Ein Blick in die Vergangenheit zeigt, dass in der Sprachregion Deutschbünden die Abwahl der ersten Fremdsprache Italienisch und in Italienischbünden die Abwahl der zweiten Fremdsprache Englisch eine gängige und pädagogisch sinnvolle Praxis war, zugunsten der Stärkung der Hauptfächer Mathematik und Erstsprache.
Dennoch soll diese neu nur noch mit einer Bewilligung des Amtes möglich sein, obwohl niemand näher bei den Schülerinnen und Schülern ist, als die Schulleitung und die Lehrpersonen, was die SVP als unnötige Verbürokratisierung eines Prozesses erachtet ohne Mehrwert für Schülerinnen und Schüler und Schule.
Aktuell liegt eine Ungleichbehandlung vor von fremdsprachigen Schülerinnen und Schülern und jenen, welche als Muttersprache eine Kantonssprache haben, wie auch ein Widerspruch: einerseits beharrt die Regierung auf dem Prinzip der gleichwertigen Behandlung aller Pflichtfächer und hat die Abwahlmöglichkeit für die Pflichtfremdsprache aufgehoben. Andererseits fallen im Rahmen der Individualisierung auf der dritten Oberstufe gar 3 Lektionen von den so wichtigen Grundfächern aus dem Pflichtlektionenbereich weg. Ein zentraler Punkt des Lehrplans 21 ist, geschätzte Kolleginnen und Kollegen, die verstärkte Individualisierung, insbesondere am Schluss der obligatorischen Schulzeit. So sollen die Schülerinnen und Schüler besser auf weiterführende Schulen und insbesondere auf die Berufsbildung vorbereitet werden. Diese Absicht steht im Widerspruch zur neuen und wesentlich erschwerten Praxis für die Abwahl einer Fremdsprache resp. zur „Befreiung von einzelnen Fächern“.
Da bleibt auch noch die Frage offen, was passiert mit Schülerinnen und Schülern, welche aus anderen Schweizer Kantone nach Graubünden zügeln? Müssten diese im Falle eines Zuzuges im 3. Oberstufenalter noch von z.B. Französisch auf Italienisch wechseln? Oder sind hier pragmatische Lösungen auf der Schulebene möglich?
Und natürlich, welche zusätzlichen Ressourcen werden vom Kanton zur Verfügung gestellt, so dass die Schule als Institution und die Lehrpersonen die Erreichung der Grundansprüche in den vier Fachbereichen Mathematik, Schulsprache, 1. Fremdsprache und «Natur, Mensch, Gesellschaft» erreichen kann?
Wir stellen fest, dass in anderen Kantonen wie zum Beispiel im Kanton Luzern auch nach Einführung des Lehrplans 21 eine Abwahl von Fremdsprachen auf der Oberstufe möglich ist.
Daher reicht die SVP Graubünden folgenden Auftrag ein:
Die Regierung legt
· vor Ablauf der Übergangsfrist Umsetzung Lehrplan 21 einen Bericht über die gemachten Erfahrungen hinsichtlich der abgeschafften Abwahlmöglichkeit von Pflichtfremdsprachen vor.
· einen Vergleich mit den Kantonen Luzern und Aargau, welche beide auch nach Einführung des Lehrplans 21 Abwahlmöglichkeiten auf der Oberstufe anbieten, vor.
· alternative Lösungsvorschläge für eine niederschwellige „Befreiung von einzelnen Fächern“ vor.
Chur, 29. August 2019
Favre Accola, Brandenburger, Della Cà, Dürler, Gort, Hug, Koch, Salis