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Session: 21.04.2021

In den langfristigen Ausbauzielen der RhB figuriert seit mehr als 20 Jahren ein Wolfgangtunnel zwischen Klosters-Selfranga und Davos-Stilli. Die Kosten werden auf über 380 Millionen Franken geschätzt. Die Gefällsverhältnisse wären ähnlich wie auf der Steilstrecke zwischen Küblis und Klosters (40 Promille). Begründet wird der Tunnel mit einem Reisezeitgewinn von ca. 8 Minuten. Die Fahrzeit Landquart – Davos könnte unter 60 Minuten gedrückt werden.

Im Sachplan Verkehr des Bundes, Teil Infrastruktur Schiene, ist dieser Wolfgangtunnel bereits als fester Bestandteil aufgeführt, ohne dass im Kanton Graubünden je eine öffentliche Diskussion über die Vor- und Nachteile dieses doch sehr teuren Tunnelbauwerkes stattgefunden hat.

Zu den technischen Details: Der Tunnel Selfranga – Davos-Stilli soll 7,1 km lang werden. Vorgesehen ist eine Einspurröhre mit zwei je 500 m langen doppelspurigen Kreuzungsstellen, jeweils etwa in den Drittelspunkten. Als Sicherheitsstollen ist ein paralleler Flucht- und Rettungsstollen von 7,16 km geplant. Zum Haupttunnel sind alle 500 m Querverbindungen vorgesehen. Die geschätzten Kosten des Tunnelsystems betrugen 2010 377 Millionen Franken.

Gemäss den Angaben der Projektanten soll der Wolfgangtunnel ein wesentliches Element für eine nachhaltige Beschleunigung der Strecken Landquart – Davos sein. Dabei soll in erster Linie die Reisezeit der RhB von Landquart nach Davos unter 60 Minuten erreicht werden. Damit könnte die «Systemzeit» zwischen Klosters und Davos auf 15 Minuten gesenkt und die Fahrplanstabilität verbessert werden (heutige Reisezeit Klosters Davos-Dorf: 23 Minuten). Mit dem ca. 7 km langen Wolfgangtunnel zwischen der Verladestation Klosters-Selfranga und Davos-Stilli sollen diese Anforderungen erfüllt werden können. Der neue Tunnel soll mit 40 Promille von Klosters-Selfranga bis zum Portal Davos ansteigen.

Angesicht der hohen Kosten und des sehr geringen Nutzens des Wolfgangtunnels stellen sich folgende Fragen:

  1. Wie beurteilt die Regierung heute das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Wolfgangtunnels?
  2. Wie beurteilt die Regierung den Verlust der landschaftlich interessanten Bahnfahrt zwischen Klosters und Davos gegenüber dem geringen Zeitvorteil von rund 8 Minuten?
  3. Welche Reisezeitverkürzungen können auf dem Streckenabschnitt Landquart – Klosters mit den geplanten Projekten Umfahrung Grüsch und Neubaustrecke Fideris – Dalvazza erreicht werden?
  4. Welche Reisezeitersparnis mit einer durchgehenden Doppelspur Landquart – Küblis?
  5. Ist die Regierung nicht auch der Meinung, dass mit den für den Wolfgangtunnel im Jahre 2010 geschätzten Kosten von 380 Millionen Franken besser der Streckenabschnitt Landquart – Klosters resp. Landquart – Küblis auf möglichst durchgehende Doppelspur ausgebaut werden sollte?
  6. Steht die Regierung mit der RhB und dem Bund im Gespräch, um den zurzeit im Sachplan eingetragenen Wolfgangtunnel aus dem Langfristziel der RhB zu entfernen und dafür die durchgehende Doppelspur der Strecke Landquart – Küblis einzutragen?

Davos, 21. April 2021

Favre Accola, Wilhelm, von Ballmoos, Berweger, Bettinaglio, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Della Cà, Derungs, Dürler, Felix, Gartmann-Albin, Gort, Grass, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hefti, Holzinger-Loretz, Hug, Koch, Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Preisig, Rettich, Salis, Schutz, Tanner, Weber, Costa, Pajic, Renkel

Antwort der Regierung

Im kantonalen Richtplan Verkehr und im Sachplan Verkehr des Bunds (Teil Programm und Teil Infrastruktur Schiene) figurieren zahlreiche Bahnprojekte in unterschiedlichen Planungsstadien. Voraussetzung für eine Realisierung ist aber die Aufnahme in einen Ausbauschritt des strategischen Entwicklungsprogramms Bahninfrastruktur des Bundes (AS STEP). Im Jahre 2013 bzw. 2019 wurden vom eidgenössischen Parlament die AS 2025/30 bzw. 2035/40 beschlossen. Der Wolfgangtunnel der Rhätischen Bahn (RhB) ist darin nicht enthalten und im Sachplan Verkehr, Teil Infrastruktur Schiene (SIS), zudem lediglich als "Vororientierung" aufgeführt.

