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Session: 07.12.2022

Am 1. Mai 2014 trat das von der Schweizer Stimmbevölkerung mit grosser Mehrheit im Jahr 2013 beschlossene, revidierte Raumplanungsgesetz des Bundes (RPG) in Kraft. Gemäss Art. 15 Abs. 2 dieses Gesetzes sind überdimensionierte Bauzonen zu reduzieren, um die Zersiedelung der Landschaft zu stoppen. Eine Aufgabe, die im Kanton Graubünden in enger Zusammenarbeit mit den Regionen und den Gemeinden erledigt werden muss.

Das ist eine anspruchsvolle Aufgabe sowohl für die Planungsbehörden auf kommunaler als auch auf kantonaler Ebene. Im Rahmen einer Ortsplanungsrevision unterbreiten die Gemeinden zuerst die Entwürfe der genehmigungspflichtigen Pläne und die weiteren Unterlagen der kantonalen Fachstelle zur Vorprüfung (Art. 12 Abs. 1 KRV0). Diese Vorprüfung darf gemäss Verordnung bei einer Totalrevision 6 Monate und bei einer Teilrevision 2 Monate (Art. 12 Abs. 2 KRVO) dauern. Nach Abschluss des Vorprüfungsverfahrens folgt die Mitwirkungsauflage auf Ebene der Gemeinden (Art. 13 Abs. 1 KRV0). Anschliessend erfolgen die Volksabstimmung und schliesslich die Genehmigung durch die Regierung. Rechtsmittel können zu weiteren erheblichen Verzögerungen führen. Gegenwärtig stecken sehr viele Gemeinden in einer Teil- oder Totalrevision.

Die Arbeit, die mit dieser Revision (RPG 1) auf die verschiedenen kantonalen Fachstellen, die Planungsbüros, die Gemeinden und weitere betroffene Stellen zugekommen ist, ist gross. Sie dürfte noch zunehmen. Dies schon deshalb, weil bald die Umsetzung der zweiten Etappe der Teilrevision des Raumplanungsgesetzes (RPG 2, Bauen ausserhalb der Bauzone) ansteht.

Viele Gemeinden warten derzeit auf den Vorprüfungsbericht des Kantons. Die Verfahrensdauer beträgt häufig weit über 2 beziehungsweise 6 Monate. Andere Gemeinden warten teilweise über ein Jahr auf die abschliessende Genehmigung durch die Regierung. Diese langen Wartezeiten blockieren wichtige Entwicklungen und Veränderungen. Die Gemeinden können nicht mehr innert nützlicher Frist auf aktuelle Anforderungen reagieren. Die Standortqualität sinkt für Einheimische und Gäste, für Unternehmen und Private. Das kann sich Graubünden nicht leisten.

Die aktuellen Bearbeitungsdauern müssen zwingend verkürzt werden. Die gesetzlichen Vorgaben (2 beziehungsweise 6 Monate) und die Notwendigkeit, die Genehmigungen zügig zu bearbeiten, sind ernst zu nehmen und einzuhalten. Dazu sind Vereinfachungen und Straffungen der Verfahren, Fristen auch für interne Abläufe zu prüfen, ebenso wie eine zeitlich limitierte Aufstockung des Personals, Fristen für Eingaben oder die Teilumsetzung prioritärer Planungsmassnahmen.

Definitiv keine Lösung ist es, die Totalrevisionen gegenüber den Teilrevisionen prioritär zu behandeln. Damit werden entscheidende Projekte in den Gemeinden wie z. B. Wohnungen für Erstwohnende oder die Schaffung von Flächen für das Gewerbe verunmöglicht. Wenn wir die nächsten Jahre raumplanerisch mit Warten verbringen, statt uns den Anforderungen der Zukunft zu stellen, wird Graubünden zu den Verlierern zählen.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung, dem Grossen Rat konkrete Vorschläge für die Behebung dieser Mängel zu unterbreiten, mit dem Ziel, die Verfahren zu beschleunigen, damit der Kanton und die Gemeinden handlungsfähig sind und bleiben.

Chur, 7. Dezember 2022

Kocher, Wilhelm, Gort, Adank, Altmann, Atanes, Bardill, Bergamin, Berweger, Bettinaglio, Biert, Brandenburger, Bundi, Cahenzli (Trin Mulin), Cahenzli-Philipp (Untervaz), Candrian, Casutt, Censi, Claus, Collenberg, Cortesi, Danuser (Chur), Degiacomi, Della Cà, Favre Accola, Föhn, Furger, Gansner, Grass, Gredig, Hartmann, Hefti, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kasper, Kienz, Krättli, Kuoni, Lehner, Loi, Luzio, Menghini-Inauen, Messmer-Blumer, Michael (Castasegna), Mittner, Morf, Natter, Nicolay, Oesch, Pfäffli, Preisig, Rageth, Rauch, Rettich, Rodigari, Roffler, Rüegg, Rusch Nigg, Rutishauser, Salis, Saratz Cazin, Schutz, Sgier, Stiffler, Stocker, Thür-Suter, von Ballmoos, Walther, Weber, Wieland, Zindel

