Der Bau von Zweitwohnungen war in weiten Teilen der Schweizer Alpen lange Haupttreiber der Baukonjunktur, kam aber infolge der Zweitwohnungsinitiative weitgehend zum Erliegen. Der grosse Bestand von rund 80‘000 Zweitwohnungen bringt in Graubünden künftig jedoch nicht nur Herausforderungen mit sich, sondern auch erhebliche Chancen. Zweitwohnungsbesitzer sind gemäss Studien häufig einkommensstarke, gut gebildete und mobile Menschen. Sie haben für die wirtschaftliche Entwicklung in den Berggebieten extrem viel zu bieten, nämlich innovative Ideen, Investitionen und Unternehmertum. Unter ihnen finden sich viele Selbständige, Unternehmer und Personen mit wertvollen Netzwerken im In- und Ausland. Graubünden bietet die Möglichkeit zu wohnen, wo andere Ferien machen.
Für berufstätige, heutige Zweitwohnungsbesitzer wird es künftig attraktiver, mehr Zeit am Zweitwohnsitz in den schönen Bündner Bergen zu verbringen, einerseits, weil die Work-Life-Balance an Bedeutung gewinnen und andererseits, weil durch die fortschreitende Digitalisierung die räumliche Nähe zum Sitz des Arbeitgebers in Zukunft an Wichtigkeit verlieren wird.
Eine grosse Chance ist zudem die Tatsache, dass die Babyboomer-Generation in den nächsten Jahren das Pensionsalter erreicht. Diese «Neurentner» sind frei in der Wohnortwahl, häufig kapitalstark, sehr aktiv und suchen nach dem Ausscheiden aus dem Berufsleben neue Betätigungsfelder. Dank ihrem oft emotionalen Bezug zum Zweitdomizil haben sie eine grundsätzliche Bereitschaft, sich bei uns zu engagieren und einzubringen, sofern sie nicht - wie in der Vergangenheit leider immer wieder - als «Milchkühe» mehr geduldet als wertgeschätzt werden. Gegenseitiger Respekt und das gegenseitige Interesse gemeinsam vorwärtszukommen bilden die Basis für ein künftiges Miteinander.
Wir sind gefordert, Massnahmen zu treffen, um die Zweitwohnungsbesitzer stärker in die Bündner Gesellschaft einzubinden, deren vorhandenen Ressourcen besser zu Gunsten unseres Kantons und der Gemeinden zu nutzen und diese im besten Fall sogar dazu zu bewegen, bei uns Ihren Erstwohnsitz zu platzieren.
Es ist klar, dass die Massnahmen in Bezug auf Zweitwohnungsbesitzer zu einem grossen Teil auf Gemeindeebene umgesetzt werden müssen und es ist in keiner Weise das Ziel des Auftrages, diesbezüglich Kompetenzen in Richtung Kanton zu verlagern. Dennoch ist es erstrebenswert, dass der Kanton in seiner eigenen Zuständigkeit, aber auch administrativ, koordinativ und die Gemeinden unterstützend Verantwortung wahrnimmt und Anstrengungen zur Einbindung dieser Bevölkerungsgruppe und ihres erheblichen Potenzials für Graubünden forciert.
Die Unterzeichnenden fordern die Regierung auf, dem Grossen Rat ein Massnahmenpaket zu präsentieren und in Bezug auf konkrete Massnahmen Antrag zu stellen, wobei aufgezeigt wird, wie der Kanton in Zusammenarbeit mit den Gemeinden mehr für eine institutionalisierte, strategische und nachhaltige Einbindung von Zweitwohnungsbesitzern machen kann als dies heute der Fall ist.
Chur, 22. Oktober 2019
Hohl, Brunold, Kasper, Berweger, Bettinaglio, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Cantieni, Cavegn, Caviezel (Chur), Censi, Danuser, Della Cà, Derungs, Dürler, Ellemunter, Epp, Gasser (Chur), Geisseler, Gort, Gugelmann, Hardegger, Jenny, Jochum, Koch, Kunfermann, Lamprecht, Loepfe, Maissen, Michael (Donat), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Perl, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Salis, Schneider, Ulber, von Ballmoos, Wellig, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Zanetti (Sent), Patzen