Navigation

Inhaltsbereich

Session: 15.02.2023

Der kürzlich veröffentlichte Bericht der NGO Oceancare über den Umgang mit Plastik deckte auf, dass die Schweiz Spitzenreiterin im Plastikverbrauch ist. Verschiedene Medien berichteten darüber, u. a. auch der Tages Anzeiger in seiner Ausgabe vom 9. Januar 2023: «Verschiedene Studien zeigen, dass die Schweiz punkto Kunststoff weltweit zu den grössten Abfallproduzenten gehört. Mit jährlich etwa 109 Kilogramm pro Kopf rangiert die Schweiz in Europa nach Luxemburg auf Platz 2, … Der Plastikverbrauch werde sich ohne effektive Massnahmen verdreifachen, heisst es im neuesten OECD-Bericht vom letzten Jahr.»

PET-Sammelstellen gibt es überall und müssen von allen Verkaufsstellen angeboten werden, die Lebensmittel oder Getränke in PET-Verpackungen anbieten. Viele, wenn nicht gar die meisten Verpackungen gehören jedoch einer anderen Plastikkategorie an (v. a. PE- oder PP-Kunststoffe). Die Rückgabe dieser Plastikarten ist aber um einiges komplizierter und mancherorts gar nicht möglich. Auch hier müsste gelten: Wer Plastik verkauft, muss es auch zurücknehmen. Zumindest müsste überall dort, wo Abfallsäcke gekauft werden können, auch Plastiksammelsäcke angeboten werden. Einen entsprechenden Auftrag Deplazes aus dem Jahr 2017 lehnten die Regierung wie der Grosse Rat noch ab. Die obgenannten Zahlen drängen jedoch zu einem Handeln. Die EU verbietet seit 2021 Einwegbesteck und -geschirr oder Trinkhalme und Rührstäbchen aus Plastik an Grossveranstaltungen.

Gar noch wichtiger wäre jedoch nebst der Vereinfachung der Plastiksammlung die Verbesserung des Verpackungsmaterials und der vollständige Verzicht auf Einwegplastik.

Ich ersuche daher die Regierung, die nachfolgenden Fragen zu beantworten:

  1. Welche Instrumente sieht die Regierung, um die Plastiksammlung zu vereinfachen bzw. zu erhöhen?
  2. Wird die Regierung diese Instrumente umsetzen? Wann?
  3. Ergreift die Regierung aktiv Massnahmen zur Vermeidung von Plastikabfall wie es bspw. die EU tut?
  4. Bzw. wie will die Regierung den Pro-Kopf-Verbrauch an Plastik im Kanton durch bspw. Mehrfachnutzung oder Depoterhebung senken?

Chur, 15. Februar 2023

Preisig, Mazzetta, Bachmann, Atanes, Bardill, Baselgia, Biert, Bischof, Bisculm Jörg, Bleuler-Jenny, Bundi, Cahenzli-Philipp (Untervaz), Degiacomi, Dietrich, Furger, Gartmann-Albin, Gredig, Hoch, Hofmann, Kreiliger, Müller, Nicolay, Oesch, Pajic, Rageth, Rettich, Rusch Nigg, Rutishauser, Walser, Zaugg-Ettlin

