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Session: 19.10.2022

Bündner Tourismusdestinationen positionieren sich strategisch im Bereich Mountainbike, namentlich, aber nicht nur, auch das Oberengadin. Dort zum Bespiel wurde zwischen 2012 und 2019 mit dem Bau von drei Flowtrails in St. Moritz, Trails in Silvaplana und Zuoz, dem Ausbau der Berninaroute und der Instandsetzung und Optimierung von Wanderwegen ein gutes Grundangebot für den Mountainbikesport geschaffen. Seit 2020 ist es schwieriger geworden, neue Mountainbikeprojekte bewilligt zu erhalten. Gesuche wurden abgewiesen. Gemäss den Verantwortlichen von Tourismusdestinationen sollen namentlich das kantonale Amt für Umwelt und die Umweltschutzorganisationen das Fehlen von Planungsinstrumenten (Richtplan, Generelle Erschliessungspläne) bemängeln. Die Erstellung solcher Instrumente beziehungsweise deren Revision oder Ergänzung sowie die hierzu erforderlichen Beschlüsse von Gemeindeversammlungen / -parlamenten und in Urnenabstimmungen sowie das Genehmigungsverfahren der Regierung erweisen sich aber als ausserordentlich zeitraubend. Mehrere Jahre sind das absolute Minimum. Das führt dazu, dass man heute neue Projekte nur noch zögernd überhaupt initialisiert. In anderen Destinationen dürfte eine ähnliche Situation bestehen.

Der Mountainbikesport hat sich in den letzten Jahren rasant entwickelt. Ein Ende dieser Entwicklung ist nicht abzusehen. Die Anzahl Biker hat sich in den letzten Jahren vervielfacht.

Wir stellen der Regierung in diesem Zusammenhang folgende Fragen:

  1. Ist es bundesrechtlich nötig, dass zunächst regionale Richtpläne und kommunale Generelle Erschliessungspläne zu erstellen sind, bevor Bewilligungen für neue Mountainbiketrails erteilt werden können?
    • Wenn ja, wie liesse sich das Verfahren für die Realisierung dieser Pläne auf ein bürokratisch und zeitlich absolutes Minimum reduzieren?
    • Wenn nein, warum verlangt der Kanton denn heute im Gegensatz zu früher (bis 2019) zunächst diese Pläne?
  2. Ist die Regierung bereit, im Rahmen des übergeordneten Rechts die heutigen Rechtsgrundlagen (Bewilligungsvoraussetzungen, Verfahrensabläufe) rasch einer Überprüfung zu unterziehen und sofern möglich auf Verordnungsstufe Massnahmen umzusetzen oder notwendigenfalls auf Gesetzesstufe einen Vorschlag zu unterbreiten, um die erwünschte Effizienz zu erreichen?

Chur, 19. Oktober 2022

Metzger, Berweger, Binkert, Altmann, Bachmann, Bavier, Bergamin, Berther, Bettinaglio, Biert, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Butzerin, Candrian, Casutt, Censi, Collenberg, Cortesi, Crameri, Danuser (Cazis), Della Cà, Derungs, Dürler, Epp, Furger, Gansner, Gort, Grass, Hartmann, Hefti, Hohl, Hug, Jochum, Kasper, Kienz, Koch, Kocher, Krättli, Lamprecht, Lehner, Loepfe, Luzio, Maissen, Mani, Menghini-Inauen, Michael (Castasegna), Morf, Nicolay, Pfäffli, Rauch, Roffler, Salis, Schutz, Sgier, Tomaschett, Ulber, Walser, Weber, Wieland, Zanetti (Sent)

