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Session: 21.04.2021

Die Regierung hat mit dem Regierungsbeschluss RB 289/2020 beschlossen, die Hauptleistungserbringer im Gesundheitswesen während der COVID-19-Pandemie zu unterstützen, indem sie einerseits Mindereinnahmen abgelten und andererseits Mehrkosten übernehmen will. Dieser Regierungsbeschluss beruht auf Notrecht und ist deshalb nach einem Jahr per Ende Februar 2021 ausgelaufen. Die Regierung wird beauftragt, geeignete Massnahmen für eine Nachfolgelösung ab März 2021 zu ergreifen, die bis zum Ende der COVID-19-Pandemie gültig ist.

Eine Umfrage des Bündner Spital- und Heimverbandes BSH bei den Akutspitälern im Kanton Graubünden hat ergeben, dass die Hauptleistungserbringer nach wie vor durch die COVID-19-Pandemie an Mindereinnahmen und Mehrkosten leiden.

Fast alle Akutspitäler im Kanton Graubünden haben im Geschäftsjahr 2020 einen negativen EBIT erwirtschaftet, erstmals auch das Kantonsspital Graubünden. Dank der kantonalen Beiträge sind die Defizite noch einigermassen moderat ausgefallen. Ohne kantonale Beiträge wäre die Lage aber katastrophal und existenzgefährdend für die Spitallandschaft in Graubünden.

Eine weitere Umfrage bei den gleichen Akutspitälern zum Geschäftsverlauf im ersten Quartal 2021 hat gezeigt, dass insbesondere die stationäre Auslastung deutlich unter der des Jahres 2020 und sehr deutlich unter der des Jahres 2019 lag. Im Durchschnitt 12 %, gesamthaft ca. 8,9 Millionen Franken. Dazu kommen Mehraufwände von ca. 1 Million Franken, also ein Total von ca. 10 Millionen Franken nur in einem Quartal. Die Einnahmeverluste aus ambulanten Behandlungen sind dabei aus Gleichbehandlungsgründen mit den Hausärzten nicht mit eingerechnet. Wenn nun auch noch der Regierungsbeschluss betreffend Anerkennung von Mindereinnahmen/Mehrkosten COVID-19 per Ende Februar 2021 ausläuft, wird die Situation für die Akutspitäler definitiv existenzgefährdend.

Verschärft wird die Situation durch den Fachkräftemangel, Lohnangleichungsforderungen des Pflegepersonals, offensichtliche Unterdeckung bei der Erbringung diverser gemeinwirtschaftlicher Leistungen (GWL), Festsetzungsstau bei Tarifentscheiden sowie in hohem Ausmass ungedeckten Kosten bei Aus- und Weiterbildung.

Aus den erwähnten Gründen beantragen die Unterzeichnenden:

  1. Kurzfristig eine Rechtsgrundlage als Nachfolgelösung für die Anerkennung von Mindereinnahmen/Mehrkosten aus der COVID-19-Pandemie ab März 2021 zu erarbeiten.
  2. Mittelfristig eine Gesamtbetrachtung der Spitalfinanzierung im Kanton Graubünden vorzunehmen.

Davos, 21. April 2021

Caviezel (Davos Clavadel), Cahenzli-Philipp,Loepfe, Alig, Berther, Berweger, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Cantieni, Casutt-Derungs, Caviezel (Chur), Censi, Crameri, Della Vedova, Deplazes (Rabius), Derungs, Ellemunter, Engler, Epp, Favre Accola, Felix, Flütsch (Splügen), Föhn, Giacomelli, Gort, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hofmann, Holzinger-Loretz, Hug, Jenny, Jochum, Kienz, Koch, Kunfermann, Kunz (Fläsch), Maissen, Märchy-Caduff, Marti, Michael (Donat), Mittner, Müller (Susch), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Perl, Pfäffli, Preisig, Rettich, Rüegg, Rutishauser, Salis, Sax,Schutz, Schwärzel, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Chur), Ulber, Valär, von Ballmoos, Waidacher, Weidmann, Wellig, Widmer-Spreiter (Chur), Wilhelm, Zanetti (Landquart), Adank-Arioli, Costa, Decurtins-Jermann, Heini, Pajic, Spadarotto, van Kleef

