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Session: 04.12.2019

Die laufenden Untersuchungen zum Brienzer Rutschgebiet haben gezeigt, dass das Dorf Brienz momentan ca. 1 m pro Jahr ins Tal rutscht, das Gelände oberhalb verschiebt sich noch viel stärker, nämlich bis ca. 3 m pro Jahr.

Das Dorf Brienz, Teile von Surava und Teile von Tiefencastel sind gefährdete Gebiete. Ebenso die Infrastruktur Strasse und Bahn von Tiefencastel nach Surava.

Die Rutschungen haben sich in den vergangenen Jahren akut verstärkt, so dass an der Strasse Tiefencastel Surava und an der Strasse Lenz Crappa Naira ständig Sanierungsarbeiten gemacht werden müssen, um eine Befahrbarkeit der Strassen sicherzustellen. Im Lärchenwald westlich von Brienz sind beinahe wöchentlich Arbeiten auszuführen, damit die Verbindung Lenz Davos mit dem Postauto gewährt werden kann. Die Baueinsätze für die Instandhaltung und Korrektur des Bahntrassees der Rhätischen Bahn haben stark zugenommen. Bald übers ganze Jahr sind Langsamfahrstrecken notwendig, damit die Bahn auf der Strecke noch verkehren kann.

Wie die Bevölkerung erfahren hat, ist auch ein grösseres Ereignis nicht auszuschliessen. Es werden zwangsläufig Evakuierungspläne und Notfallmassnahmen erarbeitet. Der Kanton bietet diesbezüglich der Gemeinde Albula ihre Unterstützung an.

Sollte ein grösseres Ereignis eintreffen, ist davon auszugehen, dass das Albulatal mit der Strasse über Monate nicht mehr von Thusis oder Lenzerheide erreichbar ist. Die Rhätische Bahn könnte vermutlich um Jahre unterbrochen sein. Auch könnte die Julierstrasse in Tiefencastel ins Surses unterbrochen werden.

Die Unterzeichneten gelangen daher mit folgenden Fragen an die Regierung:

1.     Werden vom Kanton Überlegungen zu einer Notfallerschliessung des Albulatals und des Surses gemacht?

2.     Ist die Regierung auch der Auffassung, dass jetzt angezeigt ist, Projekte für eine allfällige Umlegung der Strasse Tiefencastel Surses und Tiefencastel Surava und Lenz Crappa Naira in Angriff zu nehmen?

3.     Ist die Regierung auch der Meinung, dass in Anbetracht der Situation und der langen Bauzeiten eine Tunnelvariante für die Rhätische Bahn rasch geprüft werden muss?

Chur, 4. Dezember 2019

Schutz, Crameri, Thomann-Frank, Aebli, Atanes, Berther, Berweger, Brandenburger, Brunold, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Cavegn, Caviezel (Davos Clavadel), Danuser, Degiacomi, Derungs, Ellemunter, Engler, Epp, Fasani, Favre Accola, Felix, Flütsch, Föhn, Gartmann-Albin, Gasser, Giacomelli, Gort, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hefti, Hitz-Rusch, Hohl, Holzinger-Loretz, Hug, Jenny, Jochum, Kienz, Koch, Kohler, Kunfermann, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Loi, Maissen, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Michael (Castasegna), Mittner, Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Paterlini, Pfäffli, Preisig, Rettich, Ruckstuhl, Rüegg, Rutishauser, Salis, Sax, Schmid, Schwärzel, Tanner, Ulber, Weidmann, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Padrun-Valentin, Pajic, Renkel, Tschudi

Antwort der Regierung

Die Regierung ist sich der grossen Bedeutung von funktionierenden Verkehrswegen für die Region Albula sowie auch für die angrenzenden Regionen und Täler bewusst. Nach heutigem Kenntnisstand könnte ein durch den Brienzer Rutsch ausgelöstes Ereignis bei Eintreten des ungünstigsten Szenarios sowohl die Brienzer-, die Landwasser- und die Julierstrasse als auch die Albulalinie der Rhätischen Bahn (RhB) treffen und diese über lange Zeit unterbrechen oder gar langfristig unbenutzbar machen. Bei einem entsprechenden Ereignis bietet das weitverzweigte Verkehrswegenetz im Kanton Graubünden bereits heute Möglichkeiten für eine kurz- und mittelfristige Erschliessung der allfällig betroffenen Regionen. Obschon es dabei zu Einschränkungen und grösseren Umleitungen kommen kann, sollte grundsätzlich eine Erschliessung möglich bleiben.

