Navigation

Inhaltsbereich

Session: 16.06.2022

Der E-Government Benchmark, den die EU-Kommission im Jahr 2020 vorgelegt hat, zeigt, wie es um die Digitalisierung der öffentlichen Hand in Europa steht. Der Report vergleicht den Fortschritt in der Digitalisierung der Verwaltung von 28 EU-Staaten sowie Island, Norwegen, Serbien, Montenegro, der Türkei und der Schweiz. Für die Schweiz zeigte die Erhebung mit Platz 30 von 36 eine ernüchternde Bestandsaufnahme.

In Beantwortung der «Anfrage Hohl betreffend Überarbeitung von Strategie und Organisation zur Forcierung der Digitalen Transformation in der Kantonalen Verwaltung» können die Zweifel der Unterzeichnenden an Ernsthaftigkeit und Bereitschaft der Regierung des Kantons Graubünden, die Digitale Transformation innerhalb der kantonalen Verwaltung konsequent, entschieden und mit hoher Priorität voranzutreiben, nicht entkräftet werden. Wenn vier Jahre nach Veröffentlichung der sogenannten «E-Government Strategie» (welche jedoch eher eine Teil-Strategie war und ist) zu den grössten Errungenschaften die «Fischfangstatistik-App», die elektronische Eingabe von Sportfonds-Gesuchen oder die Möglichkeit, das Fischereipatent einfach und unkompliziert online zu beziehen, gehören, dann erscheinen die Aussagen der Regierung lediglich als reine Lippenbekenntnisse.

Einzelne Departemente, Dienststellen oder Ämter scheinen die Digitalisierung zwar auch in Graubünden konsequent und mit hoher Priorität vorantreiben zu wollen (Beispiel Management in der Corona-Pandemie), in anderen Bereichen (Beispiel Meldeprozess der Kandidaten für die Grossratswahlen im neuen Wahlsystem) scheinen die Zeichen der Zeit aber bei weitem noch nicht erkannt worden zu sein. Eine durchgängige und übergeordnete Strategie, eine ambitionierte Priorisierung auf Stufe Regierung und der nötige Druck über die gesamte Verwaltung scheinen nicht oder unzureichend vorhanden zu sein.

Die digitale Verwaltung sei nicht primär eine Frage der Technologie, sondern der Organisation, wie das aktuelle nationale E-Government-Strategiepapier feststellt. Es erstaunt, dass die Regierung insbesondere in diesem Bereich keinen Handlungsbedarf im Kanton Graubünden erkennt.

Die Unterzeichnenden beauftragen daher die Regierung:

  1. Die E-Government-Strategie wird wie von der Regierung aufgezeigt mit hoher Priorität ausgearbeitet und aufgrund der Wichtigkeit der Thematik dem Grossen Rat zur Kenntnisnahme und Diskussion vorgelegt.
  2. Gleichzeitig wird dem Grossen Rat aufgezeigt,

a.        welche Massnahmen ergriffen werden, um die digitale Transformation gegenüber heute deutlich zu beschleunigen und welche Mittel dazu benötigt werden;

b.       welche Massnahmen zur Beschleunigung in welchem Zeitraum umgesetzt werden;

c.        welche Anpassungen der organisatorischen und strategischen Eingliederung der heutigen Fachstelle E-Government in der Verwaltung geprüft wurden;

d.       wie das Controlling und die Berichterstattung der Umsetzung der neuen Strategie umgesetzt und der Grosse Rat davon in Kenntnis gesetzt werden.

Chur, 16. Juni 2022

Hohl, Koch, Derungs, Bär, Berther, Berweger, Bettinaglio, Bigliel, Brandenburger, Cahenzli (Sagogn), Casutt-Derungs, Caviezel (Chur), Censi, Della Cà, Deplazes (Rabius), Dürler, Ellemunter, Engler, Epp, Favre Accola, Felix, Flütsch, Föhn, Gort, Grass, Gugelmann, Hardegger, Hartmann-Conrad, Hefti, Heini, Hitz-Rusch, Holzinger-Loretz, Hug, Jochum, Kasper, Kienz, Kohler, Kunz (Fläsch), Kunz (Chur), Kuoni, Lamprecht, Loepfe, Loi, Mittner, Natter, Niggli-Mathis (Grüsch), Papa, Pfäffli, Roner, Ruckstuhl, Rüegg, Salis, Sax, Schmid, Stiffler, Thomann-Frank, Thür-Suter, Tomaschett-Berther (Trun), Weidmann, Wellig, Widmer-Spreiter, Wieland, Zanetti (Landquart)

