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Session: 19.06.2020

Mit Schreiben vom 13. Mai 2020 hat das Amt für Landwirtschaft und Geoinformationen alle Landwirte im Kanton Graubünden informiert, dass am 1. Januar 2020 die kantonale Verordnung über den Gewässerschutz in der Landwirtschaft (KGSchVL; BR 910.150) in Kraft getreten ist.

Die kantonale Verordnung über den Gewässerschutz in der Landwirtschaft gibt vor, dass aus betrieblichen Gründen eine Zwischenlagerung von Mist auf dem Feld, unter Einhalten verschiedener Bedingungen, für maximal acht Wochen zulässig ist. Während der Vegetationsruhe ist sie gänzlich untersagt. Diese Kriterien gelten ab dem 1. August 2020.

Diese Vorgaben und die kurze Frist bis zum Inkrafttreten der Verordnung stellen für viele Landwirte ein Problem dar. Da diese Verordnung ohne Vorankündigung beschlossen wurde, ist die Umsetzung für einige Landwirtschaftsbetriebe innert dieser Zeit nicht möglich. Denn das Einhalten der Verordnung erfordert auf vielen Betrieben bauliche Massnahmen. Solche bedingen eine grössere Planung in betrieblicher und finanzieller Hinsicht und sind nicht innert weniger Monate umsetzbar. Hinzu kommt, dass in den allermeisten Fällen die notwendigen Bauvorhaben ausserhalb der Bauzonen liegen. Die Erfahrung zeigt, dass von der Baueingabe bis zur Bewilligung mehrere Monate vergehen.

Die Unterzeichnenden stellen dazu folgende Fragen:

  1. Ist die Regierung bereit, das Inkrafttreten dieser Verordnung auf einen späteren Zeitpunkt zu verschieben?
  2. Sind Ausnahmebewilligungen vorgesehen, wenn die Umsetzung in Folge baulicher Massnahmen auf die angesetzte Frist nicht möglich ist?
  3. Müssen Landwirte bei Nichteinhalten der Verordnung mit Strafanzeige oder Sanktionen bei den Direktzahlungen rechnen?

Chur, 19. Juni 2020

Grass, Crameri, Valär, Brandenburger, Buchli-Mannhart, Caluori, Cantieni, Clalüna, Danuser, Deplazes (Chur), Ellemunter, Engler, Flütsch, Föhn, Gasser, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hefti, Hitz-Rusch, Hohl, Kasper, Kohler, Kunfermann, Lamprecht, Loi, Michael (Donat), Müller (Susch), Natter, Niggli (Samedan), Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Rettich, Ruckstuhl, Rutishauser, Sax, Schmid, Tanner, Tomaschett (Breil), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Sent), Renkel

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 6 des Bundesgesetzes über den Schutz der Gewässer (GSchG; SR 814.20) ist es untersagt, Stoffe, die Wasser verunreinigen können, in ein Gewässer einzubringen oder sie versickern zu lassen. Weiter ist es auch untersagt, solche Stoffe ausserhalb eines Gewässers abzulagern oder auszubringen, sofern dadurch die konkrete Gefahr einer Verunreinigung des Wassers entsteht. Die Aufgaben waren bisher in zwei Weisungen des Amts für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG) und des Amts für Natur und Umwelt festgehalten. Im Jahr 2012 erliessen die Bundesämter für Umwelt (BAFU) und für Landwirtschaft (BLW) die Vollzugshilfen "Baulicher Umweltschutz in der Landwirtschaft" und "Nährstoffe und Verwendung von Düngern in der Landwirtschaft". Seitens des Kantons wurde per 1. Januar 2020 eine Verordnung über den Gewässerschutz in der Landwirtschaft (KGSchVL; BR 910.150) erlassen und eine Vollzugshilfe "Gewässerschutz in der Landwirtschaft Graubünden" ausgearbeitet. Diese enthalten die für Graubünden wesentlichen, soweit möglich auf die speziellen kantonalen Verhältnisse angepassten Punkte aus den beiden Vollzugshilfen des Bundes und konkretisieren deren Anwendung anschaulich. Sie bilden grundsätzlich die bisherige Praxis ab. Gemäss Bund ist die Zwischenlagerung von Mist auf dem Feld, die so genannte Feldmiete, grundsätzlich nicht erlaubt. Eine Zwischenlagerung kann aber aus Gründen des Betriebsablaufs für maximal sechs Wochen bis zum Verteilen des Mistes auf der düngbaren Nutzfläche erfolgen, wenn dadurch keine konkrete Gefahr einer Gewässerverschmutzung entsteht. Die Feldmieten sind nicht Teil der Lagerbilanz des Betriebs und durften auch bisher nicht an das benötigte Lagervolumen angerechnet werden. In der KGSchVL wurde die kurzzeitige Zwischenlagerung mit Zustimmung des BAFU auf maximal acht Wochen erhöht, um den besonderen klimatischen Bedingungen des Berggebiets besser Rechnung zu tragen.