Antwort der Regierung

Wie im Auftrag zutreffend festgestellt wird, fordert die Komplexität der planerischen Umsetzung und der bundesrechtlichen Vorgaben alle am Planungsprozess beteiligten Parteien in erhöhtem Mass. Dies zeigt sich insbesondere daran, dass eine Vielzahl der Gemeinden die im Kantonalen Richtplan festgesetzte Frist zur Umsetzung der ersten Etappe der Revision des Bundesgesetzes über die Raumplanung (RPG 1) voraussichtlich nicht werden einhalten können. Die Dauer der Verfahren zur kantonalen Vorprüfung resp. Genehmigung von Nutzungsplanungen hängt von verschiedenen Faktorenab (vgl. Antwort der Regierung auf Anfrage Gort vom 17. Oktober 2022; Protokoll Nr. 800/2022). Zunächst ist zu vergegenwärtigen, dass der Kanton an die allgemeinen und spezialgesetzlichen Verfahrensbestimmungen gebunden ist. Da den Verfahrensbeteiligten das rechtliche Gehör zu gewähren ist und oft lange Schriftenwechsel erfolgen (die vom Kanton nicht beeinflusst werden), verlängert sich das Genehmigungsverfahren entsprechend. Dieser Umstand kommt insbesondere deshalb zum Tragen, weil gegen OP-Gesamtrevisionen, in denen Auszonungen beschlossen werden, regelmässig zahlreiche Planungsbeschwerden erhoben werden. Weiter ergibt sich der von der Genehmigungsbehörde anzuwendende Prüfungsmassstab aus den rechtlichen Vorgaben (vgl. Art. 26 des Bundesgesetzes über die Raumplanung, RPG; SR 700): Ortsplanungen müssen mit den – durch RPG 1 erweiterten – Vorgaben des RPG, des funktionalen Raumplanungsrechts sowie des Raumplanungsgesetzes für den Kanton Graubünden (KRG; BR 801.100) übereinstimmen. Bereits im Rahmen der Vorprüfung ist eine entsprechende Prüfung der Genehmigungsfähigkeit durchzuführen. Eine gestaffelte Genehmigung von Teilen einer Ortsplanung (i.S.v. Art. 49 Abs. 4 KRG) ist schliesslich nur dann zulässig, wenn keine präjudizierenden Auswirkungen auf das weitere Genehmigungsverfahren zu erwarten sind und der Grundsatz der gesamtheitlichen Prüfung nicht verletzt wird; davon kann bei Gesamtrevisionen aufgrund von RPG 1 regelmässig nicht ausgegangen werden. Angesichts dieser gesetzlichen Vorgaben ist eine Vereinfachung und Straffung der Verfahren nur eingeschränkt möglich. Seit Erlass des Kantonalen Richtplans Siedlung und der Revision des KRG im Jahr 2018 wurden allerdings verschiedene Werkzeuge und Arbeitshilfen seitens des Kantons erarbeitet, um die rechtlichen Rahmbedingungen aufzuzeigen und den Gemeinden dadurch die Planung zu erleichtern. Das Amt für Raumentwicklung (ARE) entwickelt laufend Standardisierungen und Automatisierungen und setzt diese um, beispielsweise in Form von automatisierten Prüfungen digitaler Daten sowie von Mustertexten. Allerdings muss die Rechtskonformität der vorgelegten Planung (insbesondere hinsichtlich der neuen Vorgaben von RPG 1 betreffend Dimensionierung, Mobilisierung und Verdichtung der Bauzonen) von der Gemeinde hinreichend begründet werden, damit überhaupt eine Prüfung vorgenommen werden kann. Soweit die Planungsunterlagen nicht in der erforderlichen Begründungstiefe vorgelegt werden, sind zusätzliche, oftmals zeitintensive Abklärungen sowie Anhörungen der Gemeinden erforderlich. Die Dauer des Verfahrens hängt somit direkt von der Qualität der Planung ab. Der Kanton ist somit nicht die massgebende Schnittstelle bei der Frage nach möglichen verfahrensbeschleunigenden Massnahmen. Damit soll jedoch nicht in Abrede gestellt werden, dass die derzeitige "Planungswelle" auch die zuständigen kantonalen Stellen an ihre personellen Kapazitätsgrenzen geführt hat. Es ist zudem davon auszugehen, dass in den kommenden Jahren die Belastung weiter zunimmt. Dies insbesondere aufgrund der zusätzlichen Aufgaben im Zusammenhang mit hochalpinen Freiflächenanlagen (Solarexpress) sowie aufgrund allfälliger zusätzlicher Arbeiten im Zusammenhang mit der anstehenden zweiten Etappe der Revision des RPG betreffend Bauen ausserhalb der Bauzonen (RPG 2). Vor diesem Hintergrund prüft das ARE über den ordentlichen Stellenschaffungsprozess personelle Aufstockungen im Rahmen der Budgetvorgaben. Die Erhöhungen werden in der Dezembersession im Rahmen des Budgets 2024 vorgelegt. Zu bemerken bleibt, dass sich der Stellenmarkt schwierig zeigt und zudem für Neuangestellte mit einer einjährigen Einarbeitungszeit zu rechnen ist. Somit sind die möglichen Massnahmen auf Kantonsebene bereits in Umsetzung und werden Ende 2023 dem Grossen Rat vorgelegt. Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

16. Februar 2023