Über 200 Sans-papiers, d.h. Personen ohne fremdenpolizeilich geregeltes Aufenthaltsrecht, haben seit April 2001 die Öffentlichkeit auf ihre Lebenssituation aufmerksam gemacht und für ihre Probleme sensibilisiert. In verschiedenen Städten setzten sie sich öffentlich für eine kollektive Regularisierung aller Sans-papiers in der Schweiz ein. Einige Kantonsregierungen wie auch diverse Arbeitgeber unterstützen diese Forderung. Der Nationalrat hat 1999 ein Postulat überwiesen, dass ein Gesetz zur Regularisierung von Sans-papiers ausgearbeitet werden soll. Viele europäische Staaten haben das bereits getan. Die UNO-Vollversammlung hat bereits 1991 kollektive Regularisierungen aufgrund der Aufenthaltsdauer, Beschäftigung und anderer Kriterien empfohlen.
Niemand weiss genau, wie viele Menschen ohne Aufenthaltsbewilligung in der Schweiz leben. Oft handelt es sich um Menschen, die bereits Jahre (teilweise zehn Jahre oder mehr) in der Schweiz leben und arbeiten. Sans-papiers sind in den allermeisten Fällen legal eingereist. Zu Sans-papiers wurden sie aufgrund unserer Gesetze.
Die Alltagssituation der Sans-papiers ist sehr schwierig. Neben der ständigen Angst entdeckt und abgeschoben zu werden, sind sie beinahe beliebig ausbeutbar durch ihre jeweiligen Arbeitgeber. Gegen Willkür und Misshandlungen können sie sich nicht wehren. Sie können sich kaum eigenen Wohnraum mieten und haben in der Regel auch Angst, bei Bedarf die notwendige medizinische Hilfe zu holen. In den letzten Jahren haben sich in den meisten Schweizer Städten Unterstützungsgruppen gebildet, die diesen Personen medizinische und juristische Hilfe vermitteln.
Der Bundesrat empfiehlt die ”Einzelfallprüfung im Rahmen des geltenden Rechts”. Dieser Vorschlag ist nicht praktikabel. Die geltende Härtefallregelung verlangt, dass jeder Fall individuell beurteilt wird, wenn klare Kriterien fehlen. Auf die Situation der Sans-papiers ist diese Regelung nicht anwendbar. Sans-papiers riskieren nicht nur, wegen ”illegalem” Aufenthalt bestraft, sondern auch umgehend ausgeschafft zu werden. Auch die von der Eidgenössischen Ausländerkommission vorgeschlagenen Ombudsstellen können keine Lösung bringen, solange es keine klaren Regelungen für Sans-papiers gibt. Die konkrete Erfahrung zeigt, dass es nicht an fehlenden Informationen, sondern an fehlenden Rechten liegt, dass Sans-papiers sich aus ihrer menschenunwürdigen Situation nicht befreien können. Ein Staat, der sich als Rechtsstaat versteht, darf nicht hinnehmen, dass ein Teil seiner Bevölkerung seine Rechte nicht geltend machen kann. Die kollektive Regularisierung für Sans-papiers ist unabdingbar für eine menschenrechtskonforme Lösung der Probleme der Sans-papiers.
Die Unterzeichnenden bitten deshalb die Regierung um folgende Auskunft:
1. Wieviele Sans-papiers leben nach Kenntnis der Regierung in unserem Kanton?
2. Gedenkt die Regierung beim Bund vorstellig zu werden, um die menschenunwürdige Situation der Sans-papiers zu verbessern?
Chur, 9. Oktober 2001
Name: Frigg, Meyer, Trepp, Arquint, Augustin (Almens), Bucher, Jäger, Locher, Looser, Noi, Pfenninger, Pfiffner, Schmutz, Schütz, Zindel
Session: 09.10.2001
Vorstoss: dt Interpellation