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Session: 01.12.1999
Am vergangenen 25. November fand der internationale Tag gegen die Gewalt an Frauen statt. Der heutige 1. Dezember ist dem Welt-Aids-Tag gewidmet. Diese beide Leidwesen - Gewalt und AIDS wickeln sich parallel ab und sind Hinweise auf schädliche Verhaltensweisen gegen Leib und Seele. Aber nicht nur das: Gewalt und AIDS können heute mehr denn je in Zusammenhang mit der Prostitution gebracht werden. Auf Grund der Herkunft der Frauen die sich prostituieren und ihres isolierten Daseins ist es heute sehr schwierig festzustellen in wie fern diese Prostitution freiwillig geschieht und welchen Zwängen diese Frauen ausgesetzt sind die weder die örtliche Sprache geschweige denn ihre eigenen Rechte kennen, die dem Alkoholmissbrauch und der Gewalt ausgesetzt sind sowie gesundheitsschädigenden Forderungen nachgeben müssen.
Auch unser Kanton scheint nicht gegen dieses Phänomen immun zu sein, da nun gemäss Aussagen der zuständigen Polizeistellen zu den bekannten Nightclubs auch Sauna-Lokale hinzukommen bei denen es sich um eigentliche Bordelle handelt.
Auf schweizerischer Ebene ist dieses Phänomen wohl bekannt und es wird nun offen über "Frauenhandel" gesprochen. In diesen Kreisen werden im weiteren Erpressungen und Nötigungen vermutet, gegen welche sich die betreffenden Frauen nicht wehren können.
Die grösste Schwierigkeit besteht darin, die Frauen die sich prostituieren soweit zu bekommen, das Leid dem sie ausgesetzt sind zu bekennen. Diese aus dem Ausland kommende Frauen haben in der Tat grosse Angst zu sprechen auch hinsichtlich der Vergeltungsmassnahmen die sie zu erwarten hätten. Aus diesem Grund widersetzen sie sich nicht gegen Praktiken die irreparable Schäden auf ihre eigene Gesundheit und auf die Gesundheit Dritter zur Folge haben.
Diverse Kantone haben bereits kantonale Arbeitsgruppen eingesetzt, die Überwachung in den bekannten Lokalen verstärkt und, in Zusammenarbeit mit verschiedenen Organisationen, Durchsuchungen der auffälligen Lokalitäten ausgeführt.

Wir stellen daher der löblichen Regierung folgende Fragen:
1. Ist die Regierung über oben erwähnte Situation unterrichtet?
2. Erachtet sie einen diesbezüglichen staatlichen Eingriff als notwendig?
3. Wäre sie bereit einen Bericht über den Zustand der Prostitution in unserem Kanton zu erstellen damit die Situation bekannt wird und präventive Massnahmen ausgeführt werden können?
4. Wäre sie bereit mit den Institutionen (Frauengruppen, AIDS-Hilfe) zusammen zu arbeiten, um die Frauen zu unterstützten die bereit sind Aussagen zu machen, ohne welche es nicht möglich ist jemanden zu beschuldigen?

Chur, 1. Dezember 1999

Namen: Noi , Meyer, Baselgia, Arquint, Augustin, Beck (Langwies), Biancotti, Bucher, Bühler, Capaul (Lumbrein), Casparis, Censi, Gartmann, Giuliani, Jäger, Koch, Lardi, Locher, Looser, Picenoni, Pitsch, Plouda, Scharegg, Scharplatz, Schlatter, Schmid (Splügen), Suter, Trepp, Valsecchi, Wenger, Schütz, Toschini, Lunghi, Castelli, Christ, Christoffel

Session: 1.12.1999
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

1. Im Rahmen von Beschwerdeverfahren hatte die Regierung 1996 als letzte kantonale Beschwerdeinstanz in fremdenpolizeilichen Rechtsmittelverfahren neue Richtlinien der Fremdenpolizei und des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartements im Zusammenhang mit der zahlenmässigen Beschränkung von Tänzerinnenbewilligungen an einschlägige Betriebe zu überprüfen. Bereits 1994 hatten nämlich die verantwortlichen Verwaltungsinstanzen einschlägige Richtlinien für die Zulassung von Tänzerinnen erarbeitet und die Kontrolle in diesem Bereich intensiviert. 1996 erliess dann auch der Bund eigene Zulassungsrichtlinien.
2. Die Kontrolle der bündnerischen Cabarets der Saunaclubs sowie des Strassenstrichs obliegt den Spezialdiensten der Kantonspolizei, die im Übrigen auch mit der Verfolgung allfälliger Verstösse gegen das Strafgesetzbuch (Betäubungsmittelgesetz, Arbeitsgesetz, etc.) betraut ist. Die Überwachung von fremdenpolizeilichen Vorschriften, insbesondere die Durchsetzung der einschlägigen Richtlinien, ist Sache der Fremdenpolizei. Diese widmet nicht nur den einzelnen Bewilligungsverfahren, sondern ebenso der Einhaltung der Bewilligungsrichtlinien seit Jahren ihre besondere Aufmerksamkeit.
Innerhalb der verschiedenen Polizeiorgane wurde die Bearbeitung dieses Aufgabenbereiches besonders ausgebildeten Mitarbeitern, welche über langjährige Erfahrung in dieser Tätigkeit verfügen, übertragen. Dank dieser Spezialisierung konnte ein wirksames und effizientes Kontrollsystem der Cabaretszene aufgebaut werden. Eine weitergehende Kontrolle verbunden mit zusätzlichen staatlichen Eingriffen ist unter den gegebenen Verhältnissen derzeit nicht zwingend. Die verantwortlichen Verwaltungsinstanzen sind in der Lage, auf Veränderungen im Milieu angemessen zu reagieren.
Aufgrund der jüngsten Entwicklungen in diesem Bereich wäre es auch falsch anzunehmen, alleine mit dem Verzicht auf die Zulassung von Tänzerinnen der Ausübung und Verbreitung der Prostitution im Kanton Graubünden einen Riegel schieben zu können. Vermehrt sind Probleme mit Touristinnen oder illegal eingereisten Ausländerinnen aufgetreten, die in Hotels oder Saunaclubs der Prostitution nachgehen.
3. Die Problematik und das Funktionieren des Milieu ist hinreichend bekannt. Die Kontrolle funktioniert. Zudem sind keine überdurchschnittliche Infektübertragungen ausgewiesen. Die Regierung erachtet deshalb einen Bericht über die Situation der Prostitution in unserem Kanton nicht als notwendig.
4. Kantons- und Fremdenpolizei arbeiten bereits heute eng mit verschiedenen verwaltungsexternen Stellen zusammen, welche über Anknüpfungspunkte zum Milieu verfügen. So werden beispielsweise im Interesse einer kompetenten Sachbearbeitung ebenso Kontakte zum Frauenhaus oder der AIDS-Hilfe im Kanton Graubünden gepflegt wie zum schweizerischen Cabaretverband (ASCO) und der lokalen Cabaret-Vereinigung.
Schliesslich setzt die Kantonspolizei bereits heute Polizeibeamtinnen für die Betreuung der Frauen ein.