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Session: 29.01.2001

Mit Befremden habe ich von den Restrukturierungsplänen der Post Kenntnis genommen. Für den Kanton Graubünden als peripherer Bergkanton kommt ein solcher Abbau der Poststellen einem Kahlschlag gleich. Rund 70% aller Poststellen des Kantons werden als ”Ein-Typ” klassiert und sind dadurch für eine alternative Betriebsform vorgesehen.

Der Service public wird lediglich auf ein Minimalgrundleistungs-Angebot reduziert. Bei allem Verständnis für betriebswirtschaftliche Überlegungen kann ein solches Vorgehen nicht stillschweigend hingenommen werden. Wieder einmal fallen die dünnbesiedelten Rand- und Bergregionen dem Sparstift zum Opfer und dies einmal mehr durch ein staatliches Monopolunternehmen.

Dieses Vorgehen ist ein weiteres Zeichen dafür, dass sich die Randregionen in Zukunft kaum mehr behaupten werden können.

Die Bergregionen werden Schritt für Schritt der Rentabilität und dem Shareholder Value geopfert.

Der Unterzeichnete hat daher folgende Fragen:

1. TTeilt die Regierung die Auffassung, wonach der Service public in ganzen Talschaften mit allen negativen Auswirkungen gefährdet ist?
2. KKann es die Regierung zulassen, dass die Post eine Politik verfolgt, die finanzschwache Gemeinden gegen finanzstarke ausspielt?
3.Wääre ein rasches Vorgehen der Regierungen der Bergkantone hier nicht angebracht?

Chur, 29. Januar 2001

Namen: Capaul

Session: 29.01.2001
Vorstoss: dt SchriftlicheAnfrage


Antwort der Regierung


1. Service public kann wie folgt umschrieben werden: „Service public umfasst Infrastrukturgüter und -dienstleistungen, welche für alle Bevölkerungsschichten und Regionen des Landes zu gleichen Bedingungen zur Verfügung stehen sollen, welche jedoch vom Markt nicht oder nicht in der politisch gewünschten Qualität produziert werden“. Service public enthält also immer eine politisch zu bestimmende Grundversorgung, welche drei Dimensionen aufweist: die Grundversorgung soll flächendeckend sein und jedermann zur Verfügung stehen, es soll eine bestimmte Qualität gewährleistet werden, der Preis soll für jedermann erschwinglich sein.
Die konkrete Festlegung der Grundversorgung (Umfang) ist Sache der Politik bzw. des Staates. Nicht Bestandteil des Service public ist jedoch, dass der Staat die Dienstleistungen selber erbringen muss und auch nicht wie der Service public erbracht wird. Es muss lediglich gewährleistet sein, dass die gewünschten Dienstleistungen erbracht werden.
Laut Postgesetz muss die Schweizerische Post die postalische Grundversorgung (Universaldienst) in der ganzen Schweiz sicherstellen. Ob dieser Universaldienst oder Service public in Poststellen oder in anderer Form erbracht wird, schreibt das Gesetz nicht vor. Demnach ist nicht die Anzahl Poststellen ein Gradmesser für den Service public, sondern allein die tatsächliche Versorgung der Bevölkerung mit Postgrundleistungen. So lange die Post ihren gesetzlichen Auftrag erfüllt, ist der Service public nicht gefährdet. Die Regierung wird sich dafür einsetzen, dass die Post ihren Grundversorgungsauftrag erfüllen wird, auch in Bezug
auf Qualität. Die Regierung ist sich zudem bewusst, dass das Poststellennetz nicht nur für die postalische Grundversorgung der Bevölkerung von Bedeutung ist, sondern in der Region wichtige Arbeitsplätze schafft.

2. Es trifft zu, dass vom Umbau des Poststellennetzes die kleinen Gemeinden weit stärker als grössere Gemeinden betroffen sind. Die Belastung durch allenfalls nicht amortisierbare Investitionen oder durch die Aushöhlung bzw. Schwächung von Erwerbskombinationen trifft vor allem kleine Gemeinden. Diese sind oft finanzschwach. Diese tatsächlichen negativen Auswirkungen können allerdings nicht als gezieltes Ausspielen der finanzschwachen Gemeinden gegenüber den grossen finanzstarken Gemeinden ausgelegt werden. Die Folgen des Poststellenumbaus treffen, wie jene anderer Liberalisierungsprozesse, die Berg- und Randgebiete besonders stark. Hier gilt es deshalb, die Ausgleichsmechanismen zwischen Bund und Bergkantonen zu stärken und auszubauen.

3. Die Regierungskonferenz der Gebirgskantone hat bereits im Jahre 2000 eine Arbeitsgruppe eingesetzt, welche sich mit dem Service public und dem Arbeitsplatzabbau im Berggebiet beschäftigte. Die Regierungskonferenz wird sich auch mit der aktuellen Frage des Poststellennetzes beschäftigen und ihre Vorstellungen auf Bundesebene einbringen.
In diesem Zusammenhang gilt es zu erwähnen, dass im Zusammenhang mit der Liberalisierung der Bundesbetriebe und den negativen Folgen für die Rand- und Berggebiete zahlreiche Vorstösse von verschiedenster Seite gemacht worden sind. Der Grosse Rat hat seinerseits eine Standesinitiative zu einem nationalen Kohäsionsfonds eingereicht. Die Zuständigkeit für konkrete Massnahmen liegt allerdings beim Bund. Der Bundesrat hat denn auch im August 2000 beschlossen, den eidgenössischen Räten zeitlich befristete Massnahmen zur Flankierung möglicher negativer regionaler Liberalisierungswirkungen vorzulegen. Die Mittel sollen zielgerichtet in den Kantonen und Regionen eingesetzt werden, die von den Strukturmassnahmen von Swisscom, SBB und Post am stärksten betroffen sind. Der Kanton ist in der Begleitgruppe vertreten und ist bemüht, die in Aussicht gestellten Massnahmen möglichst gut zu nutzen. Dazu braucht es aber rasch konkrete Projekte aus den Regionen. Zurzeit liegen solche allerdings nicht vor. In diesem Zusammenhang sind die Regionen gefordert.

27. Februar 2001