Antwort der Regierung

Anhand der jährlich veröffentlichen Abfallstatistik des Bundes ist ersichtlich, dass in der Schweiz pro Person mehr Plastikabfälle als in anderen europäischen Ländern anfallen. Das ist in erster Linie auf die wirtschaftliche Lage zurückzuführen, denn bei allen Abfallarten steht die anfallende Menge grundsätzlich in direkter Proportion zur Konjunktur. Für PET-Flaschen besteht bereits ein nationales gut funktionierendes Sammel- und Recyclingsystem. Für andere Kunststoffarten sind in den letzten Jahren diverse Sammelsysteme entstanden. Was die Sammlung und Verwertung von gemischten Kunststoffen aus Haushalten angeht, haben das Bundesamt für Umwelt (BAFU), die Vereinigung der Fachleute für Abfall und Ressourcen Cercle Déchets (CD) und der Schweizerische Verband Kommunale Infrastruktur (SVKI) Ende 2017 zusammen ein Positionspapier veröffentlicht, in dem sie sich eher skeptisch gegenüber Sammlungen von gemischten Kunststoffabfällen aus Haushalten äussern, da der stofflich verwertbare Anteil des Sammelguts oft tief ist und ein relevanter Anteil der Abfälle schlussendlich doch in einer Kehrichtverbrennungsanlage oder einem Zementwerk thermisch entsorgt werden muss. Zudem gibt es zurzeit keine Sortieranlagen im Inland, was oft zu längeren Transportwegen ins Ausland führt. Dies muss jedoch nicht so bleiben. Wenn es gelingt, den Anteil an stofflich verwertbaren Abfällen (Recycling) im Vergleich zum Anteil der thermisch verwerteten Abfälle im Sammelgut substanziell zu erhöhen, können auch gemischte Kunststoffsammlungen aus Haushalten ökologisch und ökonomisch interessant werden. Ein solches Sammel- und Recyclingsystem wäre insbesondere dann effizient und nachhaltig, wenn es auf nationaler Ebene schweizweit eingeführt würde.

Zu Frage 1: Im Rahmen des Projekts «Sammlung 2025» wird zurzeit von diversen Organisationen entlang der gesamten Wertschöpfungskette an einem nationalen Sammel- und Recyclingsystem von Kunststoffverpackungen gearbeitet. Die Organisation Swiss Recycling arbeitet mit über 50 weiteren Organisationen wie Verpackungsproduzenten, Konsumgüterkonzernen, Detailhändlern und weitere an der Einführung eines solchen Systems. In Graubünden gibt es bereits heute diverse Anbieter von Sammelsäcken für Kunststoffe aus Haushalten, welche in diversen Gemeinden angeboten werden. In Anbetracht dieser Tatsachen und insbesondere in Aussicht eines nationalen Sammelsystems sieht die Regierung keinen Bedarf, zusätzliche Sammelsysteme einzuführen oder bestehende zu fördern.

Zu Frage 2: Die Umsetzung von kantonalen Instrumenten und Massnahmen zur Vereinfachung und Förderung der Kunststoffsammlung aus Haushalten auf kantonaler Ebene ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht sinnvoll, da bereits ein nationales Sammel- und Recyclingsystem im Aufbau ist. Durch die Einführung einer nationalen Lösung, so wie sie bereits für PET-Flaschen existiert, kann ein ökologisch und ökonomisch effizientes Sammel- und Recyclingsystem eingeführt werden.

Zu den Fragen 3 und 4: Im Rahmen der Überarbeitung der kantonalen Abfallplanung in den Jahren 2021 und 2022 durch das Amt für Natur und Umwelt wurden insgesamt acht Ziele für die Abfallwirtschaft in Graubünden definiert. Das Ziel Nr. 3 betrifft die Abfallvermeidung. Die kantonale Abfallplanung enthält einen Massnahmenplan, durch welchen die im Rahmen der Planung festgelegten Ziele erreicht werden sollen. Die Massnahme WS-4 betrifft die Sensibilisierung der Bevölkerung hinsichtlich Verpackungsmaterialien und Motivation zum Kauf von Produkten mit wenig Verpackungsmaterialien. Die Massnahme soll durch die Abfallbewirtschaftungsverbände, welche im Kanton Graubünden für die Verwertung und Entsorgung von Siedlungsabfällen zuständig sind, entworfen und umgesetzt werden. Übergeordnete Vermeidungsstrategien müssten primär bei der Verpackungsindustrie und bei der Lebensmittelgesetzgebung ansetzen. Diese Aufgabe kann nicht von einem Kanton allein übernommen werden, sondern erfordert ein Vorgehen auf nationaler Ebene.

19. April 2023