Unverständlicherweise hat der Bundesrat in seiner Medienmitteilung vom 12.5.2021 festgehalten, dass es aus seiner Sicht nicht nötig sei, das Zweitwohnungsgesetz anzupassen und zusätzliche Massnahmen zur Standortförderung zu ergreifen. Einzig beim Vollzug, bei den Wissensgrundlagen sowie den Schlüsselbegriffen der Beherbergungswirtschaft erkennt der Bundesrat Handlungsbedarf. Diese Haltung ist enttäuschend und verkennt die Realität, was die Bündner Regierung wie auch die Regierungskonferenz der Gebirgskantone zum Ausdruck gebracht haben. Die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) stellt ebenfalls «Konstruktionsfehler» beim Zweitwohnungsgesetz fest, welche korrigiert werden müssen. Das Wirtschaftsforum Graubünden stellt in seiner aktuellen Ausgabe «Zahlen und Fakten aus der Bündner Wirtschaft» (Juni 2021) – im Gegensatz zum Bundesrat – fest, dass die Zweitwohnungsinitiative einen starken Einbruch beim Zweitwohnungsbau zur Folge hat. Unter diesen Umsatzeinbrüchen leiden vor allem Firmen und deren Arbeitnehmerschaft in den peripheren Regionen.
In den vergangenen Jahren hat sich gezeigt, dass verschiedene Bestimmungen und bundesgerichtliche Auslegungen des Zweitwohnungsgesetzes unerwünschte und nicht bedachte Auswirkungen haben. Das zentrale Argument bei der Zweitwohnungsinitiative war die Eindämmung von neuen Zweitwohnungen auf der grünen Wiese. Das Zweitwohnungsgesetz tangiert und schränkt jedoch auch die Weiterentwicklung der altrechtlichen Wohnungen und Hotelbetriebe ein. Dies gilt es zu korrigieren. Beispielhaft und nicht abschliessend werden nachfolgend drei entstandene Problemfelder aufgeführt.
- Gemeinden mit über 20 Prozent Zweitwohnungen müssen bei der Erstellung von Erstwohnungen einen Bedarfsnachweis erstellen. Dieser Nachweis kommt einer Diskriminierung vorwiegend der Berggemeinden gleich, erschwert die Erstellung von Wohnraum für Einheimische und muss aufgehoben werden.
- Nationalrat Martin Candinas hat am 19.6.2020 die parlamentarische Initiative (20.456) «Unnötige und schädliche Beschränkungen des Zweitwohnungsgesetzes in Sachen Abbruch und Wiederaufbau von altrechtlichen Wohnungen aufheben» eingereicht. Diese verlangt, dass die 30 Prozent Erweiterung der Hauptnutzfläche von altrechtlichen Wohnungen bei der Schaffung von zusätzlichen Wohnungen wie auch bei Abbruch und Wiederaufbau zulässig ist. Für die innere Entwicklung und für die verdichtete Bauweise ist diese Stossrichtung weiter zu verfolgen.
- Die strenge bundesgerichtliche Auslegung des Standortes von zu Hotels dazugehörenden bewirtschafteten Zweitwohnungen erschwert – ja teilweise sogar verunmöglicht – die Weiterentwicklung von neuen Übernachtungsangeboten in der Hotellerie.
Die Regierung wird beauftragt, bei den Bundesbehörden auf eine Revision des Zweitwohnungsgesetzes im Sinne der obigen Ausführungen hinzuwirken. Die Regierung und die kantonalen Ämter sollen für dieses Anliegen geeignete Organisationen mit Bezug zum Zweitwohnungsgesetz – wie beispielsweise die Regierungskonferenz der Gebirgskantone oder die Schweizerische Arbeitsgemeinschaft für die Berggebiete (SAB) – einspannen.
Davos, 16. Juni 2021
Derungs, Kasper, Lamprecht, Berther, Berweger, Bettinaglio, Bondolfi, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Casty, Casutt-Derungs, Clalüna, Crameri, Danuser, Deplazes (Rabius), Ellemunter, Engler, Epp, Fasani, Felix, Gort, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hitz-Rusch, Hohl, Jochum, Kienz, Koch, Kohler, Kunfermann, Loepfe, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Müller (Susch), Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Ruckstuhl, Sax, Schmid, Schneider, Schutz, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Weber, Widmer-Spreiter (Chur), Zanetti (Landquart)