Der Gewässerschutz in der Landwirtschaft ist seit mehreren Jahren ein Thema und wurde sowohl durch den landwirtschaftlichen Beratungsdienst als auch durch die Vollzugsstelle wiederholt kommuniziert. Seit dem Jahr 2015 werden systematisch Dichtigkeitsprüfungen auf den Betrieben durchgeführt und die Lagerbilanz berechnet. Über dieses den ganzen Kanton umfassende Projekt wurde mehrfach berichtet. Bisher wurden mit 1700 Betrieben rund drei Viertel aller in der ersten Phase zu prüfenden Ganzjahres- und Sömmerungsbetriebe bereits kontrolliert und bei fehlendem Lagervolumen unabhängig vom Inkrafttreten der KGSchVL bauliche oder betriebliche Massnahmen angeordnet. Die Regierung ist sich bewusst, dass Betriebe, welche die gestellten Anforderungen nicht erfüllen, in einen Engpass geraten können und für bauliche Massnahmen entsprechend Zeit benötigen. Der landwirtschaftliche Beratungsdienst wie auch das ALG stehen den Betrieben beratend zur Verfügung. Die grundlegenden Vorschriften für eine ordentliche Bewirtschaftung von Feldmieten werden jedoch als bekannt vorausgesetzt und deren Umsetzung in Eigenverantwortung den Betrieben überlassen. Mit der Mitteilung, dass die Kriterien für den ordentlichen Betrieb von Feldmieten explizit ab dem 1. August 2020 gelten, wurden die Betriebe noch einmal auf die Vorschriften aufmerksam gemacht und eine individuelle Umstellung innert einer angemessenen Frist ermöglicht. Die seit der Inkraftsetzung gemachten Erfahrungen haben gezeigt, dass meist rasch Lösungen gefunden werden. Zahlreiche Rückmeldungen von Landwirten zeigen zudem, dass die Regelungen gerade im Gewässerschutz auch auf Zustimmung stossen.

Zu Frage 1: Die KGSchVL basiert unter anderem auf den Vollzughilfen des Bundes, die seit 2012 bestehen. Mit der KGSchVL werden die bekannten Grundsätze und übergeordneten Vorgaben zum Schutz der Gewässer nur konkretisiert. Es bestehen zudem verschiedene Möglichkeiten, den Vorschriften gerecht zu werden (s. Frage 2). Es ist deshalb nicht angebracht, das Inkrafttreten zu korrigieren.

Zu Frage 2: Die Bundesgesetzgebung sieht keine Ausnahmebewilligungen vor, weshalb der Kanton keine gewähren kann. Es müssen alternative Lösungen zur Feldlagerung über acht Wochen gefunden werden, bis genügend Lagervolumen auf dem Betrieb bereitgestellt werden kann. Dazu stehen verschiedene Möglichkeiten zur Verfügung, wie Abnahme- und Zwischenlagerungsverträge oder eine Feldrandkompostierung, die eine Lagerung bis zu einem Jahr erlaubt. Es besteht nach wie vor auch die Möglichkeit, während der Vegetationszeit Feldmieten für weitere acht Wochen zu verlegen.

Zu Frage 3: Die KGSchVL konkretisiert Bestimmungen, die in der Bundesgesetzgebung vorgegeben sind. Deren Nichteinhaltung kann in Abhängigkeit der Schwere mit einer Sanktion von Direktzahlungen bis hin zu einer Verzeigung geahndet werden. So ist als Beispiel das Einhalten der maximalen Lagerdauer bei Feldmieten nur eine von zahlreichen Vorgaben, die kontrolliert werden. Eine festgestellte unkorrekte Mistlagerung auf dem Feld führt wie bisher in Abhängigkeit der Sorgfaltspflichtverletzung zu einer Sanktion der Direktzahlungen. In schweren Fällen droht eine Strafanzeige.

31. August 2020