Die Ausschaffung eines Asylbewerbers ist eine sehr schwierige Aufgabe. Es gilt mit einer konsequenten Geradlinigkeit die Entscheide des Bundesamtes für Flüchtlinge bzw. der Asylrekurskommission umzusetzen. Aber gerade das soll in einer Art und Weise geschehen, in der die Würde des betroffenen abgewiesenen Asylsuchenden unbedingt gewahrt wird.
Im Falle Hamid Bakiri ist dies mit grosser Wahrscheinlichkeit nicht geschehen. Laut Aussagen von HEKS, Amnesty International und weiteren Organisationen haben wir generell im Kanton Graubünden im Ausweisungsvollzug ein Problem, und es bestehe Handlungsbedarf. Pflegen wir eine Ausschaffungspraxis ohne menschliches Antlitz?
Zur aktuellen Ausgangslage: Am 20. September nahm sich der algerische Ausschaffungshäftling in einer Polizeizelle in Chur das Leben. Seit Mitte Juli wurde Hamid Bakiri in Thusis in Einzelhaft gehalten. Er hatte keinen Zugang zu Medien, nur sehr spärliche Kontakte zur Aussenwelt, meistens 23 stündige Isolationshaft in einer Einzelzelle, ab 18.00 Uhr war niemand mehr im Hause, und der Häftling musste über eine Gegensprechanlage mit der Polizeizentrale Chur kommunizieren.
Die offiziellen Begründungen für diese Massnahmen (Renitenz, medizinische Gründe) überzeugen bei genauerem Hinschauen nicht.
Der Fall Bakiri ruft nach einer genauen Untersuchung über die Haftbedingungen von Ausschaffungshäftlingen im Kanton. In diesem Zusammenhang stellen die Interpellantinnen und Interpellanten die folgenden Fragen:
1. Teilt die Regierung die Befürchtung, dass die Haftbedingungen von Hamid Bakiri nicht der Bundesrechtspraxis entsprachen (BGE 122 II 299)?
2. Wenn ja, wer übernimmt dafür die Verantwortung?
3. Entsprechen die Haftbedingungen im Ausschaffungsgefängnis in Davos den bundesrechtlichen Anforderungen?
4. Wie genau sieht die Belegungsstatistik des Davoser Ausschaffungsgefängnisses vom 10. Juli bis 20. September aus (Kapazität, freie Plätze)?
5. Wie gedenkt die Regierung das Problem, dass Ausschaffungshäftlinge nicht mit Straffälligen zusammengebracht werden dürfen, das dann oft zu ihrem Nachteil ausgelegt wird und zu Einzelhaft führt, bis zum Bezug der neuen Infrastrukturen für Ausschaffungshäftlinge im Sinne einer ”Ausschaffungspraxis mit menschlichem Antlitz”, zu lösen?
6. Welche Weiterbildungen, Supervision oder Choaching und welche Controllingmassnahmen erhalten die verantwortlichen Leitenden und die Polizeikräfte, die mit der höchst differenzierten Aufgabe der Ausschaffungspraxis betraut sind?
Chur, 9. Oktober 2001
Name: Zindel, Frigg, Schmutz, Arquint, Augustin (Almens), Jäger, Locher, Looser, Noi, Pfenninger, Pfiffner, Schütz
Session: 09.10.2001
Vorstoss: dt Interpellation