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Session: 07.12.2022

Eine Studie im Auftrag der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) zeigt, dass junge Personen in der Schweiz in vielen verschiedenen Formen politisch aktiv sind. Darüber hinaus zeigt die Studie, dass die Motivationsgründe für politische Mitwirkung ebenso unterschiedlich sind. Verbesserungspotential sehen die Jugendlichen vor allem bei einer Stärkung der politischen Bildung, beim Abbau von Zugangsbarrieren zu bestehenden Angeboten und bei der Schaffung von Lernräumen für die politische Partizipation.

Die von der EKKJ in Auftrag gegebene Studie «Politische Partizipationsformen und Motivation von Jugendlichen sich zu engagieren» geht von einem weit gefassten Verständnis von politischer Partizipation aus, welches explizit auch nicht-institutionelle Beteiligungsformen und digitale Formate umfasst, die allen Jugendlichen offenstehen. Dazu gehören Jugendparlamente und Klassenräte, partizipative Projekte zum Bau eines Velowegs, ein Kulturfestival zum Thema Rassismus oder ein Austausch mit Personen aus der lokalen Politik, aber auch Meinungsbildung im Freundeskreis, bewusster Konsum (z. B. Boykott), Demonstrationen oder Unterschriftensammlungen. Die politische Partizipation von jungen Menschen ist denn auch entsprechend vielseitig.

Die Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ) hat basierend auf diesen Ergebnissen folgende Empfehlungen zur Förderung der politischen Partizipation von Jugendlichen erarbeitet:

  • Lebenswelt der jungen Menschen beachten,
  • politisches Interesse wecken,
  • Zugang zu Angeboten erleichtern,
  • Lernräume für politische Partizipation schaffen,
  • politische Bildung in der Schule fördern,
  • ernsthafte, wirkungsvolle Partizipation ermöglichen.

Vor diesem Hintergrund wollen die Unterzeichnenden von der Regierung wissen:

  1. Wie beurteilt die Regierung die Ergebnisse der Studie?
  2. Werden die obengenannten Empfehlungen der EKKJ vom Kanton geprüft und allenfalls Massnahmen daraus abgeleitet?
  3. Welche zusätzlichen Potentiale der Förderung politischer Bildung bei Jugendlichen leitet die Regierung aus der erwähnten Studie ab?

Chur, 7. Dezember 2022

Collenberg, Rettich, Righetti, Bardill, Baselgia, Berther, Bettinaglio, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Brandenburger, Brunold, Censi, Crameri, Danuser (Chur), Danuser (Cazis), Della Cà, Derungs, Epp, Föhn, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Kocher, Kohler, Kreiliger, Lamprecht, Maissen, Mani, Mazzetta, Michael (Donat), Nicolay, Pajic, Preisig, Rageth, Rusch Nigg, Rutishauser, Saratz Cazin, Sax, Schneider, Spagnolatti, Tomaschett, Widmer, Zanetti (Sent), Zindel

Antwort der Regierung

Im Kanton Graubünden bestehen mehrere Anknüpfungspunkte zum Thema Jugendliche und Politik. Hauptanknüpfungspunkt bildet das kantonale Programm der Kinder- und Jugendpolitik, welches im Jahr 2019 mit der Gesuchseingabe nach Art. 26 des Bundesgesetzes über die Förderung der ausserschulischen Arbeit mit Kindern und Jugendlichen (KJFG, SR 446.1) initiiert wurde. Um die Grundlagen des kantonalen Programms der Kinder- und Jugendpolitik zu entwickeln, wurde im Jahre 2020 eine Bestandsaufnahme und Bedarfsanalyse durchgeführt. Die Ergebnisse zeigten, dass die Jugendlichen wenig Möglichkeiten zur politischen Partizipation haben. Dementsprechend wurde die Massnahmenplanung so ausgestaltet, um die Partizipationsmöglichkeiten von Kindern und Jugendlichen zu stärken. Weiter dient das im Jahre 2021 verabschiedete Leitbild dem Aufbau und Weiterentwicklung der Kinder- und Jugendpolitik und baut auf den drei Handlungsfeldern Förderung, Schutz und Partizipation auf.

