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Session: 27.11.2001

Jugendliche müssen im Alter von 10-14 Jahren mit der Wahl einer adäquaten Ausbildung ihre beruflichen Weichen stellen. Die Eltern sind in diesem Entscheidungsprozess wichtige Berater. Oberstufenschülerinnen und schüler können grundsätzlich zwischen dem gymnasialen Maturitätsweg mit späterem universitärem Studium und einer Berufslehre wählen. Die Berufslehre kann seit wenigen Jahren mit der Berufsmatura verbunden werden. Diese gilt als Voraussetzung für ein Fachhochschulstudium. Dieser gleichwertige und von der Praxis hoch geschätzte Ausbildungsweg ist bei den Jugendlichen und ihren Eltern noch zuwenig bekannt, oder er wird zumindest noch nicht richtig gewertet.

Die Regierung schreibt in der Märzsession als Antwort auf das vom Parlament abgelehnte Postulat Arquint zur Anhebung der Maturitätsquote: ”Die Wirtschaftsstrukturen im Kanton mit vielen KMU-Betrieben bedingen auch die Förderung der Berufsbildung einschliesslich der Berufsmaturität, welche die Zulassung zum Fachhochschulstudium vermittelt. Schulisch begabten Jugendlichen vermitteln diese auf die Berufslehre aufbauenden Ausbildungen sehr gute Perspektiven. Der prüfungsfreie Übertritt von Berufsmaturandinnen und -maturanden in Fachhochschulen erlaubt es den lernwilligen Jugendlichen, die Erfahrungen aus der Berufsausbildung zu vertiefen. Dieser Ausbildungsweg ist somit für alle Jugendlichen attraktiv und bietet interessante Karrieremöglichkeiten innerhalb und ausserhalb des Kantons. Die Tatsache, dass diese Gegebenheiten noch nicht überall bekannt sind ......” Mit dieser Aussage unterstreicht die Regierung die Bedeutung der Berufsmaturität und deren tiefen Be-kanntheitsgrad.
In Graubünden werden zurzeit drei Typen der Berufsmaturität an unterschiedlichen Schulen angeboten: Die technische Berufsmatura an den Gewerbeschulen und an der HTW, die kaufmännische Berufsmatura an den kaufmännischen Berufsschulen und die naturwissenschaftliche Berufsmaturität am landwirtschaftlichen Bildungszentrum Plantahof.
Diese Schulen bemühen sich, mit verschiedenen Informationskampagnen (Wanderausstellungen, Vorträgen, Informationsabenden, Frauenförderung in technischen Berufen usw.) auf die Möglichkeit der Berufsmaturaausbildung aufmerksam zu machen. Die flächendeckende Information aller Oberstufenkinder und deren Eltern ist ohne Koordinationsinstanz nicht gewährleistet. Sie ist bei so vielen unterschiedlichen Trägerschulen einerseits ineffizient, weil doppelspurig, und andererseits nicht sehr effektiv, weil fachbereichsbezogen. Wenn die Förderung des dualen Berufsbildungsweges nicht Lippenbekenntnis bleiben soll, bedarf es hier einer kantonalen Koordination. Die betroffenen Schulen sind sicherlich bereit, ihren Anteil bei Kommunikationskampagnen zu übernehmen.

Die Vernehmlassung zum neuen eidg. Berufsbildungsgesetz ist abgeschlossen. Das neue Gesetz wird neu eine Berufsmatura für Gesundheitsberufe und eventuell die Einheitsmatura bringen.
Viele Unternehmer von Kleinbetrieben können aus finanziellen und organisatorischen Gründen keine Berufsmaturalehrstellen anbieten. Berufsmatura-Ausbildungen sind nur möglich, wenn genügend Lehrstellen vorhanden sind.

Die Interpellanten möchten aufgrund der geschilderten Entwicklungen folgende Fragen stellen:

1. Was gedenkt die Regierung zu tun, um den Bekanntheitsgrad der Berufsmatura bei Jugendlichen und deren Eltern als zur gymnasialen Matura gleichwertigen Ausbildungsgang zu erhöhen?
2. Wie gedenkt die Regierung, das Angebot von Berufsmaturalehrstellen zu fördern?
3. Wie sieht die zukünftige Berufsmaturitätslandschaft im Kanton Graubünden auf dem Hintergrund des neuen Berufsbildungsgesetzes aus?