Antwort der Regierung

Zu Frage 1: Gemäss Art. 2 des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG; SR 700) besteht für raumwirksame Aufgaben eine Planungspflicht. Bauten und Anlagen ausserhalb der Bauzonen, die nicht zonenkonform sind, können zudem nur bewilligt werden, wenn sie standortgebunden sind und ihnen keine überwiegenden Interessen entgegenstehen (Art. 24 RPG). Die Begründung der Standortgebundenheit und die Abwägung der betroffenen Interessen erfolgt über die Planungsinstrumente der Raumplanung. Planungspflicht, Interessenabwägung und Standortgebundenheit sind Vorgaben des Bundesrechts, die auch auf Bikeprojekte anzuwenden sind. Die stufengerechte Umsetzung dieser Vorgaben obliegt den Kantonen. Die Praxis für den Kanton Graubünden in Beachtung der rechtlichen Vorgaben ist in der Wegleitung "Mountainbike und Raumplanung" beschrieben. Diese wurde 2012 publiziert und 2015 überarbeitet. Seither ist weder eine Änderung der Praxis noch eine Änderung der Rechtslage erfolgt. Die Wegleitung berücksichtigt die tatsächlichen und rechtlichen Rahmenbedingungen umfassend und trägt zur Effizienz im Vollzug bei. Je nach Komplexität des Vorhabens gelten unterschiedliche Anforderungen: ein Eintrag im Regionalen Richtplan (RRIP) ist nur für neu zu bauende Bike-Routen (Wege) mit erhöhtem, auch gemeindeübergreifenden Koordinationsbedarf erforderlich. Bikeanlagen wie Downhill- und Freeride-Pisten oder sogenannte Flowtrails bedürfen in der Regel keiner Grundlage im RRIP, jedoch eines Eintrags im Generellen Erschliessungsplan (GEP) der Gemeinde. Signalisationen auf bestehenden Wegen sind gemäss Art. 40 Abs. 1 der Raumplanungsverordnung für den Kanton Graubünden (KRVO; BR 801.110) bewilligungsfrei.

Zeitliche Verzögerungen entstehen nicht wegen aufwendiger Verfahren, sondern wegen räumlicher Konflikte. Mountainbiken hat, unter anderem wegen des E-Bike-Booms, stark zugenommen. Dies führt zwangsläufig auch zu mehr Konflikten mit anderen Nutzungs- und Schutzinteressen. Zeitgewinne sind möglich, wenn die betroffenen Interessen umfassend und frühzeitig in die Lösungsfindung eingebracht und einbezogen werden. Ein Ansatz zur Konfliktminimierung und damit auch zur Verfahrensbeschleunigung – und zwar dort, wo eine Koexistenz sich nicht bewährt hat bzw. nicht möglich ist oder wo sich die Gelegenheit durch ausreichende attraktive Wege bietet – sind räumliche Entflechtungen, indem z. B. in den einen Teilen einer Destination das Mountainbiken stärker forciert wird und in den anderen eher das Wandern. Der RRIP ist ein geeignetes Instrument, um solche Prioritätensetzungen überörtlich abzustimmen. Ein anderer Ansatz sind Entflechtungen mit getrennten Wegnetzen oder Umfahrungen von sensiblen Gebieten. Der GEP ist ein geeignetes Instrument, um solche Entflechtungen zu verankern, demokratisch zu legitimieren und schliesslich grundeigentümerverbindlich festzulegen. Ohne entsprechende Festlegungen im GEP müssten neue Mountainbikewege eine relative Standortgebundenheit aufweisen, um im Rahmen des BAB-Verfahrens bewilligt werden zu können. Dies führt in anderen Kantonen, die keinen GEP kennen, regelmässig zu Problemen und im Falle von Einsprachen auch zu Verfahrensverzögerungen. Wie der Erfahrungsaustausch an diversen Fachtagungen (z. B. dem jährlich stattfindenden Ride-Kongress in Davos) oder der graubündenMOBIL Fachtagung Langsamverkehr) und in Fachgremien (z. B. Kommission Nutzungsplanung der Kantonsplanerkonferenz) gezeigt hat, bringt das Planungsinstrument des GEP grosse Vorteile mit sich und beschleunigt die Realisierung von Bikeprojekten letztlich sogar, zumal diese dadurch der gerichtlichen Überprüfung eher standhalten.

Zu Frage 2: Die vorbeschriebene Regelung hat sich in der Praxis bewährt. Die Regierung sieht daher keinen Bedarf zur Anpassung des geltenden kantonalen Rechts. Auch sind keine Handlungsspielräume im Rahmen des Bundesrechts ersichtlich, die zu Verbesserungen führen würden. Das Amt für Raumentwicklung ist auf Anfrage gerne bereit, die Regionen und Gemeinden bei ihren Planungen zu Mountainbikeprojekten beratend zu unterstützen.

22. Dezember 2022