Im Rahmen eines Jugend-Strafverfahrens gegen deutschsprachige Kinder aus dem Bündner Rheintal hat die Polizei von neun Protokollen sieben in italienischer Sprache abgefasst, obschon keines der Kinder, die alle deutschsprachig sind, auch nur annähernd genügend Italienischkenntnisse hatte, um das Geschriebene zu verstehen. Die Kinder wurden angehalten, die Protokolle, die in einer ihnen unverständlichen Sprache abgefasst waren, zu unterzeichnen. Hervorzuheben ist im übrigen, dass diese Protokolle nicht unter Zeitnot erstellt worden sind. Die Unterlagen sind der zuständigen Schulbehörde nämlich erst drei Wochen nach dem Ereignis unterbreitet worden.
Auf schriftliche Anfrage des Schulrates der betroffenen Gemeinde hat die Kantonspolizei Graubünden sich auf den Standpunkt gestellt, dass es rechtens sei, die Befragungen in deutscher Sprache vorzunehmen, aber auf Italienisch zu protokollieren. Die Rapportierung innerhalb von drei Wochen erachtet das Polizeikommando ”sogar eher als speditiv”. Die Kantonspolizei stellt sich im übrigen auf den Standpunkt, dass die zeitliche Länge auch daher resultiere, dass ”sechs Strafanträge eingeholt werden mussten”.
Aufgrund dieser Auskunft ersuchen die Unterzeichnenden die Regierung um Stellungnahme zu folgenden Fragen:
1. Ist es üblich und richtig, dass zwischen einem Ereignis, wo Kinder in einem recht schwerwiegenden Strafverfahren involviert sind, bis zum Eintreffen der Unterlagen bei den Schulbehörden drei Wochen verstreichen?
2. Ist es rechtlich in Ordnung und sachlich verantwortbar, dass Einvernahmeprotokolle nicht in der Mutter- und Kantonssprache der einvernommenen Personen verfasst werden, selbst wenn der Fall keinerlei Verbindungen zu einer anderen Sprachregion hat?
3. Wie ist die Unterschrift eines Kindes auf einem Protokoll, das in einer ihm unbekannten Sprache verfasst worden ist, rechtlich bezüglich Verbindlichkeit zu qualifizieren?
4. Ist es vorgesehen, künftig allenfalls einem Kantonspolizisten, der die Lokalsprache offenbar nicht genügend beherrscht, einen Übersetzer beizustellen? Wer bezahlt in einem solchen Fall den Übersetzer?
5. Ist es Aufgabe der Polizei, Strafanträge einzuholen?
Chur, 27. März 2001
Namen: Meyer, Zindel, Cahannes, Arquint, Augustin, Brasser, Brüesch, Bucher, Bühler, Claus, Frigg, Hardegger, Hess, Jäger, Locher, Looser, Marti, Meyer, Noi, Pelizzatti, Pfenninger, Pfiffner, Rizzi, Schmid (Splügen), Schmutz, Schütz, Suter, Trepp, Zarro
Session: 27.03.2001
Vorstoss: dt Interpellation