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Session: 30.01.2001
betreffend Massnahmen zur Gewährleistung einer sicheren und qualifizierten Pflege in den Spitälern und in den Pflege- und Altersheimen unseres Kantons

Der Kanton Graubünden leidet seit einiger Zeit unter Personalmangel in den Spitälern sowie in den Pflege- und Altersheimen. Nicht verschont von dieser Tatsache bleibt auch unser Kantonsspital, welches auch die Funktion eines Zentrumspitals im Kanton wahr zu nehmen hat. Auf der Pflegestation des Kantonsspitals sind nicht weniger als 8 Stellen für diplomiertes Personal unbesetzt. In Anbetracht des bereits quantitativ reduzierten Personalbestandes und der ständigen Personalrotation ist dieser Mangel umso gravierender. Von anderen Kantonen (z.B. Zürich, St. Gallen, Aargau) wird grosse Anziehungskraft ausgeübt, indem in jüngster Zeit die Löhne stark angepasst worden sind. Diese Kantone haben die Zeichen der Zeit erkannt und wollen eine Abwanderung wertvoller Arbeitskräfte in der Zeit, in der sich die Wirtschaft erholt, verhindern.

Auch die kurze Aufenthaltsdauer der Patienten in den Akutspitälern (von Staat und Krankenversicherer unterstützt, um die Kosten der Gesundheitswesen in Grenzen zu halten) schafft zusätzlicher Stress für das Pflegepersonal. Die Patienten befinden sich nämlich während des ganzen Spitalaufenthalts in einer akuten Phase der Krankheit und brauchen intensive Pflege und Betreuung.

Die Berufsschule für Gesundheits- und Krankenpflege in Chur, die grösste in unserem Kanton, sieht sich auch mit einem Rückgang der Zahl der Lernenden konfrontiert. Die Aufnahmeverfahren haben sich von 74 Einheiten im 1998 auf 36 im Jahre 2000 reduziert. Es gibt auch deutlich mehr Schulaustritte als in den vergangenen Jahren. Diese sind nicht in der intellektuellen Unfähigkeit der Lernenden zu suchen, sondern in der Schwierigkeit, die übermässige psychische Belastung im Arbeitsbereich zu verkraften. Die Schule hat auch die Zeichen der Zeit erkannt und hat am 29. Januar 2001 eine sinnvolle Werbekampagne gestartet.

In Anbetracht der Tatsache, dass, aufgrund der letzten Meldungen über Fehler mit letalen Folgen in verschiedene Spitälern, die Frage über die Sicherheit für Patienten in unserem Land laut wird, stellen wir der Regierung folgende Fragen:

1. Ist der Regierung die prekäre Personalsituation im Pflegesektor in unserem Kanton bewusst?
2. Weiss die Regierung, was dies für die Zukunft bedeuten wird? (viele Betagte, viele Patienten, immer weniger qualifiziertes Personal).
3. Kennt die Regierung den kausalen Zusammenhang zwischen Übermüdigkeit, Stress und Fehlern?
4. Hat die Regierung Kenntnis davon, dass die anderen Kantone bereits Massnahmen ergriffen haben, um Pflegepersonal zu behalten und folgedessen unser Kanton in der schweizerischen Lohnskala am tiefsten liegt?
5. Ist die Regierung gewillt, die Lohnsituation für das Pflegerpersonal zu verbessern oder ist sie bereit, ein Zeitbonus-Modell für das Pflegepersonal auszuarbeiten und somit einen Beitrag zu leisten, um den Pflegeberuf attraktiver zu machen?
6. Teilt die Regierung die Auffassung, dass eine verantwortungs- und wertvolle Aufgabe, wie diejenige der Krankenschwester bzw. des Krankenpflegers, es verdient, unterstützt und korrekt entlöhnt zu werden?
- Wenn ja, warum wartet die Regierung, um mit konkreten Massnahmen diese Verbesserungen im Gang zu setzen bevor dies zu spät ist?

Chur, 30. Januar 2001

Namen: Noi, Bucher, Arquint, Cathomas, Cavegn, Cavigelli, Farrér, Frigg, Hartmann, Hess, Jäger, Joos, Kessler, Koch, Locher, Looser, Luzio, Marti, Pfenninger, Pfiffner, Schmutz, Trepp, Zanolari, Zindel

Session: 30.01.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Regierung beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:

1. In jüngster Zeit bekunden die Spitäler wie auch die Alters- und Pflegeheime gesamtschweizerisch zunehmend Mühe bei der Personalrekrutierung. Aktuell erscheint der Mangel besonders prekär beim Intensivpflege-Operationssaal-Personal sowie bei den Kaderstellen. Von dieser Situation sind auch die Spitäler und die Alters- und Pflegeheime im Kanton Graubünden nicht verschont, wobei detaillierte Informationen bezüglich der Anzahl der unbesetzten Stellen und der geleisteten Überstunden wie auch bezüglich des quantitativen und qualitativen Leistungsabbaus fehlen.

2. Die Regierung geht davon aus, dass der Personalbedarf in den Spitälern und Alters- und Pflegeheimen angesichts der demographischen Entwicklung zunehmen wird. Die Anstrengungen zur Rekrutierung des Pflegepersonals müssen entsprechend verstärkt werden.

3. Der Zusammenhang zwischen Übermüdung, Stress und Fehlern ist naheliegend. Aufgrund des Personalmangels resultiert eine Überlastung des vorhandenen Personals. Diese Überlastung kann zu gravierenden Folgeproblemen wie schlechtem Arbeitsklima, Burn-out-Syndrom, vermehrten krankheitsbedingten Ausfällen und Kündigungen wie aber auch zu Fehlleistungen bei der Arbeit führen. Auch kann unter dieser Situation die Instruktion und die Weiterbildung des Personals leiden.

4. Die Massnahmen der anderen Kantone werden aufmerksam beobachtet. Seitens des Kantons wird derzeit abgeklärt, wie sich die Besoldung der einzelnen Pflegeberufe im Kanton im gesamtschweizerischen Vergleich präsentiert.

5. Die Rahmenbedingungen müssen aus der Sicht der Regierung so ausgestaltet sein, dass seitens der Spitäler und der Alters- und Pflegeheime dem Pflegepersonal attraktive Anstellungsbedingungen angeboten werden können und entsprechend auch in Zukunft kranken und pflegebedürftigen Personen eine optimale Pflege und Betreuung gewährleistet werden kann. Sollte aufgrund der
Analyse im Lohnbereich Handlungsbedarf bestehen, wird die Regierung unter Berücksichtigung des finanziellen Handlungsspielraums Massnahmen in die Wege leiten.

Eine Arbeitsgruppe, bestehend aus Vertreterinnen und Vertretern des Verbandes Heime und Spitäler Graubünden, der Sektion Graubünden des Schweizerischen Berufsverbandes der Krankenschwestern und Krankenpfleger, des Justiz-, Polizei- und Sanitätsdepartementes sowie des Personalamtes, ist derzeit damit befasst, bis Ende März 2001 zuhanden der Entscheidungsträger ein Massnahmenpaket zu erarbeiten, wie die Anstellungsbedingungen des Pflegepersonals auszugestalten sind, dass auch in Zukunft kranken und pflegebedürftigen Personen eine optimale Pflege und Betreuung gewährleistet werden kann. In diesem Rahmen ist auch die unter der Frage 5 angesprochene Einführung eines Zeitbonus-Modells zu prüfen.

27. Februar 2001