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Session: 22.10.2020

Die Elektromobilität wird für das Schweizer Stromnetz eine Herausforderung darstellen. Hierbei stellt sich jedoch nicht die Frage, ob genügend Energie vorhanden ist oder nicht. Es stellt sich die Frage, ist genügend Energie zur richtigen Zeit am richtigen Ort vorhanden und was machen wir mit der Energie, welche eben gerade tagsüber von Photovoltaikanlagen produziert wird, aber nicht aufgebraucht wird? Dies hat zur Folge, dass Stromschwankungen entstehen, welche zur Beeinträchtigung von einem stabilen Stromnetz führen kann.

Immer mehr Privathaushalte installieren sich Photovoltaikanlagen auf ihr Eigenheim. Das mag ja sinnvoll sein, da wir den Eigenenergieverbrauch teils selber herstellen können. Da viele Privathaushalte jedoch tagsüber bei der Arbeit sind, kann die eigene Energieproduktion gar nicht verwendet werden. Ausser man würde auch da mit Energiespeichern arbeiten. Gemäss Aussagen von Herr Walter Sattinger von der Swissgrid AG, ich zitiere: «Uns werden recht bald europaweit Langzeitspeicher fehlen, somit bedarf es eines intelligenten Stromverbrauchs, nicht nur um die Netze für einzelne Spitzen überdimensionieren zu müssen», Zitat Ende. Die Elektromobilität könnte zu fahrenden Energiespeichern umfunktioniert werden. Voraussetzung: wir fördern eine entsprechende intelligente Ladeinfrastruktur.

Eine gute Abdeckung von E-Ladestationen kann für die Elektromobilität förderlich sein. Dies sollte aber nicht der erste Aspekt sein, nein eine Abdeckung von E-Ladestationen sollte eben dort realisiert werden, wo man sie auch tatsächlich tagsüber braucht, nämliche bei den Unternehmen oder Parkplätzen wo Elektrofahrzeuge tagsüber stehen, bei welchen man die Spannungsspitzen von Wind- und Photovoltaikanlagen speichern und somit zur Stabilität des Schweizer Stromnetzes beitragen könnte. Ich bezweifle, dass die Szenarien im Masterplan Ladeinfrastruktur heute noch zutreffend sind. Die Empfehlung «H2 Erkannte Lücken im Schnellladenetz schliessen» macht höchstens für den Transitverkehr und Tourismusverkehr Sinn, belastet aber das Netz ungünstig und ist für die Stabilität negativ. Leider finde ich mich auch nicht in der Empfehlung «H4 als Gewerbetreibender» wieder. Für Unternehmen ist es heute aber alles andere als wirtschaftlich, in Ladestationen zu investieren. Hier sind wir der Ansicht, dass es Anreize braucht, will man wirklich den Weg zur Elektromobilität weiter gehen.

Deshalb reichen wir von der SVP-Fraktion folgenden Auftrag ein:

1. Erstellung einer Auslegeordnung welche folgende Punkte überprüft:

  • Welchen Einfluss auf die Netzstabilität haben Wind- und Photovoltaikanlagen, dies in Anbetracht einer realistischen Zukunftsprognose?
  • Ist-Zustand und Fahrplan betreffend Ausbau der Netzinfrastruktur. Wo stehen wir heute und sind wir bereit für die Zukunft?
  • Chancen und Potential der Elektromobilität für ein stabiles Netz.

2. Die Regierung überprüft den Masterplan Ladeinfrastruktur für E-Mobilität und erarbeitet mit den Netzbetreibern eine intelligente Ladeinfrastruktur.

3. Ausarbeitung von Fördermassnahmen im Sinne von Steuerabzügen und/oder Steuerbefreiung für Gewerbebetriebe, Unternehmen, Parkierungsanlagen, welche Ladestationen für Mitarbeiter und/oder Dauermieter anbieten.

Chur, 22. Oktober 2020

Gort, Koch, Della Cà, Brandenburger, Favre Accola, Salis, Menghini-Inauen, Renkel