Der Kantonale Führungsstab (KFS) befasst sich seit gut einem Jahr intensiv mit den sich aus den geologischen Erkenntnissen ergebenden Fragestellungen für den Verkehr und die Versorgung. In einer breit angelegten Projektorganisation entwickelt eine "Arbeitsgruppe Verkehr" mit Vertretern der zuständigen kantonalen Amtsstellen sowie der involvierten Transportunternehmen verkehrswegspezifische Massnahmen zu den verschiedenen Ereignisszenarien. Gemäss heutigen Erkenntnissen kann bei einem Grossereignis wohl nur mit langfristig angelegten Massnahmen die Situation bei den Verkehrswegen aufgefangen werden. Entscheidend wird sein, ob mit einem grossangelegten Drainagestollen die Rutschung im Bereich der Ortschaft Brienz/Brinzauls verlangsamt werden kann. Der Bau eines solchen Stollens erfordert umfangreiche geologische und bautechnische Abklärungen und ist eng mit langfristigen Massnahmen betreffend Strassen und Bahn zu koordinieren.

Zu Frage 1: Die Regierung ist sich der Situation auch für den Fall eines schnellen Ereigniseinritts bewusst und hat über den KFS entsprechende Vorsorgemassnahmen eingeleitet. Die "Arbeitsgruppe Verkehr" konzentriert sich dabei in der kurz- und mittelfristigen Betrachtung auf die Schul- und Pendlerwegverbindungen. Geprüft werden insbesondere auch die Beanspruchung von Forstwegen oder der ehemaligen Julierverbindung durch Tiefencastel. Die kurz- und mittelfristige Versorgung mit Gütern des täglichen Gebrauchs kann über grossräumige Umleitungen via Davos (oder im Sommer via Albula- und Flüelapass) sichergestellt werden.

Zu Frage 2: Die Geländebewegungen haben sich im letzten Jahr stark beschleunigt und die Gefahr eines Bergsturzes ist ein mögliches, wenn auch wenig wahrscheinliches Szenario. Die Gefahrensituation im Bereich der kantonalen Brienzerstrasse wird mit einem umfangreichen Überwachungssystem beobachtet. Wenn nötig wird die Strasse über die Lichtsignalanlage temporär gesperrt. Bei einer Zunahme der Ereignisse müsste auch eine Teilsperrung der Brienzerstrasse in Betracht gezogen werden. Senkungen der Brienzer-, Julier- und Landwasserstrasse sowie des RhB-Trassees werden seit Jahren mit baulichen Massnahmen behoben. Wie lange dies möglich bleibt, hängt v.a. von der Entwicklung der Geländebewegungen ab.

Das Tiefbauamt Graubünden und die Rhätische Bahn (RhB) setzen sich gemeinsam mit der Problematik auseinander und werden eine Variantenstudie für mögliche langfristige Massnahmen in Auftrag geben. Dies mit dem Ziel, eine allfällige Verlegung der Verkehrswege unter Einbezug der Julierstrasse zu prüfen.

Zu Frage 3: Gemäss den heutigen Erkenntnissen besteht bei den für die RhB-Bahnlinie relevanten allfälligen Naturereignissen eine längere "Ankündigungszeit". Die RhB ist eng in die Projektorganisation rund um den Brienzer Rutsch eingebunden. Durch Geländebewegungen notwendige Reparaturen am RhB-Geleise können im Unterschied zu Beschädigungen einer Strasse mit einer relativ einfachen Anpassung des Schotterbettes vorgenommen werden. Wie bereits bei Frage 2 dargelegt, laufen derzeit die Vorbereitungen für eine Studie, welche Überlegungen über alle möglichen Varianten für Strasse und Bahn ausarbeiten soll. Die Festlegung einer Bestvariante für die langfristigen Massnahmen ist für das dritte Quartal 2020 vorgesehen.

5. März 2020