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Session: 15.02.2023

Invasive Neophyten sind eine grosse Herausforderung für Gemeinden und Private, aber auch für die Landwirtschaft. Auf Biodiversitätsförderflächen und in der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) sind sie zunehmend ein Problem. Für eine erfolgreiche Bekämpfung der Problempflanzen braucht es ein rasches und konsequentes Handeln wie auch ein koordiniertes Vorgehen auf allen betroffenen Flächen.

«Für die Landwirtschaft werden Neophyten zunehmend zu einem Problem, da sie sich auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ausbreiten, Futterpflanzen verdrängen und damit die Futterqualität vermindern», das schreibt die Regierung in ihrer Antwort auf die Anfrage Stocker betreffend Neophyten-Management in Graubünden vom 27.8.2021. Insbesondere das Einjährige Berufkraut (Erigeron annuus) breitet sich zunehmend aus, wie das Monitoringprogramm «Arten und Lebensräume Landwirtschaft» von Agroscope zeigt. Auch in Graubünden sind immer mehr Wiesen und Weiden mit grossen Beständen von Einjährigem Berufkraut bekannt. «Die Ausbreitung sollte nicht weiter fortschreiten», schreibt das Amt für Natur und Umwelt auf seiner Webseite.

Gemäss Direktzahlungsverordnung ist die Landwirtschaft verpflichtet, die Ausbreitung von Problempflanzen oder invasiven Neophyten auf Flächen der Qualitätsstufe I zu bekämpfen (Art. 58 DZV, Abs. 3). Neophyten-Vorkommen in Biodiversitätsförderflächen können eine Reduktion von Qualitätsbeiträgen zur Folge haben. Flächen mit grossen Beständen an invasiven Neophyten können aus der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ausgeschlossen werden (Art. 16 LBV). Verschiedene Kantone haben darum Konzepte erarbeitet und das Vorgehen wie Zuständigkeit, Meldepflicht, Bekämpfung, Kontrolle, Festlegung der Schwellenwerte für die Problempflanzen und invasiven Neophyten auf der Landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) festgelegt.

Deshalb möchten die Unterzeichnenden von der Regierung wissen:

  1. Gibt es einen kantonalen Aktionsplan für die Bekämpfung der Problempflanzen und Neophyten auf der Landwirtschaftlichen Nutzfläche?
  2. Hat das ALG das Vorgehen bei der Bekämpfung der Problempflanzen und invasiven Neophyten auf der LN festgelegt?
  3. Wie werden die Massnahmen für eine effektive Neophytenbekämpfung zwischen dem ALG und dem ANU koordiniert?
  4. Wie gedenkt der Kanton die Ausbreitung der Neophyten von privaten Liegenschaften und/oder nichtlandwirtschaftlichen Flächen auf die landwirtschaftliche Nutzfläche einzuschränken und diesbezüglich die Handhabung für die beeinträchtigten LN zu regeln?

Chur, 15. Februar 2023

Mazzetta, Rusch Nigg, Gansner, Atanes, Bachmann, Bardill, Baselgia, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Censi, Degiacomi, Dietrich, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Hofmann, Kappeler, Kreiliger, Luzio, Nicolay, Pajic, Perl, Preisig, Rageth, Rettich, Rutishauser, Saratz Cazin, Schutz, von Ballmoos, Walser, Wieland, Zanetti (Sent), Zaugg-Ettlin

Antwort der Regierung

Neophyten werden zunehmend zu einem Problem, wenn sie sich auch auf der landwirtschaftlichen Nutzfläche (LN) ausbreiten, hochwertige Futterpflanzen verdrängen und die Biodiversität bedrohen. Sie breiten sich aber auch ausserhalb der LN, im Siedlungsgebiet, entlang von Verkehrsträgern und im Wald aus. Deshalb ist eine koordinierte Bekämpfung unabdingbar.