Antwort der Regierung

Die Regierung hat sich in der jüngeren Vergangenheit mehrfach mit der Förderung der Elektromobilität auseinandergesetzt. Es liegen folgende Berichte vor: "Chancen der Elektromobilität für den Kanton Graubünden" vom 26. Juni 2015, "Masterplan Ladeinfrastruktur E-Mobilität Kanton Graubünden" vom März 2017 sowie "Massnahmenpaket zur Förderung der Elektromobilität in Graubünden" vom Oktober 2017. Die Förderung der Ladeinfrastruktur wurde letztmals im Rahmen der Teilrevision des Bündner Energiegesetzes (BEG) vorgeschlagen, aufgrund der Vernehmlassungsergebnisse nicht weiterverfolgt. Nichts desto trotz bemüht sich die Regierung weiterhin, den Einsatz von erneuerbaren Energien zu fördern: Die Klimastrategie des Kantons (Green Deal) und das aktuelle Regierungsprogramm setzen unter anderem auf eine nachhaltige Mobilität. Die öffentliche Hand hat im Verkehrsbereich weiterhin eine Vorbildfunktion wahrzunehmen und entsprechend zu handeln. Auch staatsnahe Betriebe haben die Wichtigkeit einer nachhaltigen Mobilität erkannt und fördern diese. In diesem Prozess ist der Kanton in engem Austausch mit den jeweiligen Akteuren. Ergänzend ist zu erwähnen, dass im Rahmen des Klimafonds des Bunds gemäss dem revidierten CO2-Gesetz die Förderung von Ladestationen in Gebäuden explizit erwähnt wird. Folglich ist davon auszugehen, dass mit der Umsetzung des CO2-Gesetzes entsprechende Förderprogramme umgesetzt werden.

Zu Punkt 1 und 2: Der Anteil der Stromproduktion aus Wind und Photovoltaik beträgt im Kanton Graubünden heute 0,8 Prozent. 2035 werden es voraussichtlich 3 bis 4 Prozent sein. Die Wasserkraftwerke in Graubünden haben dank ihrer Speicherseen eine Speicherkapazität von fast 2 000 GWh. Unter der Annahme, dass sämtliche derzeit immatrikulierten 114 824 Personenwagen im Kanton Elektrofahrzeuge wären, würde dies eine Ladekapazität von rund 6 GWh brauchen. Diese marginalen Anteile sowohl der Wind- und Photovoltaikproduktion als auch der Ladekapazitäten von Elektrofahrzeugen haben keinen gravierenden Einfluss auf die Netzstabilität und
Netzinfrastruktur im Kanton. Zuständig für die Gewährleistung eines sicheren, leistungsfähigen und effizienten Netzes sind gemäss Art. 8 Bundesgesetz über die Stromversorgung (Stromversorgungsgesetz, StromVG; SR 734.7) die Netzbetreiber. Konzepte wie Vehicle to Home (V2H) bzw. to Grid (V2G) dienen der Kostenoptimierung. Durch die Kombination einer PV-Anlage mit einer Fahrzeugbatterie kann der Eigenverbrauch erhöht und als Nebeneffekt das lokale Stromnetz teilweise entlastet werden. Die Erstellung von intelligenter Ladeinfrastruktur liegt somit im Interesse der PV-Besitzer beziehungsweise der Netzbetreiber. Die Ladeinfrastruktur ist ein Geschäftsmodell von privaten Stromunternehmen. Die Kosten dafür werden über das Netznutzungsentgelt beim Endverbraucher erhoben. Innovative Massnahmen für intelligente Netze sind gemäss Art. 15 StromVG anrechenbare Kosten. Die Netzanbieter verfügen somit über genügend Anreize, intelligente Netze aufzubauen. Eine Überarbeitung des derzeit noch aktuellen Masterplans erscheint deshalb als nicht angezeigt.

Zu Punkt 3: Für die selbständig Erwerbenden und die juristischen Personen kennt bereits das geltende Recht Fördermassnahmen, indem die Investitionen in die entsprechenden Ladestationen im Anschaffungsjahr und im darauffolgenden Jahr mittels Sofortabschreibungen zu 100 Prozent abgeschrieben werden können. Weitergehende Fördermassnahmen mittels Steuerabzügen oder durch eine Steuerbefreiung der entsprechenden Unternehmungen sind harmonisierungsrechtlich nicht möglich und wären damit bundesrechtswidrig. Der kantonale Gesetzgeber kann weder im Bereich des Einkommens aus selbständiger Erwerbstätigkeit noch in der Gewinnermittlung für die juristischen Personen Abzüge einführen, mit welchen ausserfiskalische Ziele verfolgt werden. Die Steuerbefreiung wird im harmonisierten Bundessteuerrecht abschliessend geregelt (Art. 23 Abs. 1 lit. f Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden [Steuerharmonisierungsgesetz; StHG; SR 642.14]) und belässt dem kantonalen Gesetzgeber keinen Spielraum. Zudem könnte mit einer Steuerbefreiung der die Ladeinfrastruktur anbietenden juristischen Person der angestrebte Investitionsanreiz nicht geschaffen werden. Die genannte Steuerbefreiung hätte nämlich zur Folge, dass die erzielten Gewinne unwiderruflich den steuerbefreiten Zwecken dienen müssen und damit keine Gewinnausschüttung möglich wäre.

Die Regierung unterstützt die Elektromobilität bereits im Rahmen der eingangs erwähnten Bestrebungen. Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

13. Januar 2021