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Session: 01.06.2001

Die Öffnung des Strommarktes macht auch vor Graubünden nicht halt und wird in absehbarer Zeit auch unsere lokalen und regionalen Elektrizitätswerke konfrontieren. Für die Bündner Elektrizitätswerke heisst das, sich rechtzeitig auf diesen tiefgreiffenden Wandel in der Branche einzustellen. Kürzere, schnellere Entscheidungswege und grössere Handlungsfreiräume sind elementare Bedingungen, um sich im künftigen Umfeld einigermassen zu behaupten. Um diesen elementaren Anforderungen zu genügen, wählen immer mehr EW's die Rechtsform einer Aktiengesellschaft. In Graubünden haben diesen Schritt unter anderem das Elektrizitätswerk der Landschaft Davos und das Elektrizitäts-werk Arosa vollzogen; weitere Elektrizitätswerke (beispielsweise Industrielle Betriebe der Stadt Chur, Elektrizitätswerk Flims und Elektrizitätswerk Scuol) bereiten sich darauf vor.

Wirtschaftlich agierende und effizient betriebene Elektrizitätswerke helfen, das Risiko der Marktöffnung abzufedern. Sie tun dies sicherlich auch im volkswirtschaftlichen Interesse des Kantons Graubünden, hängen doch von gut funktionierenden Bündner Elektrizitätswerken nicht nur Arbeitsplätze sondern auch Einnahmen für die öffentliche Hand ab. Im Gegenzug aber handeln sich diese privatisierten EW's einen steuerlichen Nachteil ein. Zu den bereits sehr hohen Abgaben in Form von Wasserzinsen, Wasserwerksteuern, etc. und den ebenfalls hohen Auflagen (z.B. Restwassersanierung) kommt neu auch noch eine Steuerpflicht auf Gewinn und Kapital hinzu. Es ist mit folgenden zusätzlichen Belastungen zu rechnen: Emissionsabgabe, direkte Bundessteuer, Staats- und Gemeindesteuer, Handänderungssteuer/Grundstückgewinnsteuer.

Dadurch wird kantonsintern ein Ungleichgewicht der Wettbewerbspositionen geschaffen, indem öffentlich-rechtliche Elektrizitätswerke auch nach der Marktöffnung von einer Steuerpflicht befreit sein sollen - und damit für ihre passive Rolle finanziell noch belohnt werden - während aktivere EW's zusätzliche finananzielle Bürden auferlegt bekommen. Diese Wettbewerbsungleichheit erstaunt umsomehr, sind doch die privatrechtlichen Unternehmen per Leistungsauftrag an die gleichen öffentlichen Aufgaben gebunden wie die öffentlich-rechtlichen Gemeinde-EW's.

Die Unterzeichnenden ersuchen die Regierung um Beantwortung folgender Fragen:

1. Ist sich die Regierung dieser Problematik bewusst?
2. Sieht die Regierung in dieser Problematik einen Handlungsbedarf?
3. Bietet das bestehende Kantonale Steuergesetz einen Handlungsspielraum mit welchem dieses Ungleichgewicht behoben werden kann? Wenn ja, welchen?

Chur, 1. Juni 2001

Namen: Kollegger, Butzerin, Brüesch, Battaglia, Brunold, Christ, Christoffel, Crapp, Godly, Göpfert, Gross, Hess, Kehl, Luzio, Tremp

Session: 01.06.2001
Vorstoss: dt Interpellation


Antwort der Regierung

Die Ausnahmen von der Steuerpflicht sind Teil des harmonisierten Bundesrechts. Das Bundesgesetz über die direkte Bundessteuer (Art. 56 DBG) und das Bundesgesetz über die Harmonisierung der direkten Steuern der Kantone und Gemeinden (Art. 23 StHG) enthalten weitgehend gleichlautende Bestimmungen. Der Gestaltungsspielraum des kantonalen Gesetzgebers ist damit stark eingeschränkt.
Die Auslegung der bestehenden gesetzlichen Bestimmungen von Bund und Kanton ist Sache der kantonalen Steuerverwaltung. Diese klärt gegenwärtig ab, ob eine juristische Person, die eine früher durch das Gemeinwesen ausgeübte Tätigkeit bezweckt, von der Steuerpflicht befreit werden kann. Diese Abklärungen umfassen nicht nur die Elektrizitätswerke, sondern auch andere Regiebetriebe, deren Abspaltung bereits vollzogen oder zumindest geplant ist. Hinsichtlich der Wettbewerbsgleichheit müssen dabei alle Marktteilnehmer, insbesondere aber die direkten Konkurrenten in die Beurteilung mit eingeschlossen werden. Eine Ungleichbehandlung von Regiebetrieben der Gemeinden und privatisierten Betrieben ist hinzunehmen, da bundesrechtlich ausdrücklich vorgesehen ist, dass die Gemeinden generell von der Steuerpflicht befreit sind, die privatrechtlichen juristischen Personen aber nur insoweit, als sie öffentliche oder gemeinnützige Zwecke verfolgen.
Die Regierung ist generell der Auffassung, dass privatrechtlichen juristischen Personen nur zurückhaltend eine Steuerbefreiung gewährt werden kann. Wer mit der Ausgliederung einer bisher von der Gemeinde ausgeübten Tätigkeit die grössere Flexibilität der Privatwirtschaft anstrebt, soll nicht gleichzeitig die Vorteile der öffentlichen Hand beanspruchen können.

Gestützt auf diese allgemeinen Ausführungen kann die Regierung die konkret gestellten Fragen wie folgt beantworten:

1. Die Regierung ist sich der Problematik bewusst.

2. Für die Beurteilung der Frage, ob ein Handlungsbedarf besteht, müssen die Abklärungen der Steuerverwaltung abgewartet werden.

3. Die ungleiche steuerliche Behandlung der Gemeinden einerseits und der privatrechtlichen juristischen Personen andererseits kann im bestehenden Steuergesetz nicht auf dem Auslegungsweg beseitigt werden. Da zudem die Ausdehnung der Steuerbefreiung für die juristischen Personen bundesrechtlich nicht möglich und eine allenfalls mögliche Besteuerung der Gemeinden aus Sicht der des Kantons nicht erwünscht sein kann, erübrigen sich auch weitergehende Überlegungen hinsichtlich eines gesetzgeberischen Gestaltungsspielraumes.