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Session: 08.12.2021

Die mit Kontrollschildern zugelassenen Fahrzeuge unterliegen der amtlichen, periodischen Nachprüfung. Die Zulassungsbehörde bietet die Halterinnen und Halter zur Nachprüfung auf. Sie kann die Nachprüfung Betrieben oder Organisationen übertragen, die für die vorschriftsgemässe Durchführung Gewähr bieten.

Die Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS) regelt in Art. 33 die Nachprüfungen, welche auch bei Anhängern gelten.

Die Nachprüfung umfasst unter anderem auch die Bremsanlage. Im Hinblick auf die Verkehrssicherheit ist die Bremsprüfung, welche auf dem Bremsprüfstand durchgeführt wird, eines der zentralsten Elemente der Nachprüfung. Dabei sollen Lieferwagen und Anhänger mit 75 Prozent des im Fahrzeugausweis eingetragenen Gesamtgewichts (Gesamtgewicht minus Leergewicht, davon 75 Prozent) vorgeführt werden. Wird das Fahrzeug nicht oder mit zu wenig Gewicht beladen, ist die Bremsprüfung nicht aussagekräftig und die Nachprüfung nicht durchführbar.

Lieferwagen werden mehrheitlich von Firmen gehalten, welche über die nötige Infrastruktur verfügen, um ihre Fahrzeuge wunschgemäss zu beladen. Private Haushalte, welche einen Anhänger besitzen, sind hingegen auf Dritthilfen angewiesen, um den Anhänger mit der nötigen Nutzlast beladen. Dabei werden von Privaten in Zeiten des Green Deals unnötige Kilometer in Kieswerke oder Baummärkte gefahren, um den Anhänger mit Schotter, Kies oder Paletten als benötigte Last beladen zu lassen. Daraus entstehen Kosten für das Be- und Entladen. Letzteres besteht meistens aus Handarbeit.

Will man sich als privater Eigentümer eines Anhängers den Weg zum im Beispiel erwähnten Kieswerk sparen, ist der Anhänger mit ein paar hundert Kilo zu beladen, was privat oftmals nicht zu bewerkstelligen ist. Wird der Anhänger nicht mit der gewünschten Nutzlast beladen, wird das Fahrzeug nicht geprüft und der Halter nach Hause geschickt.

Die Verabschiedung des Green Deals in der Oktobersession 2021 des Grossen Rats Graubünden verpflichtet Staat und Bevölkerung, Alltägliches zu hinterfragen und, wenn immer Potential besteht, Handlungen zu optimieren.

Der Regierung werden in diesem Zusammenhang nachfolgende Fragen gestellt:

  1. Sieht die Regierung eine Möglichkeit, bei den Fahrzeugprüfstellen des Kantons Gewichtselemente bereitzustellen, sodass der Fahrzeuginhaber diese vor der Nachkontrolle auf den Anhänger bzw. Lieferwagen laden kann?
  2. Wenn nein, sieht die Regierung eine andere Möglichkeit, dem Fahrzeughalter die geforderte Nutzlast für die Nachkontrolle zur Verfügung zu stellen?
  3. Ist die Regierung bereit zu prüfen, ob die Bremsprüfstände der Fahrzeugprüfstellen so ergänzt werden könnten, dass die Anhänger mittels Zurrgurten mit Ratschen im Bremsprüfstand in die Tiefe gezogen werden und so beim Bremstest die Last auf dem Anhänger simuliert werden könnte?

Chur, 8. Dezember 2021

Tomaschett (Breil), Favre Accola, Engler, Berther, Bondolfi, Brunold, Buchli-Mannhart, Caluori, Casty, Casutt-Derungs, Crameri, Danuser, Deplazes (Rabius), Dürler, Ellemunter, Epp, Gugelmann, Jochum, Koch, Kunfermann, Lamprecht, Maissen, Märchy-Caduff, Michael (Donat), Müller (Susch), Niggli-Mathis (Grüsch), Niggli (Samedan), Papa, Sax, Schmid, Schutz, Tanner, Tomaschett-Berther (Trun), Ulber, Widmer (Felsberg), Widmer-Spreiter (Chur), Wieland, Zanetti (Landquart), Brändli Capaul, Conrad-Roner, Fasani-Horath, Stocker

