Im Hinblick auf die Grossratswahlen vom 10. Juni 2018 hat die Regierung des Kantons Graubünden die Zahl der in jedem Wahlkreis für die Legislaturperiode 2018-2022 zu wählenden Abgeordneten festgelegt. Gegen den Beschluss der Regierung erhoben 54 Privatpersonen sowie fünf im Kanton Graubünden tätige politische Parteien Beschwerde an das Verwaltungsgericht des Kantons Graubünden sowie an das Bundesgericht.
Mit Urteil vom 29. Juli 2019 wurde diese Beschwerde vom Bundesgericht teilweise gutgeheissen. Das Bundesgericht hält fest, dass das derzeit geltende Majorzwahlverfahren für die Wahl des Grossen Rates zum grossen Teil, aber nicht in allen Belangen mit den verfassungsrechtlichen Anforderungen vereinbar sei. Vor der Bundesverfassung nicht standzuhalten vermag die Anwendung des Mehrheitswahlrechts im kleinsten Wahlkreis Avers und in den sechs bevölkerungsreichsten Wahlkreisen Chur, Fünf Dörfer, Oberengadin, Rhäzüns, Davos und Ilanz.
Klar hält das Urteil fest, dass das Majorzwahlverfahren für 32 Wahlkreise nicht zu beanstanden ist. In diesen Kreisen steht die Persönlichkeit der Kandidatinnen und Kandidaten für einen Grossteil der Bevölkerung im Vordergrund und nicht die Parteizugehörigkeit. Damit bestehen verschiedene Möglichkeiten für Graubünden, sein Wahlsystem anzupassen. Einerseits kann am Majorzwahlverfahren festgehalten werden, wenn der Kreis Avers als kleinster Wahlkreis vergrössert wird und die zu grossen Wahlkreise entsprechend in kleinere Wahlkreise aufgeteilt werden. Eine zweite Möglichkeit ist die Durchführung von Proporzwahlen in diesen Wahlkreisen. Dabei soll in den 32 unbeanstandeten Wahlkreisen weiterhin am bestehenden Majorzwahlverfahren festgehalten werden.
Die Vertretung im Parlament unserer Sprachen, Täler, Regionen und Kulturen ist für Graubünden unabdingbar. Eine Einführung des reinen Proporzwahlsystems ist deshalb abzulehnen.
Die Regierung wird beauftragt, dem Grossen Rat eine Botschaft zur Anpassung des Wahlsystems für den Grossen Rat zu unterbreiten. Dabei ist in den 32 unbeanstandeten Wahlkreisen weiterhin am bestehenden Wahlverfahren festzuhalten. Für die vom Bundesgericht beanstandeten Wahlkreise sind zwei Varianten vorzuschlagen:
1. Das Festhalten am Majorzwahlverfahren mit einer Vergrösserung des Wahlkreises Avers und einer Aufteilung der 6 bevölkerungsreichsten Wahlkreise in mehrere, kleinere Wahlkreise.
2. Die Einführung des Proporzwahlsystems in den 6 bevölkerungsreichsten Wahlkreisen. Ergänzend kann eine Aufteilung einzelner dieser Wahlkreise in kleinere Wahlkreise mit Majorzwahlverfahren geprüft werden. Ebenfalls ist der Wahlkreis Avers anzupassen.
Chur, 29. August 2019
Claus, Michael (Donat), Cavegn, Berther, Bettinaglio, Bigliel, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Cantieni, Caviezel (Davos Clavadel), Censi, Clalüna, Danuser, Derungs, Ellemunter, Engler (Davos Dorf), Epp, Fasani, Felix, Flütsch, Föhn, Giacomelli, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hefti, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Jenny, Jochum, Kasper, Kohler, Kunfermann, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Kuoni, Loepfe, Loi, Maissen, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Castasegna), Mittner, Müller (Susch), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Paterlini, Pfäffli, Ruckstuhl, Rüegg, Sax, Schmid, Schneider, Schutz, Stiffler, Tanner, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), Ulber, Valär, Waidacher, Weidmann, Wellig, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Costa, Davaz, Engler (Surava), Niederreiter