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Session: 08.12.2021

Betreibungs- und Konkursämter haben oftmals über konkursamtliche Liquidationen und Konkursmassen in Millionenhöhe zu befinden. Es geht um viel Geld, es geht um Menschen, es geht um tragische Geschichten, die etwas gemeinsam verdient haben, nämlich ein faires und bis ins Detail transparentes Verfahren. Die regionalen Betreibungs- und Konkursämter arbeiten gut und professionell, aber deren Aufsicht genügt leider nicht überall.

Ein Fall im Betreibungs- und Konkursamt Maloja – damals noch Oberengadin – hat gezeigt, dass die heutige gesetzliche Minimalaufsicht ungenügend und nicht zweckdienlich ist. Im vorliegenden Fall konnte eine Amtsperson sich über Jahre hinweg unbemerkt über einen höheren sechsstelligen Betrag bereichern, ohne dass dies von jemandem bemerkt wurde, weder intern (regional geregelt) noch durch die sogenannte externe Überprüfung (kantonale Aufsichtsbehörde). Wie ist das möglich?

Die Durchsetzung des Bundesgesetzes über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) obliegt den Kantonen (Art. 1 ff. SchKG). Das Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (EGzSchKG; BR 220.000) regelt die Details dazu, wie die Organisation der Ämter und deren Aufsicht. Der Kanton Graubünden bestimmte das Kantonsgericht als Aufsichtsbehörde (Art. 13 EGzSchKG). Die Aufsichtsbehörde hat die Geschäftsführung der Betreibungs- und Konkursämter regelmässig zu prüfen oder prüfen zu lassen und trifft die geeigneten Massnahmen zur Verhinderung oder Beseitigung von unzweckmässigen oder ordnungswidrigen Zuständen (Art. 15 Abs. 1 EGzSchKG). Diese Überprüfung erfolgt bisher im Sinne einer gegenseitigen Überprüfung, das heisst, ein Betreibungs- und Konkursamt – meist die Amtsstellenleiterin oder der Amtsstellenleiter – überprüft im Rahmen einer sogenannten Inspektion ein anderes Betreibungs- und Konkursamt. Die kollegiale Nähe kann ein genaues Hinschauen hemmen und die meist nur kurzen Besuche verunmöglichen eine Detailüberprüfung komplizierter Dossiers.

Nebst der kantonsgerichtlichen Fach- und Disziplinaraufsicht obliegt auch den Regionen eine Aufsichtspflicht: Sie haben die Geschäftsführung zu beaufsichtigen und stellen die Betreibungs- sowie Konkursbeamten und -beamtinnen ein. Das Budget und die Jahresrechnung der Betreibungs- und Konkursämter werden von der Geschäftsprüfungskommission der jeweiligen Region überprüft (Art. 96 Abs. 1 lit. d GG). Einige Regionen führen zusätzlich jährlich ordentliche Revisionen durch professionelle Revisionsstellen durch. Dies ist jedoch nicht überall der Fall (siehe genanntes Beispiel), was stossend ist und im Sinne der Sache, der Glaubwürdigkeit und der einheitlichen Qualität der Betreibungs- und Konkursämter geändert werden sollte.

Daher ersuchen die Unterzeichnenden die Regierung, die nachfolgenden Fragen zu beantworten:

  1. Welche Regionen führen jährliche Revisionen bei ihren Konkurs- und Betreibungsämter durch eine externe Revisionsstelle durch?
  2. Welche Art von Revision wäre für die Konkurs- und Betreibungsämter die sinnvollste? Weshalb?
  3. Welches ist der gesetzliche Spielraum für die Regionen, um solche Revisionen beauftragen zu können?
  4. Sieht die Regierung in dieser Angelegenheit Handlungsbedarf und warum beziehungsweise warum nicht?

Chur, 8. Dezember 2021

Preisig, Salis, von Ballmoos, Atanes, Baselgia-Brunner, Bettinaglio, Cahenzli-Philipp, Caviezel (Chur), Clalüna, Degiacomi, Hardegger, Hofmann, Kappeler, Kuoni, Mittner, Müller (Felsberg), Noi-Togni, Perl, Rettich, Rutishauser, Schwärzel, Brändli Capaul, Conrad-Roner, Fetz, Pajic, Tomaschett (Chur)

