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Session: 27.08.2021

Das Lugnez ist ein bekanntes Rutschgebiet, ja sogar ein Lehrbuchbeispiel für eine grossflächige Rutschung. Bereits im Jahre 1887 erfolgten die ersten Messungen zu den Rutschungen im Lugnez. Landesweit bekannt wurde das Dorf Peiden. Das Dorf liegt ungünstig in der Nähe des Flusses Glenner, welcher hundert Meter weiter unten den Talhang erodiert. Nach Hochwassern Ende der 1920er Jahre kam der Boden so stark ins Rutschen, dass man Peiden beinahe evakuieren musste. Entwässerungen, Flusskorrekturen am Glenner und der Bau des Stausees von Zervreila haben die Situation generell etwas beruhigt.

In den letzten Jahren scheint sich das Phänomen der Rutschungen gefühlt wieder zu akzentuieren. Eindrücklich und augenscheinlich fällt dies bei einer Fahrt von Ilanz ins Lugnez auf. Die Kantonsstrasse im Gebiet Pradas da Luven/Farmarins erfährt jedes Jahr massive Deformierungen und muss mehrmals jährlich saniert werden. Weitere Beispiele sind die Meliorationsstrasse Catrutg bei Vignogn oder die erst kürzlich errichtete Mauer für die Kantonsstrasse bei Uresa, vor Lumbrein. Innerhalb kurzer Zeit sind Deformationen zu beklagen.

Vor diesem Hintergrund wollen die Unterzeichnenden von der Regierung wissen:

  1. Ist sich die Regierung der Problematik Rutschungen im Lugnez bewusst und wie schätzt sie die Entwicklung/Ursachen der Rutschungen grundsätzlich ein?
  2. Wird das Rutschgebiet vom Kanton systematisch überwacht?
  3. Sieht der Kanton Bedarf, die Situation der Rutschungen in den betroffenen Gebieten der Gemeinde Lumnezia inkl. dem Bereich der Lugnezerstrasse auf Gemeindegebiet von Ilanz/Glion auf Massnahmen zu evaluieren, um die Situation nachhaltig zu verbessern und um grossflächige Schäden abzuwenden?

Chur, 27. August 2021

Derungs, Maissen, Schmid, Alig, Berther, Brandenburger, Brunold, Buchli-Mannhart, Cantieni, Casutt-Derungs, Crameri, Degiacomi, Della Cà, Deplazes (Rabius), Ellemunter, Epp, Hardegger, Mittner, Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Noi-Togni, Ruckstuhl, Sax, Schneider, Schutz, Tomaschett (Breil), Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Zanetti (Landquart), Bürgi-Büchel, Büsser

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Die Grosshangbewegung im Lugnez und die damit verbundenen Probleme sind der Regierung bekannt. Die Rutschung ist seit Jahrzehnten Gegenstand geologischer Untersuchungen, die ältesten wissenschaftlichen Publikationen stammen aus dem Ende des 19. Jahrhunderts. Als wahrscheinlicher Hauptauslösefaktor wird die Flusserosion durch den Glenner in Kombination mit der ungünstigen geologischen Disposition genannt (hangparalleles Einfallen der Bündnerschiefer an der orographisch linken Talflanke).

Dank der Flussschwellen im Glenner findet heute keine Tiefenerosion mehr statt und die Bewegungsdynamik der Rutschung bleibt weitestgehend stabil. Lokal sind aber infolge eines temporär erhöhten Wasserangebots, z.B. durch schneereiche Winter oder Starkniederschläge, zeitlich beschränkte Beschleunigungen einzelner Kompartimente oder Sekundärrutschungen immer wieder möglich und zu erwarten.

Auch die mit der Rutschung verbundene Gefährdung wurde bzw. wird im Rahmen verschiedener Gutachten untersucht. Die aktuell gültige Gefahrenbeurteilung stützt sich im Wesentlichen auf die 2009 erarbeitete Gefahrenkarte "Rutschung", welche von der kantonalen Gefahrenkommission im Februar 2014 in den Plan der Gefahrenkommission umgesetzt und 2021 von der Gemeinde in ihre Nutzungsplanung aufgenommen wurde.

Aus fachlicher Sicht sind Gefahrenkarten etwa alle 10 bis 15 Jahren zu überprüfen. Deshalb hat das Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) die Überprüfung der bestehenden Gefahrenkarte "Rutschung" im Frühling 2020 in Auftrag gegeben. Im Rahmen dieses Gutachtens wird nebst der Aktualisierung der Gefahrenkarte auch geprüft, ob eine technische Überwachung der Rutschung angezeigt ist. Die Ergebnisse für das vordere Lugnez (Ilanz/Glion bis Vella) werden im ersten Halbjahr 2022 erwartet, die Ergebnisse für das übrige Gemeindegebiet liegen bis Ende 2023 vor.

Zu Frage 2: Naturgefahrenprozesse werden vom Kanton nicht systematisch überwacht; dies ist grundsätzlich Aufgabe der Gemeinden. Stellt das AWN im Rahmen der Gefahrenbeurteilungen oder aufgrund sonstiger Hinweise aber fest, dass sich eine gefährliche Naturgefahrensituation entwickeln könnte, wird die Gemeinde informiert und auf Wunsch bei der Projektierung einer technischen Überwachung beraten. Erfüllt diese die Kriterien für eine Subventionierung, so kann die Anlage mit Bundes- und Kantonsbeiträgen unterstützt werden.

Die derzeitige Überwachung der Lugnezer Rutschung basiert in erster Linie auf Beobachtungen durch den gemeindeeigenen lokalen Naturgefahrenberater, Mitarbeitende der Gemeinde Lumnezia und des kantonalen Tiefbauamts (TBA) sowie die örtliche Bevölkerung. Von diesen Stellen sind dem AWN in den letzten Jahren keine aussergewöhnlichen Beobachtungen gemeldet worden, welche auf signifikante Veränderungen der Rutschdynamik schliessen lassen würden.

Zu Frage 3: Im Bereich des Baches Val Mulin (Peiden) liegt seit längerer Zeit ein Sanierungsprojekt für die stark beschädigte Sperrentreppe vor. Dieses wurde bisher von der Gemeinde Lumnezia nicht realisiert. Des Weiteren ist das TBA gegenwärtig daran, die oberflächennahen Entwässerungssysteme im Bereich der Rutschung Uresa (Lumbrein) zu optimieren.

Die kantonalen Zufahrtsstrassen im Lugnez werden durch das TBA permanent unterhalten und Schäden infolge der Rutschbewegungen werden zeitnah behoben. Die Befahrbarkeit der Kantonsstrassen im Zusammenhang mit der Rutschung wird permanent sichergestellt und kann, da aktuell keine Hinweise hinsichtlich einer Änderung der Bewegungsdynamik vorliegen, auch künftig sichergestellt werden.

Die bereits erwähnten laufenden Untersuchungen im Auftrag des AWN werden Grundlagen liefern, ob künftig mit einer Veränderung der Bewegungen gerechnet werden muss und ob allenfalls Überwachungs- oder weitere Massnahmen notwendig sein könnten.

15. Oktober 2021