Die Schule in unserem Kanton hat sich in den letzten 20 Jahren stark verändert. Neue Herausforderungen wie bspw. die Digitalisierung, soziale Medien, Heterogenität, Erwartungen seitens der Eltern, neue Lehrpläne u.a. prägen die Schule und somit die Schüler und Schülerinnen und Lehrpersonen. Immer mehr verhaltensauffällige Schüler belasten Lehrerschaft und Schule.
Die Schulsozialarbeit (SSA) ist seit rund 20 Jahren in der Schweiz und seit ca. 15 Jahren in Graubünden bekannt. Sie setzt dort an, wo der Schule Grenzen gesetzt sind. Schulsozialarbeit berät Schüler und Schülerinnen in belastenden Situationen leistet Familienberatung und entlastet Lehrpersonen durch ihr Wirken. Sie vermittelt unabhängig zwischen Schule, Schülern und Eltern. Die Schulsozialarbeit ist in der Lage, früh auf Herausforderungen zu reagieren und so ungünstige Spätfolgen abzuwenden.
Belastende, problematische oder schulbehindernde Situationen sind heute nicht ausschliesslich im urbanen Umfeld zu beobachten, sondern zeigen sich auch in abgelegenen Talschaften Graubündens. Durch ihre unmittelbare Nähe zu den Jugendlichen trägt die SSA massgeblich zu einem erfolgreichen Integrationsprozess in multikulturellen Settings bei.
In Graubünden haben 14% der Schulträgerschaften bereits eine Schulsozialarbeit eingeführt. Diese Gemeinden sind von der Wirksamkeit der Schulsozialarbeit gänzlich überzeugt, was u.a. auch daran zu erkennen ist, dass keine dieser Stellen nach deren Einführung abgebaut wurde (trotz fehlender gesetzlicher Grundlage). Gerade für kleine Gemeinden stellt die Finanzierung der SSA nach wie vor eine hohe Hürde dar.
Die Angliederung der SSA ans AVS ist aus fachlicher Sicht zudem zu überprüfen. Diese macht insofern Sinn, als dass die Leistungen der SSA im Regelfall in schulischen Infrastrukturen erbracht werden. Die SSA erfüllt in diversen Gemeinden aber auch einen präventiven Auftrag. Dazu kommen beraterische Tätigkeiten, welche objektiv mit den Leistungen der Väter- und Mütterberatung verglichen werden können. Dies lässt eine Angliederung an das Gesundheitsamt sinnvoll erscheinen. Ob dem betreffen die erbrachten Leistungen vorwiegend soziale, ausserschulische Themen. Zudem stellt die SSA nicht die Schule, sondern die Kinder und Jugendlichen ins Zentrum ihrer Leistungserbringung. Eine Angliederung ans AVS birgt somit mögliche Interessenkonflikte. Aus fachlicher Sicht wäre eine Angliederung der SSA ans Sozialamt deshalb korrekt.
Aktuell verfügt die SSA im Kanton Graubünden über keine gesetzliche Grundlage. Art. 40 des Schulgesetzes beinhaltet lediglich folgenden Passus: «Die Schulträgerschaften können bei Bedarf zusätzliche Angebote wie Schulsozialarbeit oder Time-out-Angebote schaffen.»
Deshalb möchten die Unterzeichnenden von der Regierung Folgendes wissen:
1. Wie schätzt die Regierung die Entwicklung der SSA im Kanton Graubünden in den letzten Jahren ein?
2. Erachtet die Regierung die Angliederung der SSA an das AVS, mit Blick auf die obige Argumentation als zielführend?
3. Gibt es bei Fragen eine Anlaufstelle für Leistungserbringerinnen und Leistungserbringer bzw. gibt es Qualitätsstandards für die Leistungserbringung der SSA und wie werden diese überprüft?
4. Ist seitens der Regierung die Schaffung einer gesetzlichen Grundlage für die SSA geplant bzw. erkennt die Regierung einen solchen Schritt als gewinnbringend an?
Chur, 12. Februar 2020
Rettich, Tomaschett-Berther (Trun), Kuoni, Atanes, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Bigliel, Brunold, Cahenzli-Philipp, Caluori, Cantieni, Casty, Caviezel (Chur), Degiacomi, Deplazes (Chur), Derungs, Dürler, Ellemunter, Epp, Fasani, Favre Accola, Flütsch (Splügen), Föhn, Gartmann-Albin, Gasser, Geisseler, Gugelmann, Hartmann-Conrad, Hofmann, Holzinger-Loretz, Horrer, Jochum, Kienz, Kunfermann, Märchy-Caduff, Mittner, Müller (Felsberg), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Papa, Perl, Preisig, Rutishauser, Schneider, Tanner, Thomann-Frank, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Wilhelm, Gaupp, Spadarotto, Stieger