Zu Frage 1: Die Bezeichnung «kantonaler Aktionsplan» wird nicht verwendet. Das Amt für Natur und Umwelt (ANU) ist gemäss Regierungsbeschluss (RB) vom 9. Mai 2000 (Prot. Nr. 798/2000) für die Gesamtkoordination und den Vollzug der Freisetzungsverordnung (FrSV; SR 814.911) zuständig. Zusammen mit dem Amt für Wald und Naturgefahren (AWN) hat das ANU 2009 die Strategie zu invasiven Neophyten an die im Jahr 2008 revidierte FrSV angepasst. In den Jahresberichten des ANU zum Thema invasive gebietsfremde Pflanzen in Graubünden erfolgt neben Rückblick und Analyse der Entwicklung auch ein iterativer Prozess zur Validierung und Anpassung dieser Strategie. Die Landwirtschaft ist gemäss Direktzahlungsverordnung (DZV; SR 910.13) verpflichtet, die Ausbreitung von Problempflanzen und damit auch von Neophyten in Biodiversitätsförderflächen zu bekämpfen (Art. 58 DZV). Sind Flächen übermässig mit Problempflanzen befallen, müssten diese Flächen gemäss Art. 16 der landwirtschaftlichen Begriffsverordnung (LBV; SR 910.91) aus der LN ausgeschlossen werden.

Zu Frage 2: Das Amt für Landwirtschaft und Geoinformation (ALG) hat bereits 2020 gemeinsam mit dem ANU den entsprechenden Vollzug bezüglich Aufgaben und Zuständigkeiten in einem Vollzugskonzept geregelt. Das Konzept orientiert sich direkt am Praxisleitfaden der AGRIDEA, an dessen Erarbeitung sich das ALG und das ANU ebenfalls beteiligt hatten. Bei übermässigem Neophytenbefall setzt das ALG in Abhängigkeit der Kulturen und der anwesenden Problemarten eine Bekämpfungs- resp. Sanierungsfrist an. Werden die Massnahmen nicht umgesetzt oder zeigt die Bekämpfung keine Wirkung, so droht letztlich der Ausschluss aus der LN und der Verlust der Direktzahlungen für die betroffenen Flächen.

Zu Frage 3: Das ANU und das ALG haben 2020 bezüglich der LN entsprechende Massnahmen, Prozesse und Informationsflüsse zwischen den beiden Ämtern festgelegt und im oben erwähnten Vollzugskonzept festgehalten. Die betroffenen kantonalen Dienststellen (AWN, Amt für Gemeinden, Amt für Jagd und Fischerei, Tiefbauamt, Hochbauamt, Plantahof, Bündner Naturmuseum) beteiligen sich in der Arbeitsgruppe invasive Neobiota Graubünden (AGIN GR).

Zu Frage 4: Mit RB vom 31. Mai 2011 (Prot. Nr. 514/2011) wurde das ANU damit beauftragt, ein Netzwerk von kommunalen Ansprechpersonen für invasive Neophyten (KAFIN) aufzubauen. Diese rund 80 von den Gemeinden bezeichneten Ansprechpersonen werden regelmässig geschult und in Form eines Neobiota-Newsletters mit den neuesten Informationen zu diesem Thema bedient. Immer mehr Gemeinden haben bereits ein kommunales Neophytenmanagementkonzept inkl. Massnahmenpaket erlassen oder sind mit dessen Ausarbeitung beschäftigt (43 vorhanden/21 in Erarbeitung; Stand Februar 2023). Zurzeit decken sowohl das Umweltschutzgesetz (USG; SR 814.01) als auch die FrSV in erster Linie nur den beabsichtigten Umgang mit Organismen in der Umwelt ab. Dementsprechend können Auslagen für Präventions- und Bekämpfungsmassnahmen lediglich über das Vorsorgeprinzip (Art. 1 Abs. 2 USG) legitimiert werden. Aufgrund der bereits erfolgten Ämterkonsultation zur Revision des USG im Bereich Neobiota wird in den kommenden Jahren für einzelne invasive gebietsfremde Arten eine Melde-, Unterhalts- und/oder Bekämpfungspflicht erwartet. Heute fehlen auf Bundesebene die gesetzlichen Grundlagen, um ausserhalb der LN und der Biotopflächen (Naturschutzgebiete) die Bekämpfung von Neobiota anzuordnen. Die Eindämmung der Ausbreitung von Problempflanzen und Neophyten kann jedoch nur dann gelingen, wenn diese nicht nur auf den genannten Flächen, sondern auch ausserhalb aktiv von allen Betroffenen (Kanton, Gemeinden, Privaten) bekämpft werden.

2. Mai 2023