Stalking hat sich in den letzten Jahren weiterentwickelt. Mit den neuen technischen Möglichkeiten sowie der heute grossen Mobilität, hat auch die Vielfältigkeit von Stalking zugenommen.
Stalking zu definieren ist nicht ganz leicht, da es sich um ein Verhalten handelt, welches anderen Tatbeständen wie häuslicher Gewalt oder Bedrohung sehr nahe ist. Dennoch gibt es klare Merkmale, welche Stalking definieren.
So erstreckt sich Stalking zumeist über einen längeren Zeitraum und zeigt sich durch Belästigungen per Telefon, E-Mail oder Nachrichten. Ebenfalls kann sich Stalking durch das Verfolgen, Auflauern und Nachstellen einer Person am Arbeitsplatz, in der Freizeit oder vor der Wohnung manifestieren. Auch das Aushorchen und Bedrängen von Nachbarn, Verwandten und Bekannten gehört dazu. Ohne frühzeitige Intervention besteht das Risiko, eines fliessenden Übergangs von Stalking zu Bedrohung oder gar Gewaltakten.
Seit geraumer Zeit beschäftigt man sich in der Schweiz auf politischer Ebene mit dem Thema Stalking. Diverse Kantone wie Bern, die Appenzeller Halbkantone, Zug, Uri, Neuenburg etc. haben besondere Massnahmen gegen Stalking vorgesehen und sich so befähigt, handlungsfähig zu sein. Im Fachbericht Gewalt des Eidgenössischen Departements des Inneren (EDI) ist folgender Satz festgehalten:
«Ein frühes und offensives polizeiliches Handeln erweist sich in Stalking-Fällen oftmals als sehr bedeutsam, um das Stalking möglichst rasch unter Kontrolle zu bringen bzw. zu beenden.»
Aufgrund des fehlenden Tatbestands gibt es in Graubünden bislang keine Zahlen im Bereich Stalking. Der Höchststand der Beratungen bei der Opferhilfe Graubünden lässt jedoch die Vermutung zu, dass auch in Graubünden die Anzahl Betroffener von Stalking tendenziell steigt.
In der Schweiz wird ein 3-Phasen-Modell für einen unmittelbaren, kontinuierlichen und nachhaltigen Schutz von Stalking-Betroffenen verfolgt.
Dieses setzt auf Sofortinterventionen, also Massnahmen zur unmittelbaren Intervention gegen die stalkende Person, um die Eigendynamik (sogenannte Stalking-Spirale) möglichst rasch unterbrechen zu können, eine Stabilisierungsphase, also Massnahmen zur Vorbeugung von Wiederholungen und anderem Nachtatverhalten und somit zur Stabilisierung der Situation bzw. zur Aufrechterhaltung bzw. Fortführung von wirksamen Sofortmassnahmen, sowie nachhaltige Lösungen, also Massnahmen zur Aufrechterhaltung eines mittel- und langfristigen Schutzes vor weiteren Stalking-Handlungen.
Um dieses, in diversen Kantonen bewährte, Modell verfolgen zu können bedarf es einer rechtlichen Grundlage. Viele Kantone verfügen bereits über eine solche Grundlage, in Graubünden allerdings fehlt eine solche bislang.
Um Stalking-Betroffene in Graubünden überhaupt schützen zu können, bedarf es der Schaffung einer gesetzlichen Grundlage durch den Grossen Rat.
Um diese Lücke in unserem Gesetz zu schliessen, fordern die Unterzeichnenden eine Gesetzesgrundlage für den Tatbestand «Stalking» analog den oben genannten Kantonen zu schaffen.
Chur, 22. Oktober 2020
Rettich, Geisseler, Casty, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Cahenzli-Philipp, Cantieni, Caviezel (Chur), Gartmann-Albin, Hofmann, Hohl, Holzinger-Loretz, Müller (Felsberg), Niggli-Mathis (Grüsch), Perl, Preisig, Rutishauser, Schwärzel, Thür-Suter, Ulber, von Ballmoos, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Zanetti (Landquart), Brändli Capaul, Bürgi-Büchel, Pajic, Spadarotto, Tomaschett (Chur), Tscholl