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Session: 27.03.2001

Das Gesundheits- und Umweltschutzdepartement der Stadt Zürich hat im Oktober die aktive Sterbehilfe in den Alters- und Pflegeheimen von Zürich neu geregelt. Damit ist ab 1. Januar 2001 das Verbot für die Durchführung und Unterstützung von Selbsttötungen in städtischen Heimen aufgehoben.

Suizid im Alters- und Pflegeheim ist Ausdruck dafür, dass ein Mensch sein Leben als nicht mehr lebenswert ansieht.

Die Regierung wird um die Beantwortung der folgenden drei Fragen ersucht:

1. Wie stellt sich die Regierung zum gesellschaftlich keimenden Trend zu Suizidmodellen im Alter und somit zur Suizidfreigabe in Alters- und Pflegeheimen? Ist Suizid und die Beihilfe dazu ein mögliches Modell, um mit schwerem Leiden und unheilbarer Krankheit umzugehen?
2. Unterstützt die Regierung die bis anhin gültige Strategie, dass mit medizinisch-palliativen Massnahmen, pflegerisch hoher Qualität, erhöhter menschlicher und spiritueller Zuwendung auch in Alters- und Pflegeheimen in Würde Krankheit und Tod erfahren werden?
3. Auf welcher Entscheidungsebene werden in dieser sehr komplexen Sachlage für unsere bündner Institutionen Entscheidungen gefällt?

Chur, 27. März 2001

Namen: Zindel, Schütz, Bucher, Arquint, Battaglia, Brasser, Brüesch, Cavegn, Cavigelli, Christoffel, Hanimann, Hardegger, Locher, Looser, Märchy, Meyer, Pelizzatti, Pfenninger, Pfiffner, Scharplatz, Trepp

Session: 27.03.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Regierung beantwortet die gestellten Fragen wie folgt:

1. Sterbehilfe und Sterbebegleitung haben eine religiös-ethische und eine rechtliche Dimension.

Gemäss Art. 10 der Bundesverfassung hat jeder Mensch das Recht auf Leben und auf persönliche Freiheit. Die Antwort auf die Frage, inwieweit zum Recht auf Leben auch das Recht gehört, über seinen eigenen Tod selbst bestimmen zu können, hängt neben den rechtlichen Aspekten von der ethischen und religiösen Grundhaltung jedes Einzelnen ab. Die religiös-ethische Beurteilung der Sterbehilfe und Sterbebegleitung ist somit eine höchstpersönliche, die von den Umständen abhängig ist. Entsprechend erachtet sich die Regierung nicht als legitimiert, eine religiös-ethische Beurteilung der Sterbehilfe und Sterbebegleitung vorzunehmen.

Bei der rechtlichen Beurteilung ist zu unterscheiden, ob es sich um eine direkte aktive, eine indirekte aktive oder eine passive Sterbehilfe handelt. Die direkte aktive Sterbehilfe (gezielte Tötung zur Verkürzung der Leiden eines anderen Menschen) ist gemäss Art. 111 (vorsätzliche Tötung), Art. 113 (Totschlag) und Art. 114 (Tötung auf Verlangen) des Strafgesetzbuches strafbar. Dagegen sind die indirekte aktive (zur Linderung von Leiden werden Mittel eingesetzt, welche als Nebenwirkung die Lebensdauer herabsetzen können) und die passive Sterbehilfe (Verzicht auf Aufnahme oder Abbruch von lebenserhaltenden


Massnahmen) im Gesetz nicht geregelt. Sie gelten gemäss Bericht der Arbeitsgruppe "Sterbehilfe" an das Eidgenössische Justiz- und Polizeidepartement vom März 1999 grundsätzlich als erlaubt. Die Staatsanwaltschaft eröffnet in jedem Fall, in dem Sterbehilfe geleistet wurde, ein Strafverfahren zur Abklärung, ob das massgebende Recht eingehalten wurde.

2. Das Ziel der Palliativmedizin und -pflege besteht darin, die Leiden kranker Menschen, die an einer fortschreitenden, unheilbaren Erkrankung leiden, durch medizinische Behandlungen, pflegerische Interventionen sowie psychische, soziale und geistige Unterstützung zu lindern und die bestmögliche Lebensqualität der kranken Person und ihrer Angehörigen zu sichern. Die Regierung steht der in diesem Sinne vom Schweizerischen Berufsverband der Krankenschwestern und Krankenpflegern (SBK) und der Verbindung der Schweizer Ärztinnen und Ärzte (FMH) am 1. Februar 2001 verabschiedeten Erklärung, dass jedem Menschen am Ende seines Lebens der Zugang zu palliativer Pflege zu ermöglichen sei, positiv gegenüber. Auch Menschen in der Endphase des Lebens haben Anspruch auf bestmögliche medizinische und pflegerische Betreuung.

3. Der Entscheid, die Sterbehilfe oder Sterbebegleitung zuzulassen, ist ein religiös-ethischer Entscheid, den die Trägerschaft des jeweiligen Alters- und Pflegeheimes zu fällen hat. Vorauszusetzen ist, dass die Leitung der Institution das Gespräch mit der suizidwilligen Person und was bei jedem Fall individuell zu beurteilen ist mit den Angehörigen sucht und ihr den Beizug einer unabhängigen Fachperson empfiehlt. Dabei soll auf die Möglichkeiten der Palliativmedizin und -pflege hingewiesen werden. Ausserdem hat die Leitung der Institution nach einer Selbsttötung unter Beihilfe einer Sterbehilfeorganisation sicherzustellen, dass eine Meldung als aussergewöhnlicher Todesfall an die Polizei oder die Staatsanwaltschaft erfolgt.