Antwort der Regierung

Die Regierung hat mit Beschluss vom 14. April 2020 (Prot. Nr. 289/2020) die Verordnung zur Auszahlung von gemeinwirtschaftlichen Leistungen an öffentliche Spitäler und zur Übernahme von Einnahmeausfällen bei Spitälern als Massnahme zur Bewältigung der COVID-19 Pandemie erlassen. Die bis 28. Februar 2021 geltende Verordnung bezweckte die Übernahme von Einnahmeausfällen, die auf das vom Bundesrat ab 21. März 2020 verordnete Verbot, nicht dringend angezeigte medizinische Untersuchungen, Behandlungen und Therapien (Eingriffe) durchzuführen [Art. 10a Abs. 2 der Verordnung 2 über Massnahmen zur Bekämpfung des Coronavirus (COVID-19) (COVID-19-Verordnung 2; SR 818.101.24)] zurückzuführen waren. Dieses Verbot wurde per 27. April 2020 vom Bundesrat wieder aufgehoben. Den meisten Betrieben gelang es im Verlauf des Jahres 2020, zumindest einen Teil der aufgeschobenen Eingriffe nachzuholen. Entsprechend muss ein Teil der ausbezahlten 27.8 Mio. Franken wieder zurückbezahlt werden. Gemäss Selbstdeklaration der Betriebe per Ende 2020 beläuft sich der zurückzuzahlende Betrag auf rund 6.7 Mio. Franken. Die definitive Höhe der Beiträge wird nach Prüfung der Angaben der Betriebe von der Regierung festgelegt werden.

Die Weiterführung der Deckung der Einnahmeausfälle der Spitäler auch für das Jahr 2021 wäre im Vergleich zum Rest der Wirtschaft unfair, da die Einnahmeausfälle im Jahr 2021 nicht mit einem Verbot von Eingriffen begründet werden kann, sondern primär am Rückgang des Tourismus bzw. der allgemeinen wirtschaftlichen Lage liegen. Im Bereich der Härtefallentschädigung von Unternehmen werden Gelder gesprochen, wenn die Umsatzeinbusse mind. 40 Prozent betrug oder ein Unternehmen während mindestens 40 Tagen behördlich geschlossen war. Im Auftrag wird der Rückgang der stationären Auslastung mit durchschnittlich 12 Prozent beziffert. Unter Berücksichtigung der Vorgabe für die Ausrichtung einer Härtefallentschädigung erscheint eine Weiterführung der Deckung der Einnahmeausfälle und eine dementsprechende Erarbeitung einer Rechtsgrundlage nicht angebracht.

Für die Deckung der im Zusammenhang mit der Pandemie zusätzlich angefallenen Mehraufwendungen reicht Art. 24 Abs. 2 lit. i des Gesetzes über die Förderung der Krankenpflege und der Betreuung von betagten und pflegebedürftigen Personen (Krankenpflegegesetz, KPG; BR 506.000) aus. Gemäss Umfrage bei den Betrieben belaufen sich die Mehrkosten im ersten Quartal 2021 auf rund 1.8 Mio. Franken, hochgerechnet aufs ganze Jahr 2021 also knapp über 7 Mio. Franken. Die Regierung beabsichtigt, diese Mehrkosten als gemeinwirtschaftliche Leistungen der medizinischen Vorsorge für Notlagen und Katastrophen anzuerkennen und mit zusätzlichen Beiträgen zu decken.

Zu Punkt 1: Die Übernahme der pandemiebedingten Mehrkosten kann im Rahmen der bestehenden gesetzlichen Grundlagen erfolgen. Die Übernahme der Ertragsausfälle erscheint im Verhältnis zu den anderen Unternehmen im Kanton als stossend, weshalb auf die Erarbeitung einer neuen Rechtsgrundlage zu verzichten ist.

Zu Punkt 2: Die Kommission für Gesundheit und Soziales (KGS) hat in der Junisession 2011 einen Auftrag betreffend Überprüfung der Aufgaben- und Finanzentflechtung der Krankenpflege eingereicht. Der in der Folge eingesetzte externe Gutachter hat insbesondere geprüft, unter welchen Voraussetzungen ein Systemwechsel zu einer alleinigen Spitalfinanzierung durch den Kanton und einer alleinigen Pflegefinanzierung durch die Gemeinden bei gleichbleibenden Trägerschaften möglich und mit welchen Folgen ein solcher Systemwechsel verbunden wäre. Der Grosse Rat hat in der Junisession 2016 vom Bericht Kenntnis genommen und sich mit grossem Mehr für die Weiterführung der geltenden Regelungen der Spitalpflegefinanzierung ausgesprochen. Bei dieser Ausgangslage erachtet die Regierung eine erneute Gesamtbetrachtung der Spitalfinanzierung frühestens in fünf Jahren als angezeigt. Im Übrigen wird derzeit geprüft, in welcher Höhe ein Nachtragskredit für die GWL 2021 beantragt werden soll, um die Zusammenhang mit der Pandemie zusätzlich angefallenen Mehraufwendungen abgelten zu können.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

29. Juni 2021