Momentan laufen erste Arbeiten für den nächsten Ausbauschritt 2040/45. Voraussichtlich wird die Planungsregion Ost, welcher der Kanton Graubünden angehört, im Dezember 2022 dem Bundesamt für Verkehr (BAV) ein Angebotskonzept dazu einreichen. Die Bewertung der Vorschläge der Planungsregionen bzw. der darin vertretenen Kantone wird durch den Bund abschliessend vorgenommen.

Mit dem bereits beschlossenen neuen Bahntunnel Fideris­ – Dalvazza sowie weiteren laufenden Ausbauten im Raum Landquart und Prättigau wird die Reisezeit nach Davos, Scuol und St.Moritz verkürzt und die Stabilität/Pünktlichkeit des Bahnbetriebs verbessert werden können.

Zu Frage 1: Beim Wolfgangtunnel stellt sich tatsächlich die Frage nach dem Kosten-Nutzen-Verhältnis, da er lediglich für Davos einen zusätzlichen Nutzen generiert, aber keinen Mehrwert für das übrige RhB-Streckennetz schafft. Dies im Gegensatz zu Investitionen im Prättigau. Zudem ergibt sich mit dem neuen Flügelzugkonzept das Problem der betrieblich heiklen Folgefahrten Klosters Platz – Selfranga, welche für einen der beiden Zugteile zu verlängerten Haltezeiten in Klosters Platz führte. Somit beurteilt die Regierung aus einer Gesamtsicht das Kosten-Nutzen-Verhältnis des Wolfgangtunnels als ungünstig und in Bezug auf die betrieblichen Konsequenzen als problematisch.

Zu Frage 2: Der Verlust der landschaftlich interessanten Bahnfahrt zwischen Klosters Platz und Davos ist aus touristischer Sicht sicherlich negativ zu bewerten. Diese Fragestellung kann allerdings nur als Teil einer Gesamtabwägung im Rahmen eines konkreten, sich im Bewilligungsverfahren befindlichen Projekts verstanden und erst in diesem Kontext berücksichtigt und gewichtet werden.

Zu Frage 3: Die Zeitersparnis Landquart – Klosters hängt neben den Ausbaumassnahmen bei der Infrastruktur auch wesentlich von der Haltepolitik der Züge und dem eingesetzten Rollmaterial sowie den zukünftigen Betriebsvorschriften ab. Die Umfahrung Grüsch ist zudem nicht im SIS oder im AS STEP 2025 bzw. 2035 enthalten.

Zu Frage 4: Die Zeitersparnis Landquart – Küblis hängt neben den Ausbaumassnahmen bei der Infrastruktur auch wesentlich von der Haltepolitik der Züge und dem eingesetzten Rollmaterial sowie von den zukünftigen Betriebsvorschriften ab.

Zu Frage 5: Ausbauten im Prättigau haben naturgemäss einen wesentlich grösseren Nutzen, da neben Davos auch das Unter- und Oberengadin sowie die bedeutenden innerregionalen Beziehungen Prättigau – Landquart – Chur von Infrastrukturmassnahmen profitieren können. Im Vordergrund stehen dabei aus heutiger Sicht eine Umfahrung Grüsch, zusätzliche Doppelspurabschnitte im Raum Jenaz und Saas sowie punktuelle Kurvenstreckungen Saas – Klosters Dorf.

Zu Frage 6: Die RhB steht in ständigem Kontakt mit dem Kanton und dem für die Eisenbahninfrastruktur zuständigen Bundesamt für Verkehr. Der SIS wird im Normalfall alle zwei Jahre von den Bundesämtern für Verkehr und Raumentwicklung angepasst und vom Bundesrat anschliessend verabschiedet. Ob ein Eintrag der noch fehlenden relativ kurzen Teilstücke einer durchgehenden Doppelspur Landquart – Küblis in den SIS nötig ist, hängt von den im Einzelfall tangierten Flächen/Schutzgebieten ab.

10. Juni 2021