Antwort der Regierung

Gemäss Art. 33 Abs. 2 lit. c der Verordnung über die technischen Anforderungen an Strassenfahrzeuge (VTS; SR 741.41) müssen Anhänger mit einem Gesamtgewicht von über 0.75 t erstmals fünf Jahre, jedoch spätestens sechs Jahre nach der ersten Inverkehrsetzung, anschliessend nach drei Jahren, dann alle zwei Jahre geprüft werden. Im Jahr 2021 wurden in Graubünden 2 765 solcher Anhänger geprüft. Mit der amtlichen periodischen Nachprüfung wird unter anderem auch die Bremsanlage überprüft. Gemäss Anhang 7 Ziff. 22 VTS müssen Anhänger beladen und unbeladen mindestens eine Abbremsung von 50 % erreichen. Damit die Bremsen bei der Nachprüfung auf ihre Funktions- und Betriebssicherheit geprüft werden können, müssen Lastwagen, Lieferwagen und Anhänger mit mindestens 75 % des im Fahrzeugausweis eingetragenen Gesamtgewichts vorgeführt werden.

Um den Fahrweg für die erforderliche Nachprüfung möglichst kurz zu halten, stehen den Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter im Kanton Graubünden insgesamt neun Prüfstellen zur Verfügung. Mit diesem dichten Netz an Prüfstandorten werden die Bedürfnisse der gewerblichen wie auch der privaten Kundschaft optimal abgedeckt.

Zu Frage 1: Das Lagern von Gewichtselementen für das erforderliche Beladen von Lieferwagen und Anhängern benötigt viel Platz. Ein solcher ist bei den Prüfstellen nicht vorhanden und kann auch nicht geschaffen werden. Abgesehen davon, erfordert das Be- und Entladen von Lieferwagen und Anhängern personelle Ressourcen und entsprechende Infrastrukturen wie Gabelstapler, Paletten, Sicherungsmaterial etc.. Um den gesetzlichen Kontrollrhythmus einhalten zu können, bedarf es einer straff organisierten Disposition der Fahrzeugprüfungen. Die zur Verfügung stehende Prüfzeit für eine periodische Nachprüfung eines Anhängers bis 3,5 t beträgt 20 Minuten. Selbst wenn genügend Platz für die Lagerung von entsprechenden Gewichtselementen vorhanden wäre, würde den Verkehrsexperten die Zeit fehlen, um sich zusätzlich um die Infrastruktur und das Be- und Entladen von Anhängern zu kümmern.

Zu Frage 2: Wie in Frage 1 dargelegt, besteht aus mehreren Gründen keine Möglichkeit, entsprechende Gewichtselemente bereitzustellen. Verschiedene Fachbetriebe, Kiesgruben oder Baumärkte stellen geeignete Gewichtselemente oder Ballast für die erforderliche Beladung der Anhänger zur Verfügung. Im Interesse der Verkehrs- und Betriebssicherheit müssen die Fahrzeughalterinnen und Fahrzeughalter einen gewissen Aufwand auf sich nehmen.

Zu Frage 3: Auf dem Markt werden Bremsprüfstände mit Niederzugvorrichtungen, insbesondere für schwere Motorfahrzeuge, angeboten. Damit die Achsen mit Zurrgurten auf das nötige Gewicht abgespannt werden können, muss der Bremsprüfstand auf einer Prüfgrube installiert und mit einer Waage ausgestattet sein. Das Strassenverkehrsamt verfügt zwar in den Prüfstellen Chur und Samedan über entsprechende Prüfgruben. In Chur ist der Bremsprüfstand allerdings nicht auf der Prüfgrube montiert und in Samedan müsste ein komplett neuer Bremsprüfstand installiert werden. In den übrigen sieben Prüfstellen sind keine Prüfgruben vorhanden. Dem Strassenverkehrsamt fehlt somit die erforderliche Infrastruktur, um in den Prüfstellen die Bremsprüfstände mit Niederzugvorrichtungen zu ersetzen. Ungeachtet dessen, sind Prüfungen, die mit Bremsprüfständen mit Niederzugvorrichtungen durchgeführt werden, mit grossem Zeitaufwand verbunden. Jede Achse muss mit Zurrgurten auf das Gewicht runter gespannt, geprüft und wieder los gespannt werden. Eine solche Vorgehensweise bei der Kontrolle würde den aktuellen Zeitrahmen für die Prüfung von Lieferwagen und Anhängern sprengen und damit zu grossen Rückständen führen. Es fehlt folglich an der erforderlichen Infrastruktur sowie an den personellen Ressourcen. 

4. März 2022