Die Regierung setzte am 7. Oktober 1999 eine Arbeitsgruppe unter der Leitung von Herrn Giosch Gartmann vom Amt für besondere Schulbereiche ein zur Erarbeitung eines Konzeptes zur Förderung von Kindern mit besonderen Begabungen. Vom Konzept, das unter http://www.begabungsfoerderung.ch/fundus/kantone/gr.html eingesehen werden kann, nahm die Regierung am 4. Juli 2000 Kenntnis und beauftragte das Amt für besondere Schulbereiche, für das Jahr 2001 die erforderlichen Mittel in den Voranschlag aufzu-nehmen, damit eine Versuchsphase von drei Jahren gestartet werden kann. Der Gesamtbetrag wur-de mit jährlich Fr. 980'000.-- vorgesehen, wovon aufgrund der Schulgesetzgebung 30 % auf den Kanton und 70 % auf die Gemeinden entfallen wären (siehe auch Regierungsmitteilung vom 6. Juli 2000). Offenbar wurde das Konzept aus finanziellen Gründen zurückgestellt und statt dessen wurden Fr. 20'000.-- für Beiträge an die Lehrerfortbildung im Bereich ”Hochbegabung” in den Voranschlag aufgenommen. Die Umsetzung des Konzeptes wurde also bis auf weiteres zurückgestellt. Im revi-dierten Schulgesetz wurde jedoch die Grundlage geschaffen.
Warum überhaupt Hochbegabtenförderung? Ein Thema, das noch zu wenig bekannt ist und erst in den Anfängen diskutiert wird. Ca. 2 % unserer Schülerinnen und Schüler haben besondere Bega-bungen oder sind sogar hochbegabt (gemäss EDK-Ost). Häufig werden solche Kinder nicht richtig und rechtzeitig erkannt, fallen durch ihr Sozialverhalten, aber auch mit schlechten Leistungen auf. Dazu aus dem Konzept Gartmann: ”Durch Langeweile verlieren die Kinder ihre Neugierde und ihr Interesse; Lern- und Arbeitsmotivation sowie Konzentration lassen nach. Folge davon sind Tagträume, Flüchtigkeitsfehler, schlechte Noten, Schulunlust bis hin zu Schulverweigerung. Länger dauernde Unterforderung kann zu Verhaltensauffälligkeiten, psychosomatischen Beschwerden oder psychischen Störungen führen. Je länger die Unterforderung andauert, desto mehr fallen Leistungsdefizite in vielen Bereichen und der Verlust an Selbstvertrauen auf. Der Handlungsbedarf im Sinne von Förderung ist bei solchen Kindern besonders gross.” In ganz extremen Fällen kann es zu Suizidgedanken und schweren Depressionen mit Einweisung in psychiatrische Kliniken kommen. Auch Agression ist eine häufige Begleiterscheinung. So etwas darf nicht sein, denn Begabungsförderung ist eine allgemeine Aufgabe der Volksschule (Konzept S. 8).
Die Chancengleichheit, die die Motionäre besonders betonen, gilt nicht nur für lernschwache Schüler, sondern auch für die hochbegabten Kinder in unserem Kanton. Sie werden bei richtiger Förderung herausragende Persönlichkeiten werden, auf die unser Staat, unsere Forschung und unsere Wirtschaft angewiesen ist. Das Thema ist nicht nur in der Bevölkerung, sondern vor allem auch in der Lehrerschaft noch zu wenig bekannt. In letzter Zeit werden jedoch vermehrte Anstrengungen unternommen, hochbegabte Kinder zu fördern. In nächster Nähe hat die Schulgemeinde Bad Ragaz in kürzester Zeit ein Konzept umgesetzt, das sehr erfolgreich ist. Auch die Gemeinden Buchs, St. Margrethen, Rapperswil und Wädenswil haben ähnliche Konzepte. Im Kanton Zürich wurde eine spezielle Institution, das Universikum, gegründet.
Das Konzept Gartmann legt besonderes Gewicht auf die Lehrerfortbildung. Sie sollen in die Lage versetzt werden, einerseits hochbegabte Schüler besser zu erkennen und andererseits die Schüler (in ihren Klassen eingebunden) durch zusätzliche Aufgaben usw. besser fördern zu können. Zudem ist als Pilotprojekt ein Förderzentrum im Kanton vorgesehen, an dem hochbegabte Kinder besonders geschult werden können, um ihren geistigen Appetit zu stillen. Heute sind die Eltern mangels eines Angebotes gezwungen, eine private Lösung zu finden, die sie zum Teil finanziell überfordert. Entgegen allen Vorurteilen haben hochbegabte Kinder nicht automatisch privilegierte Eltern. Zu den teilweise erheblichen finanziellen Belastungen durch Mentorate kommen phasenweise auch massive emotionale und psychische Belastungen, die eine Familie zu tragen hat.
Im Sinne der Gleichbehandlung mit Schwachen darf dies nicht sein. Wir wollen klar kein Zwei-Klassen-Schulsystem. Die Motionäre betonen, dass es nicht darum geht, die Förderung von Schwa-chen zu vermindern!
Unklar bleibt, welches der Stellenwert der Hochbegabtenförderung im Konzept für die Pädagogische Fachhochschule, insbesondere im Bereich ”Lehrerfortbildung”, ist.
Aufgrund dieser Tatsachen verpflichten die Motionäre die Regierung, das Konzept auf das Schuljahr 2001/2002, allenfalls per 1. Januar 2002 umzusetzen und die entsprechenden Kredite in den Voran-schlag 2002 aufzunehmen.
”Es ist kein Luxus grosse Begabungen zu fördern; es ist Luxus, und zwar sträflicher Luxus, dies nicht zu tun” (Zitat Alfred Heerhausen).
Chur, 28. März 2001
Namen: Hess, Butzerin, Cahannes, Bär, Bischoff, Bisculm, Brüesch, Bühler, Büsser, Carisch, Casanova (Chur), Catrina, Cavigelli, Christ, Christoffel, Claus, Conrad, Dermont, Donatsch, Farrér, Feltscher, Giuliani, Hanimann, Hardegger, Hartmann, Jäger, Joos, Kessler, Koch, Lardi, Loepfe, Looser, Maissen, Marti, Meyer, Montalta, Nick, Parpan, Pelizatti, Peretti, Pfenninger, Quinter, Robustelli, Sax, Scharplatz, Schmid (Vals), Schütz, Stiffler, Suenderhauf, Suter, Thomann, Thurner, Tramèr, Tremp, Trepp, Tuor (Disentis/Mustér), Tuor (Trun), Walther, Zarro, Zindel
Session: 28.03.2001
Vorstoss: dt Motion