicht genommen werden könnten, indem diese verpflichtet werden, die Studierenden selber zu rekrutieren und anzustellen. Das System der Betriebsanstellung hat sich in zahlreichen anderen Kantonen bewährt (BL, BS, LU, NW, OW, SG, SO, SZ, UR, ZG). Zu prüfen sind zudem Flexibilisierungen sowie die Einführung von zwei Studienstarts pro Jahr.

Zu Frage 2: Die Regierung verpflichtet bereits seit einigen Jahren die Alters- und Pflegeheime sowie die Spitexdienste, genügend Praktikumsplätze bereitzustellen (vgl. Einleitung). 

Zu Frage 3: Die Ausbildungsqualität im Bereich der Höheren Fachschulen wird durch die Mindestvorschriften des Bundes (MiVo-HF) und den eidgenössischen Rahmenlehrplan (RLP) HF sichergestellt. Diesen Vorschriften entsprechend ist das BGS seit Jahren zertifiziert und sein Lehrgang HF Pflege vom Bund anerkannt. Die Ausbildungsbetriebe müssen sich periodisch externen Qualifizierungsverfahren unterziehen, um die Qualität ihrer Ausbildungstätigkeit langfristig zu gewährleisten. Aus Sicht der Regierung ist es unabdingbar, dass kontinuierlich fachlich und sozial kompetentes Ausbildungspersonal sowohl in der Bildungsinstitution wie auch in den Ausbildungsbetrieben zur Verfügung stehen. Dies erfordert laufend Investitionen in die Weiterbildung dieser Personen beziehungsweise in die Förderung des Nachwuchses.

Zu Frage 4: Kleinen Betrieben empfiehlt die Regierung, den Ausbildungsauftrag im Verbund mit anderen Betrieben wahrzunehmen. Auch der Zusammenschluss zu einem Gesundheitszentrum vereinfacht es den Betrieben, den Ausbildungsauftrag zu erfüllen. Zudem können dadurch interessantere Praktikumsplätze angeboten und die generalistische Ausrichtung der Ausbildung HF Pflege gefördert werden.

28. August 2019