Antwort der Regierung

Die Regierung ist bestrebt, die Digitalisierung verwaltungsweit mit hoher Priorität voranzutreiben. Dieser Umstand wird nicht zuletzt mit Blick auf den aktuellen Umsetzungsplan deutlich. Derzeit befinden sich über 30 Projekte im Bereich der Steuern, des Strassenverkehrsamts, des Baubewilligungsverfahrens, der Sozialdienste, des Bewertungswesens, der Stipendien, der Ausländerbewilligungen und Einbürgerungen und E-Voting – um nur einige zu nennen – in Planung oder in Umsetzung und werden in den kommenden Jahren der Öffentlichkeit schrittweise zur Verfügung gestellt. Eine zentrale Komponente bildet dabei das sogenannte «ePortal», auf dem die künftigen digitalen Leistungen für die Bevölkerung und für die Wirtschaft angeboten werden. Zusammen mit dem Identity and Access Management System (IAM), mit dem die Nutzenden identifiziert und die Zugriffe auf die digitalen Leistungen gesteuert werden, stellt das ePortal die Basis-Infrastruktur der kantonalen E-Government-Landschaft dar und wird voraussichtlich im Jahr 2024 – ausgestattet mit ersten Fachapplikationen – der breiten Bevölkerung zur Verfügung stehen. Das ePortal wird den Austausch zwischen dem Kanton Graubünden und den Bürgerinnen und Bürger wesentlich vereinfachen und zeit- resp. ortsunabhängiger gestalten. Wie bereits in der Antwort der Regierung zur Anfrage Hohl ausgeführt, ist die Realisierung von Digitalisierungsvorhaben allerdings äusserst zeit- und ressourcenintensiv. Projekte zeichnen sich in vielen Fällen durch ihre hohe technische und administrative Komplexität aus. Da sensible Daten bearbeitet werden, ist dem Datenschutz bzw. der Datensicherheit besonderes Augenmerk zu schenken.

Zudem sind die rechtlichen Grundlagen zu schaffen, welche eine digitale Abwicklung der Verfahren überhaupt erst ermöglichen. Die Vernehmlassung zum Erlass eines Gesetzes über das E-Government (E-Government-Gesetz, E-Gov-G; BR 177.100) wurde am 15. August 2022 gestartet und ist zur Beratung im Grossen Rat in der zweiten Hälfte des Jahres 2023 vorgesehen.

Zu Punkt 1: Die Erarbeitung der neuen E-Government-Strategie hat mit Unterstützung einer externen Beratung bereits begonnen. Dabei werden alle Aspekte der aktuellen Strategie (inkl. Organisation) kritisch hinterfragt und aktuelle Entwicklungen berücksichtigt. Ziel ist es, die neue E-Government-Strategie im 2023 zu verabschieden. Dies ist grundsätzlich eine Aufgabe der Exekutive. Es ist jedoch davon auszugehen, dass die Umsetzung der neuen E-Government-Strategie mit der gewünschten Priorisierung nicht mit den vorhandenen finanziellen und personellen Ressourcen zu bewerkstelligen ist. Entsprechende Anträge zur Erhöhung der Ressourcen werden dem Grossen Rat in einem Bericht zum Entscheid unterbreitet. 

Zu den Punkten 2a bis 2d: Seit der Inkraftsetzung der aktuellen E-Government-Strategie konnten bereits einige Vorhaben umgesetzt werden. Wie bereits einleitend erwähnt, werden in den kommenden Jahren weitere Projekte folgen, die der Bündner Bevölkerung und den heimischen Unternehmen einen spürbaren Mehrwert bieten werden. Es liegt auf der Hand, dass mit zusätzlichen finanziellen und insbesondere personellen Mitteln E-Government-Vorhaben beschleunigt werden könnten. Wie zu Punkt 1 erwähnt, werden entsprechend begründete Anträge dem Grossen Rat zum Entscheid unterbreitet.

Das Controlling erfolgt derzeit über eine jährliche detaillierte Berichterstattung zuhanden der Regierung im vierten Quartal. Der Grosse Rat wird jeweils im Rahmen der Erfolgskontrolle zum Jahresprogramm informiert.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

7. September 2022