Bereits vor Bestehen des kantonalen Programms der Kinder- und Jugendpolitik verfolgte der Kanton in der Zusammenarbeit mit dem Dachverband jugend.gr die Förderung der Partizipation im Rahmen der offenen Jugendarbeit. In der Leistungsvereinbarung 2019–2022 wurde ein Projekt zum Thema Partizipation angestossen und von jugend.gr mit weiterer Unterstützung initiiert. Im aktuell laufenden Leistungsvertrag 2023–2026 erhielt die Förderung der Partizipation nochmals einen grösseren Stellenwert und damit wird auch der Abschluss des genannten Projekts sichergestellt. Die Kinder- und Jugendpartizipation wird damit auf kommunaler Ebene thematisiert. In der Folge werden Instrumente entwickelt, welche es Kindern und Jugendlichen ermöglichen sich in kommunale Prozesse einzubringen. Die dazugehörigen Kompetenzen werden von Seiten der Volksschule, mit der Einführung des Lehrplans 21 ab Schuljahr 2018/19 in mehreren Fächern ab der 1. Klasse, verstärkt gefördert. Weiter konnte der Kanton Graubünden engagierte Personen aus Politik und Verwaltung in interkantonalen Gremien einbringen, wie z. B. der Konferenz der Kinder- und Jugendpolitik, der Fachkonferenz der Citoyenneté oder der Eidgenössischen Kommission für Kinder- und Jugendfragen (EKKJ). Dadurch können Entwicklungen frühzeitig aufgenommen und mitgestaltet werden.

Zu Frage 1 und 2: Die Studie der EKKJ zeigt, politisch interessiert und engagiert sind vor allem jene Jugendlichen, die sich gehört, gesehen und ernst genommen fühlen. Integration, Anerkennung, Förderung des Selbstbewusstseins sind in allen Lebensbereichen der Jugendlichen im Alltag wichtig. Die Ergebnisse der Studie decken sich in weiten Teilen mit der Bündner Bestandsaufnahme von 2020. Im Rahmen der Kinder- und Jugendpolitik verabschiedete die Regierung mehrere Massnahmen zur Stärkung der Partizipation: Förderung des UNICEF-Labels "Kinderfreundliche Gemeinde" in Kooperation mit jugend.gr, Workshops an Sek I/II-Schulen anlässlich des Neuen Wahlsystems mit einem eigens für Graubünden entwickelten Wahlspiel und Bereitstellung von Unterrichtsmaterialien in Kooperation mit dem Dachverband der Schweizer Jugendparlamente (DSJ) und die Durchführung eines Bildungs- und Vernetzungsanlasses von etablierten Partizipationsprojekten wie beispielsweise dem Mädchen*parlament, Jugendkommission Safiental, dem Label Jugendfreundliches Bergdorf, dem Jugendrat Bistum Chur oder der Jugendsession Graubünden.

Zu Frage 3: Für eine nachhaltige und langfristige Weiterentwicklung der kantonalen Kinder- und Jugendpolitik stösst man mit den bestehenden rechtlichen Grundlagen, insbesondere dem Pflegekindergesetz (BR 219.050) aus dem Jahr 2007, an Grenzen. Zwecks Ausgestaltung einer ganzheitlichen Kinder- und Jugendpolitik beabsichtigt die Regierung eine Revision des Pflegekindergesetzes, respektive der Schaffung einer neuen Rechtsgrundlage für die Kinder- und Jugendpolitik in Graubünden. Aus finanzieller Perspektive ermöglicht die Revision eine zielgerichtete und zweckmässige Steuerung und damit verbunden eine Verbesserung des Angebots für Kinder und Jugendliche in den Handlungsfeldern Förderung, Schutz und Partizipation.

22. Februar 2023