Antwort der Regierung

Die Aufsicht im Schuldbetreibungs- und Konkurswesen ist im Kanton Graubünden zweigeteilt. Das Kantonsgericht nimmt die fachliche Aufsicht wahr, welche in Anwendung von Art. 14 Abs. 1 Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs (SchKG; SR 281.1) die Geschäftsführung jedes Amtes alljährlich mindestens einmal zu prüfen hat. Bei dieser Aufsicht sind in erster Linie die gesetzeskonforme Führung von Register und Protokollen, die vorschriftsgemässe Führung der Kassen sowie die vorschriftsgemässe Verwendung von Formularen zu prüfen. Auch die personellen und räumlichen Mittel sowie die verwendeten Informatikmittel unterliegen der Prüfung durch die Aufsichtsbehörde. Betreibungs- und Konkursämter sind jedoch regionale Behörden (Art. 1 Einführungsgesetz zum Bundesgesetz über Schuldbetreibung und Konkurs [EGzSchKG; BR 220.000]), womit deren Ausgestaltung eine regionale Aufgabe ist. Die Regionen haben nach geltendem Recht ein Organisationsreglement zu erlassen (Art. 3 Abs. 1 EGzSchKG). In den Organisationsreglementen enthalten sind namentlich Bestimmungen über die Geschäftsführung (mit dem Einsichtsrecht der Region, soweit dies die Organisation und die Besoldung betrifft) und über die Rechnungsführung (ebenfalls mit einem Einsichtsrecht für die massgeblichen Unterlagen). Ob für die Einsichtnahme in die Geschäftsführung eine ausdrückliche gesetzliche Grundlage erforderlich ist, führt in der Praxis immer wieder zu Diskussionen. Um diese Rechtsunsicherheit zu beseitigen, sollen die Regionen in Art. 3 Abs. 1bis EGzSchKG neu im Rahmen der Justizreform 3 ausdrücklich ermächtigt werden, in die Geschäftsführung der Betreibungs- und Konkursämter sowie allfälliger Aussenstellen Einsicht zu nehmen, soweit dies zur Erfüllung der ihnen obliegenden Aufgaben erforderlich ist.

Zu Frage 1: Eine Umfrage bei den Regionen hat ergeben, dass die Regionen Surselva, Imboden, Prättigau/Davos, Engiadina Bassa/Val Müstair, Viamala und Maloja eine externe Revisionsstelle mandatiert haben. In der Region Plessur erfolgt die Revision der Buchhaltung durch die unabhängige Finanzkontrolle der Stadt Chur.

Zu Frage 2: Es ist die Aufgabe der Regionen, zu entscheiden, welche Art von Revisonen für sie zielführend ist. Ein gesetzlicher Anpassungsbedarf besteht nicht.

Zu Frage 3: Die Grundzüge der Organisation der Regionen werden durch das Gemeindegesetz des Kantons Graubünden (GG; BR 175.050) geregelt. Art. 104 GG schreibt den Regionen für die Rechnungs- und Geschäftsprüfung zwingend eine Geschäftsprüfungskommission (GPK) vor. Diese setzt sich aus Mitgliedern der GPK der Regionsgemeinden zusammen und kann im Einvernehmen mit dem Regionalausschuss resp. Präsidentenkonferenz die Rechnungsprüfung privaten Sachverständigen übertragen (vgl. Art. 104 Abs. 4 GG). Folglich besteht bereits heute eine gesetzliche Grundlage, externe Revisionsstellen beauftragen zu können.

Zu Frage 4: Für die Bündner Gemeinden selber besteht keine Pflicht, eine externe Revisionsstelle für den Teil der Rechnungsprüfung beizuziehen. Die grosse Mehrheit der Bündner Gemeinden hat jedoch für die Rechnungsprüfung eine externe Revisionsstelle beauftragt. Für diese werden kantonalrechtlich keine Vorgaben bezüglich Aufsicht, Zulassungsbedingungen, Qualitätsanforderungen, Prüfungsstandards, Berichterstattung, etc. statuiert. Der Kanton Graubünden überlässt es den Gemeinden, welchen Prüfungsumfang sie von privaten Sachverständigen "einkaufen". Diese Autonomie bestand bereits im alten Gemeindegesetz und wurde im Rahmen der Totalrevision (Inkrafttreten 01.07.2018) nicht eingeschränkt. Im Rahmen der totalrevidierten Finanzhaushaltsgesetzgebung per 01.12.2012 wurde auch den Gemeinden ein Internes Kontrollsystem (IKS) vorgeschrieben, das u.a. das Vermögen schützen und Fehler und Unregelmässigkeiten bei der Buchführung verhindern oder aufdecken soll. Es erscheint nicht opportun, dass für Einzelbereiche der Regionen eine externe Revision vorgeschrieben wird, für andere nicht. Zudem kommt unweigerlich die Frage auf, ob dann nicht die Gemeinden generell dazu verpflichtet werden sollen. Selbstverständlich haben es die Gemeinden selber in der Hand, für sich und "ihre" Regionen externe Prüfungen vorzusehen. Sie machen in der Praxis auch davon Gebrauch. Es scheint – aufgrund eines bedauerlichen Einzelfalls – weder geboten noch notwendig zu sein, die Gemeindeautonomie hierin einzuschränken. Bezogen auf die Gemeinden ist die Überprüfung der Behörden- und Verwaltungstätigkeit durch eine GPK zudem ein jahrzehntealtes und bewährtes System. Änderungen daran sind zum heutigen Zeitpunkt nicht angezeigt.

4. März 2022