Chur, 27. November 2001

Name: Feltscher, Marti, Claus, Barandun, Berther (Sedrun), Bucher, Büsser, Butzerin, Capaul, Casanova (Chur), Casanova (Vignogn), Cathomas, Cavegn, Caviezel, Christ, Donatsch, Federspiel, Giuliani, Hess, Jäger, Joos, Kessler, Lemm, Locher, Looser, Luzio, Maissen, Meyer, Parpan, Pfenninger, Pfiffner, Robustelli, Roffler, Sax, Scharplatz, Schmid (Sedrun), Schütz, Telli, Thomann, Toschini, Trachsel, Trepp, Tscholl, Tuor (Disentis/Mustér), Tuor (Trun), Wettstein, Zanolari, Zegg, Zinsli

Session: 27.11.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Berufsmaturität stellt das zentrale Bindeglied zwischen Grundbildung und Fachhochschulstudium dar. Die Berufsmaturität wurde im Jahre 1996/1997 eingeführt und entwickelte sich in den vergangenen Jahren im Kanton Graubünden positiv. Derzeit werden in lehrbegleitenden Berufsmaturitätsschulen 388 Lehrlinge (1997: 67) und in Nachlehrangeboten 199 (1997: 89) Personen ausgebildet.

Die Zunahme von Absolventinnen- bzw. Absolventen der Berufsmaturität ist erfreulich. Der Anteil sollte sicherlich noch gesteigert werden können.

In den vergangenen Jahren intensivierten Berufsverbände und das Amt für Berufsbildung und Berufsberatung die Informationsanstrengungen gegenüber Jugendlichen. So wurden anlässlich von Berufsschauen und Berufsinformationen in der Volksschul-Oberstufe nebst den Lehrmöglichkeiten auch die Attraktivität und die Inhalte der Berufsmaturität aufgezeigt. Um die Wirkung dieser Informationen zu erhöhen, wäre eine engere Koordination zwischen den einzelnen Informationsträgern anzustreben. Aus Kapazitätsgründen konnte bisher diese wünschbare Koordination nicht gewährleistet werden.

1. Die Regierung unterstützt im Rahmen des Lehrstellenbeschlusses Projekte, welche den Bekanntheitsgrad der Berufsmaturität fördern. Derzeit ist ein Projekt in Vorbereitung, das eine gesamtheitliche Verbesserung der Information erzielen
soll. Das Projekt wird Anfang 2002 dem Ausschuss der Berufsbildungskommission vorgelegt. Eine wesentliche Zielgruppe stellen dabei die Oberstufenlehrkräfte der Sekundarschule dar, um den Stellenwert eines systematischen Berufswahlunterrichtes zu erhöhen.


2. Es ist Anliegen und Ziel der Regierung, das Angebot der Berufsmaturalehrstellen gezielt zu fördern. Alle neuen Lehrbetriebe werden vom Amt für Berufsbildung und Berufsberatung (ABB) ausführlich über die Berufsmatura und deren Vorteile orientiert. Auch während der Ausbildung der zukünftigen Lehrmeisterinnen und Lehrmeister, der Lehrmeisterkurse, werden die Ausbildungsbetriebe motiviert, Berufsmaturalehrstellen zu schaffen und anzubieten. Im Hinblick auf die bevorstehende Berufswahl orientieren die Berufsberaterinnen und Berufsberater alle Schülerinnen und Schüler der Oberstufe. Die Berufsberatung nutzt diese Gelegenheit, die zukünftigen Lehrlinge über die Möglichkeiten und Chancen der Berufsmatura zu orientieren. Alle diese Aktivitäten werden durch regelmässige öffentlich ausgeschriebene Informationsveranstaltungen der Berufsschulen unterstützt.

1. Die Regierung teilt die Ansicht der Interpellanten, dass das Angebot von Berufsmaturalehrstellen gefördert werden sollte. Im Rahmen der erwähnten LSB 2 Projekte erfolgt dies auf der Informationsebene . Eine gezielte und langfristige Förderung durch aktive Betreuung der Lehrbetriebe und durch kontinuierliche Bearbeitung des Lehrstellenmarktes ist mit dem derzeitigen Personalbestand im Amt für Berufsbildung und Berufsberatung nicht möglich.

3. Es ist schwer abzuschätzen, wie die zukünftige Berufsmaturitätslandschaft im Kanton Graubünden aussehen wird. Derzeit ist offen, ob es neue Berufsmaturitätslehrgänge oder ob es eine sogenannte Einheitsberufsmaturität geben wird. Die Regierung strebt jedoch an, die Berufsmaturität in jedem Falle zu stärken und weiterzuentwickeln.