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Session: 11.10.2001
Die jüngsten Vorfälle auf internationaler und nationaler Ebene zeigen, dass auch unser Land, wie die anderen Länder, von Ereignissen betroffen werden kann, welche die Sicherheit und sogar das Leben der eigenen Einwohner gefährden können.

Gemäss den Worten des Leiters des Eidgenössischen Labors für Bakteriologie, der sich in den Ausstrahlungen der Tagesschau vom Dienstag 9. Oktober 2001 geäussert hat, sind Kontroll- und Schutzmassnahmen in Bezug auf Bio-Anschläge Sache der Kantone.

Deshalb frage ich die löbliche Regierung:

1. A) Werden im unserem Kanton Kontrollen über den Schutz vor biologischen Waffen durchgeführt?
B) Wenn ja, worin bestehen solche Kontrollen?

2. A) Sind im Falle von Auswirkungen eines Bio-Anschlags Sanitätseinsätze in grossem Unfang vorgesehen?
B) Wenn ja, welcher Art sind diese Einsätze und wie wird das Sanitätswesen auf einen solchen Fall vorbereitet?

Chur, 11. Oktober 2001

Name: Noi

Session: 11.10.2001
Vorstoss: dt SchriftlicheAnfrage


Antwort der Regierung

In den letzten Tagen und Wochen hat das Auftauchen von Milzbrand-Erregern zunächst in den USA und dann auch in Europa zu grosser Verunsicherung in der Bevölkerung geführt. Auch in Graubünden haben sogenannte Trittbretttäter Postsendungen mit pudrigem Inhalt verschickt. Beim Fall in der Poststelle am Churer Kornquader entpuppte sich das weisse Pulver nachträglich als Maisstärke. Weitere solche Vorkommnisse in Graubünden sind zurzeit Gegenstand von Abklärungen.

Dass auch in Graubünden Nachahmungstäter am Werk waren, erachtet die Regierung als sehr bedenklich. Dennoch, es besteht kein Grund zur Panik. Darauf weist auch das Bundesamt für Gesundheit in einer Anweisung zum Umgang mit Anthrax und anderen Bedrohungen mit biologischen Wirkstoffen (Agenzien) hin.

Der Erreger von Anthrax, das Bakterium Bacillus anthracis, respektive seine Sporen, können Infektionen der Haut, des Verdauungstraktes oder der Lunge hervorrufen. Dazu muss der Organismus in angegriffene Haut oder Wunden gerieben, geschluckt oder als feiner Staub eingeatmet (inhaliert) werden. Eine Erkrankung kann durch frühzeitige Behandlung mit entsprechenden Antibiotika therapiert, also behandelt werden. Anthrax wird nicht von Mensch zu Mensch übertragen.

Die Fragen können wie folgt beantwortet werden:

1. a) In Zeiten ohne besondere Vorkommnisse (Normalfall) wird die Toxizität von Lebensmitteln, der Wasserversorgung und anderer Umweltbereiche durch die zuständigen Dienststellen periodisch und stichprobenmässig überprüft. In ausserordentlichen Fällen werden zusätzliche ereignisbezogene und gezielte Kontrollen durchgeführt. Entsprechende Nachweisgeräte stehen zur Verfügung. Für die Durchführung von Kontrollen gegen biologische Waffen bestand allerdings bis anhin im Kanton keine Veranlassung.

b) Kontrollen werden in erster Linie durch Fachspezialisten des chemischen Laboratoriums, des Amtes für Umwelt und des Veterinäramtes durchgeführt. Die Probeentnahmen erfolgen durch speziell geschultes Fachpersonal dieser Dienststellen unter Berücksichtigung der erforderlichen Vorsichtsmassnahmen. Das Veterinär-Bakteriologische Laboratorium verfügt über die fachlichen und technischen Möglichkeiten, Milzbranderreger sowohl am Ausstrich als auch in der Kultur nachzuweisen. Diese Dienststelle verfügt über eine mobile Desinfektionseinheit, welche zur Dekontamination eines Schadenplatzes eingesetzt werden kann.

2. a) Im Falle eines konkreten biologischen Attentats sind Interventionen auf breiter sanitarischer Ebene möglich. Die Prinzipien des koordinierten Sanitätsdienstes im Katastrophenfall sehen einen spezifischen Einsatz aller Partner des medizinischen und sanitätsdienstlichen Sektors im Bedarfsfall vor. Zu denken ist hier an den Einsatz von Entgiftungsteams, den Betrieb von Sanitätsposten und Entgiftungsstellen unter Einbezug der sanitätsdienstlichen Stellen des Zivilschutzes, an die Nutzung der geschützten Operationsstellen in Spitälern oder allenfalls an das Einrichten vorgeschobener Notspitäler mit Entgiftungsstationen.

b) Im Katastrophenfall muss der sanitarische Apparat auf die spezifischen Bedürfnisse des konkreten Falles umgestellt und mit dem erforderlichen Material aus den Beständen des Zivilschutzes und der Armee ausgerüstet und ergänzt werden. Gleichzeitig sind Personal- und Bettenkapazitäten freizustellen, Triage-, Behandlungs- und Lagerstellen einzurichten. Dies könnte zu Einschränkungen der individualmedizinischen Abläufe zu Gunsten der Bewältigung eines Massenanfalles von Vergifteten und Verwundeten führen. Gegen biologische Substanzen wird im Übrigen mittels Entgiftungsverfahren und Antidotspritzen bei den Reinigungs-Entgiftungsstellen interveniert.