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Session: 06.10.1999
Seit der Inkraftsetzung des total revidierten kantonalen Wasserrechtsgesetzes (WRG) vom 12.3.1995 sind 4 Jahre vergangen. In der Zwischenzeit ist die Energiepolitik gewaltig in Bewegung geraten. Ausgehend von den Marktliberalisierungen in der EU steht auch die Schweiz im Bereich der Energiepolitik vor grossen Herausforderungen. Die kommenden Jahre werden geprägt sein in erster Linie von der Liberalisierung der leitungsgebundenen Energien Strom und Erdgas. Diese Entwicklung ist im Einklang mit den Postulaten nach Nutzung einheimischer und erneuerbarer Energie, nach sparsamer und rationeller Energienutzung, nach nachhaltiger Entwicklung und nach einer ökologischen Steuerreform vergleichend zu diskutieren. Die Marktöffnung der leitungsgebundenen Energien Elektrizität und Erdgas wird zu einem eigentlichen Paradigmenwechsel für die Energieversorgung führen, die bisher - mit Ausnahme des Erdöls - mit festen Gebietsaufteilungen monopolistisch organisiert war. Die Schweiz selbst steht vor dem Erlass eines Elektrizitätsmarktgesetzes. Sie reagiert damit spät auf Entwicklungen, die sich in anderen Ländern bereits durchgesetzt haben. Es stellt sich deshalb auch für Graubünden als bedeutenden Produktionsstandort von aus Wasserkraft gewonnener elktrischer Energie die Frage, ob der Kanton, allen voran die politische Szene, die Zeichen der Zeit erkannt haben. Die Postulanten bitten deshalb die Regierung, umgehend dem Grossen Rat einen umfassenden Bericht bezüglich heutiger und zu erwartender künftiger Verhältnisse in Sachen Produktion von elektrischer Energie aus Wasserkraft, deren Transport, Verteilung und Vermarktung sowie generell die elektrische Versorgung unseres Kantons mit elektrischer Energie zu präsentieren, um zusammen mit dem Grossen Rat die strategischen Ziele und Massnahmen künftiger bündnericher Energiepolitik diskutieren und definieren zu können. Selbstredend ist in einem solchen Bericht nicht nur die supranationale, nationale und kantonale Szene miteinzubeziehen, sondern auch diejenige der Gemeinden als Träger des öffentlichen Versorgungsauftrages mit elektrischer Energie.

Chur, 6. Oktober 1999

Namen: Augustin , Cathomas, Capaul (Lumbrein), Biancotti, Burtscher, Cabalzar, Cavegn, Degiacomi, Demarmels, Fasani, Federspiel, Gartmann, Geisseler, Giuliani, Keller, Loepfe, Maissen (Rabius), Müller (Landquart), Plozza, Portner, Schmid (Sedrun), Schwarz, Steier, Suenderhauf, Tremp, Tuor, Albrecht, Quinter, Fallet

Session: 6.10.1999
Vorstoss: dt Postulat

Antwort der Regierung


Beide Postulate verlangen von der Regierung die Erstellung eines Berichtes, der sich mit den Verhältnissen auf dem liberalisierten Strommarkt und den sich für den Kanton Graubünden daraus ergebenden wirtschaftlichen und politischen Konsequenzen zu befassen hat. Da beide Postulate ähnliche, zum Teil sogar identische Fragen aufwerfen, erscheint es nur sachgerecht, sie gemeinsam zu behandeln und zu beantworten.
Zu den Auswirkungen der Strommarktliberalisierung sind aus heutiger Sicht folgende Aussagen möglich:

1. Die aktuelle Strommarktöffnung entwickelt eine ausgesprochen grosse Dynamik und macht auch vor der Schweiz nicht Halt. Davon zeugen Meldungen in der Presse über Unternehmenszusammenschlüsse, -kooperationen und -allianzen. Auch ein festzustellender Druck auf die Stromtarife dokumentiert diese Entwicklung. Durch die Europäische Union wurde ein Marktprozess in Gang gesetzt, der mit grossen Unsicherheiten über die künftige Entwicklung verbunden ist. Wie auf anderen Gebieten ist auch hier die tatsächliche Entwicklung rascher als die Politik. Ziel für den Kanton Graubünden muss es sein, dass Bevölkerung und Wirtschaft auch in einem freien Strommarkt und im Übergang dazu mit günstigem Strom bei hoher Versorgungssicherheit beliefert werden.
Der sich öffnende Markt wird die Produktions-, Versorgungs- und Verteilunternehmen in Graubünden vor grundlegend neue Herausforderung stellen.
2. Gemäss der geltenden gesetzlichen Ordnung sorgen in Graubünden die Gemeinden für die Erschliessung und Belieferung ihres Gebietes mit elektrischer Energie (Art. 61 des kantonalen Wasserrechtsgesetzes; BWRG), wobei sie die Erfüllung dieser Aufgabe an private Elektrizitätsunternehmungen übertragen können (Art. 62 BWRG). Wollen die Gemeinden ihre Handlungsfreiheit künftig wahren, ist der schrittweise Umbau der heutigen Strukturen unumgänglich.
Der Kanton hat ein wirtschaftliches und politisches Interesse, die Gemeinden bei der Lösung der anstehenden Probleme zu unterstützen und mit diesen zusammenzuarbeiten.
3. Das demnächst im Bundesparlament zur Beratung stehende Elektrizitätsmarktgesetz aber auch der Ausgang der Volksabstimmungen über die "Energie-Umwelt-Initiative" und über die "Solar-Initiative" bzw. die entsprechenden Gegenvorschläge werden die Rahmenbedingungen der Marktöffnung und die künftige Energiepolitik massgeblich beeinflussen.
Diese nicht abschliessende Darstellung von Problemfeldern im Zusammenhang mit der Marktöffnung wirft verschiedene Fragen auf. Die Regierung ist daher bereit, die beiden Postulate entgegenzunehmen und einen problemorientierten Bericht zu erarbeiten.

Chur; 29. November 1999