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Session: 15.06.2023

Seit 2015 bestehen im Kanton vier Talentschulen in Champfèr, Chur, Davos und Ilanz. Diese ermöglichen sportlich und musikalisch begabten Schülerinnen und Schülern der Sekundarstufe 1 (Real- und Sekundarschule) die schulische Ausbildung mit einem auf Wettkampf und Training abgestimmten Stundenplan.

Die Talentklassen sind in Artikel 38 des Schulgesetzes verankert.

Das Hauptziel einer Talentklasse ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Förderung ihres Talentes nebst Schulpensum intensiviert vorantreiben können. Da die Plätze begrenzt sind, braucht es eine Form von Aufnahmeverfahren. Das aktuelle Aufnahmeverfahren, bestehend aus 40 % Potenzialeinschätzung, 30 % sportmotorischer bzw. musikalischer Test und 30 % Persönlichkeitstest, führt jedoch in verschiedenen Fällen dazu, dass ausgewiesene Talente an der Aufnahmeprüfung scheitern, so zum Beispiel am Persönlichkeitstest. Folglich werden sie nicht aufgenommen und das zeitintensive Training z. B. auf Niveau Leistungssport ist ab Sekundar- oder Realschule nur teilweise möglich. Damit verfehlt das System der Aufnahmeprüfung das Ziel.

Kürzlich wurde bekannt, dass die Regierung mit einer der Massnahmen betreffend die Aufgaben- und Leistungsüberprüfung das Verfahren für die Aufnahmeprüfung nicht mehr selbst durch den Kanton durchführen möchte, sondern nur noch die Rahmenbedingungen für die Prüfung vorgeben und allenfalls in einer Kontrollfunktion durch die bestehende Steuerungsgruppe überwacht. Es ist also an der Zeit nach rund acht Jahren an Erfahrungen und im Hinblick auf eine allfällige Delegation der Aufnahmeverfahren an die Talentschulen eine Analyse über das Aufnahmeverfahren in Talentklassen vorzunehmen.

Die Unterzeichnenden beauftragen die Regierung somit eine Analyse über die Talentklassen vorzunehmen, zum Beispiel unter Einbezug der Steuerungsgruppe, der Talentschulen, der Sportverbände und Musikorganisationen. Dabei sollen unter anderem die Aufnahmeprüfung an sich, die Gewichtung, die Qualität der Verbandsempfehlungen, die Anzahl Zulassungen sowie allfällig weitere Aspekte überprüft werden. Auch soll in dieser Analyse anhand von Kriterien aufgezeigt werden, für welche Sportarten/Musik die Talentklassen geeignet sind.

Klosters, 15. Juni 2023

Stiffler, Rageth, Bergamin, Altmann, Bachmann, Bavier, Berther, Berweger, Biert, Binkert, Bleuler-Jenny, Censi, Claus, Cola Casaulta, Collenberg, Danuser (Chur), Della Cà, Derungs, Dietrich, Epp, Föhn, Furger, Gansner, Gredig, Hartmann, Heini, Hoch, Hohl, Holzinger-Loretz, Jochum, Kappeler, Kocher, Lehner, Loi, Luzio, Maissen, Mani, Mazzetta, Michael (Castasegna), Natter, Pfäffli, Righetti, Rüegg, Said Bucher, Saratz Cazin, Sax, Schutz, von Ballmoos, Widmer, Wieland

Antwort der Regierung

Der Kanton Graubünden verfügt gemessen an den Swiss Olympic Talent Cards im Verhältnis zur Bevölkerungsgrösse über das höchste Talentaufkommen in der Schweiz. Dies ist sicherlich auch der im interkantonalen Vergleich relativ breiten Förderung in den Bündner Talentschulen geschuldet und spricht für ein grundsätzlich funktionierendes und adäquates Aufnahmeverfahren. Dennoch muss festgehalten werden, dass die Talentidentifikation und -selektion für das gesamte Sportsystem und auch für die Musik eine Herausforderung darstellen. Aufgrund der zahlreichen komplexen Einflussfaktoren auf die Entwicklung von Kindern und Jugendlichen sind langfristige Voraussagen im Kindesalter und während der Pubertät kaum möglich. Wissenschaftlich betrachtet ist die Prognosevalidität bei der Talentidentifikation vor der Pubertät besonders tief und Wettkampfresultate sind im frühen Nachwuchsalter kein valider Indikator für die spätere Leistungsfähigkeit. Die Talentidentifikation im Alter von 13 bis 15 Jahren ist deshalb stets eine bestmögliche Annäherung und muss möglichst multidimensional, systematisch, transparent und objektiv durchgeführt werden. Um später ein hohes Leistungsniveau erreichen zu können, ist neben der momentanen körperlichen Verfassung vor allem auch die Persönlichkeit und die Leistungsmotivation ausschlaggebend. Die Leitidee der Talentselektion lautet deshalb: «Nicht die aktuell Besten, sondern die Geeignetsten».

Im Rahmen der Aufgaben- und Leistungsüberprüfung werden derzeit unter anderem eine Auslagerung der Aufnahmeprüfung an die Talentschulen und eine Kontingentierung der Talentschul-Plätze geprüft. Dazu haben bereits verschiedene Workshops zusammen mit den Talentschulen und deren Koordinatoren stattgefunden und einzelne Vereinfachungs- und Optimierungspotenziale wurden bereits identifiziert. Eine quantitative Analyse ist noch in Erarbeitung. Zudem ist der Einbezug der Sport- und Musikverbände, insbesondere betreffend die spezifische Potenzialeinschätzung, geplant.

Mit den sportartspezifischen Athletenwegen auf der Grundlage des Rahmenkonzepts zur Sport- und Athletenentwicklung «FTEM Schweiz» bestehen für jede Sportart Empfehlungen zur Notwendigkeit einer Schullösung. Anhand dieser Athletenwege kann zusammen mit der erforderlichen zeitlichen Belastung für das sportliche Training und Wettkämpfe der Bedarf oder allenfalls die Verneinung eines Bedarfs für eine Talentklassenlösung der entsprechenden Sportart aufgezeigt werden. Vergleichbares muss für die Musik noch erarbeitet werden.

Aufgrund dieser Ausführungen beantragt die Regierung dem Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag zu überweisen.

23. August 2023