Die Bündner Landwirtschaft steht mit der Zunahme der Wolfsbestände vor einer grossen Herausforderung. Vor allem Kleinviehhalter sehen ihre Ausrichtung durch die steigenden Wolfsangriffe in grosser Gefahr. Zunehmend vor grosse Probleme gestellt werden auch die Mutterkuhhalter. Durch das steigende Schutzbedürfnis der Mutterkühe wird das Handling der Einzeltiere und Herden auf Alpen und Weiden gegenüber Personal und Touristen immer schwieriger.
Herdenschutzmassnahmen bei der Kleinviehhaltung mit elektrifizierten Zäunen und/oder Schutzhunde sind zum Teil umgesetzt oder in Umsetzung. Da der Einsatz von Herdenschutzhunde aufgrund von fehlender Anzahl und logistischen Schwierigkeiten für den breiten Einsatz nicht möglich ist, ruhen die Hoffnungen der Bauern vor allem auf den technischen Herdenschutz. Diesen Sommer gab es aber trotz anerkanntem Herdenschutz mit Zäunen und Herdenschutzhunde auf Heimweiden und Alpen tödliche Wolfsangriffe. Bis zum 21. August dieses Jahres wurden bei 21 Attacken 97 Risse bei Schafen und Ziegen festgestellt. In Präz und im Safiental wurden mit grösster Wahrscheinlichkeit vom gleichen Wolf oder Wolfsrudel total 16 Ziegen aus geschützten Herden gerissen. Auf Alp Mer in Pigniu wurden 5 Schafe trotz Herdenschutzhunde gerissen. Diese Entwicklung stellt die Tierhalter vor einer grossen Ohnmacht. Es ist zu befürchten, dass ohne Massnahmen gegen schadenverursachende Wölfe viele Landwirte die von Kanton Graubünden geförderte Kleinviehhaltung aufgeben werden.
Die aktuelle Gesetzgebung lässt eine behördliche Regulierung von Schaden verursachende Wölfe bei umgesetztem Herdenschutz zu. Es wird unterschieden zwischen dem behördlichen Einzelabschuss eines Einzelwolfes, wenn dieser einen konkreten und erheblichen Schaden verursacht (Art. 12 Abs. 2 JSG i.V.m. Art. 9bis JSV) und der behördlichen Regulierung eines sich aktuell fortpflanzender Wolfsrudels (=Wolfsbestand), wenn dieses einen konkreten grossen Schaden verursacht (Art. 12 Abs. 4 JSG i.V.m. Art. 4bis JSV). Die Kantone verfügen dabei über eigene Kompetenzen.
Art. 4 Regulierung von Beständen geschützter Arten (JSV)
Mit vorheriger Zustimmung des BAFU können die Kantone befristete Massnahmen zur Regulierung von Beständen geschützter Tierarten treffen, wenn Tiere einer bestimmten Art trotz zumutbarer Massnahmen zur Schadenverhütung: c. grosse Schäden an Wald, landwirtschaftlichen Kulturen oder Nutztierbeständen verursachen; oder
Art. 9bis1 Massnahmen gegen einzelne Wölfe (JSV)
Der Kanton kann eine Abschussbewilligung für einzelne Wölfe erteilen, die erheblichen Schaden an Nutztieren anrichten. Ein erheblicher Schaden an Nutztieren durch einen einzelnen Wolf liegt vor, wenn in seinem Streifgebiet: a. mindestens 35 Nutztiere innerhalb von vier Monaten getötet werden; oder b. mindestens 25 Nutztiere innerhalb eines Monats getötet werden; oder c. mindestens 15 Nutztiere getötet werden, nachdem im Vorjahr bereits Schäden durch Wölfe zu verzeichnen waren.
Aufgrund der Entwicklung und der zu befürchteten starken Zunahme der Wolfsbestände sowie die damit einhergehende Schadenszunahme im Kanton Graubünden, auch in geschützten Herden, beauftragen die Unterzeichnenden die Regierung, alle Kompetenzen bei der behördlichen Regulierung gegenüber Schaden verursachenden Wölfen zu nutzen und sofort umzusetzen.
Chur, 30. August 2019
Michael (Donat), Schmid, Niggli (Samedan), Aebli, Alig, Berther, Bettinaglio, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Chur), Caviezel (Davos Clavadel), Censi, Clalüna, Claus, Danuser, Della Cà, Deplazes (Chur), Deplazes (Rabius), Derungs, Dürler, Ellemunter, Epp, Fasani, Favre Accola, Felix, Flütsch, Föhn, Gartmann-Albin, Gasser, Giacomelli, Gort, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hefti, Hitz-Rusch, Hohl, Hug, Jenny, Jochum, Kasper, Koch, Kohler, Kunz (Fläsch), Kuoni, Loepfe, Loi, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Castasegna), Mittner, Müller (Susch), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Pfäffli, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Salis, Sax, Schneider, Tanner, Thomann-Frank, Tomaschett (Breil), Ulber, Valär, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Costa, Davaz, Engler (Surava), Federspiel, Niederreiter