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Session: 27.11.2001

Bekanntlich bildet die Rhätische Bahn (RhB) das Rückgrat des öffentlichen Verkehrs in unserem Kanton. Auf einer Trasseelänge von gegen 400 km erschliesst sie die Sohle der Haupttäler und damit weite Teile unseres Kantons. Der Anteil des Streckennetzes der Schweizerischen Bundesbahn (SBB) auf dem Gebiet des Kantons Graubünden beschränkt sich dagegen auf gerade mal 19 km. Dies unterstreicht deutlich die Bedeutung der Rhätischen Bahn als Hauptverkehrsträger und ihre Bedeutung für den öffentlichen Verkehr unseres Kantons.
Im Zusammenhang mit der Lohndiskussion und dem erforderlichen Finanzbedarf für die Substanzerhaltung der Infrastruktur war in der Tagespresse zu lesen, dass die Ungewissheit über den Umfang der künftigen Finanzierung der Rhätischen Bahn seitens des Bundes für die Rhätische Bahn und damit auch für ihr Personal zu Schwierigkeiten führt.

In diesem Zusammenhang dürfte es von allgemeinem Interesse sein, wie sich der Kanton als Mehrheitsaktionär der Rhätischen Bahn in den angelaufenen Bahnprojekten verhält. Die Unterzeichnenden laden deshalb die Regierung ein, zu folgenden Fragen Stellung zu nehmen:

1. Was unternimmt die Regierung, um die Interessen des Kantons und im Besonderen der Rhätischen Bahn gegenüber dem Bund bezüglich der Bahnprojekte (Bahn 2000, 2. Etappe / Bahnreform II) wahrzunehmen?
2. Was für Möglichkeiten hat die Regierung, die Finanzierungsvoraussetzungen für die Rhätische Bahn zu verbessern, und zwar
a) in Bezug auf die Substanzerhaltung der Infrastruktur und
b) in Bezug auf die für die teilweise Angleichung der Lohn- und Anstellungsbedingungen des RhB-Personals an diejenigen des SBB-Personals?

Chur, 27. November 2001

Name: Tuor (Disentis/Mustér), Tremp, Nigg, Brüesch, Butzerin, Cahannes, Casanova (Vignogn), Cathomas, Cavegn, Caviezel, Christ, Demarmels, Federspiel, Geisseler, Giuliani, Gubelmann, Hardegger, Hübscher, Jeker, Joos, Keller, Lardi, Lemm, Locher, Loepfe, Luzi, Luzio, Marti, Möhr, Parpan, Patt, Portner, Quinter, Righetti, Robustelli, Sax, Schmid (Sedrun), Schmid (Vals), Stiffler, Suenderhauf, Thöny, Trachsel, Tuor (Trun), Vetsch, Wettstein, Zanolari

Session: 27.11.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Regierung erwartet von den Projekten "BAHN 2000 2. Etappe" und "Anschluss der Ost- und Westschweiz an das europäische Eisenbahn-Hochleistungsnetz" (HGV-Anschlüsse) eine Stärkung des Wirtschafts- und Tourismus-Standortes Graubünden. Der öffentliche Verkehr soll in die Lage versetzt werden, zusätzliche Anteile des Verkehrs von und nach Graubünden umweltfreundlich zu bewältigen. In der Antwort auf die Interpellation Zanolari vom 30. Oktober 2001 (Protokoll Nr. 1680) betreffend besserer Anbindung von Graubünden an die schweizerischen Städte und an das HGV-Netz hat die Regierung ihre Erwartungen bereits dargelegt und auch auf die Studie "Zu(g)kunft Graubünden" verwiesen.

In der "Regionalkonferenz Öffentlicher Verkehr Ostschweiz" haben die sieben Kantone AI, AR, GL, GR, SG, SH und TG eine gemeinsame Strategie für das Angebot BAHN 2000 - 2. Etappe entwickelt. Bezüglich RhB wurde das Konzept "NEVA Retica Plus" vorgeschlagen. Dieses sieht Fahrzeitverkürzungen und den Halbstundentakt zu den Hauptverkehrszeiten auf den meisten RhB-Linien vor. Voraussetzung dafür bilden verschiedene Infrastrukturausbauten wie Doppelspurinseln in den Räumen Saas, Klosters, Zuoz und Bever; zudem wird eine Neutrassierung Fideris-Küblis sowie eine Neubaustrecke Selfranga-Davos (Tunnel) notwendig sein. Allerdings ist bereits heute festzustellen, dass der angemeldete gesamtschweizerische Mittelbedarf "Bahn 2000 2. Etappe" wesentlich grösser ist als der zur Verfügung stehende Finanzrahmen.

Nachdem die Abgeltung der ungedeckten Betriebskosten im Regionalverkehr mit der Eisenbahngesetzrevision 1996 harmonisiert wurde, hat nun das Bundesamt für Verkehr (BAV) das Paket Bahnreform II an die Hand genommen; eine Vernehmlassung soll voraussichtlich im Herbst 2002 stattfinden. Aus Sicht der Ostschweizer Kantone sollen primär die verbliebenen, stossenden Ungleichheiten zwischen SBB und konzessionierten Transportunternehmungen (KTU) bei der Investitionsfinanzierung beseitigt werden, d.h. von Rollmaterial und festen Anlagen/Infrastruktur.

Ziel muss auch die Entschuldung der KTU sein, analog der 1999 im Rahmen Bahnreform I erfolgten SBB-Entschuldung, wie auch die Schliessung der Deckungslücken der autonomen KTU-Pensionskassen. Zudem sollen anstelle vieler objektbezogener Investitionsvereinbarungen Bund/Kanton/KTU mehrjährige "Leistungsvereinbarungen" analog derjenigen der SBB treten, wie auch die Ausschreibungs- und Offertverfahren besser geregelt werden.

Kritisch zu prüfen sein werden die Vorschläge zur Netzhierarchie: Das BAV schlägt eine Aufteilung der finanziellen Verantwortung des schweizerischen Schienennetzes vor in ein Grundnetz (Zuständigkeit: 100% Bund, ausgenommen "Sonderwünsche") und ein Ergänzungsnetz (Kantone bzw. "Regionalverkehrsregionen", nicht zu verwechseln mit den Aggloverkehrsregionen gemäss Absicht des Neuen Finanzausgleichs).

Da die Bahnreform II frühestens 2006 in Kraft treten wird, hat sich der Kanton beim Bund, gestützt auf den Staatsvertrag 1997, erfolgreich für rasch wirksame Verbesserungen im Abgeltungs- wie im Investitionsbereich eingesetzt: Im Spätherbst 2001 hat das BAV dem Kanton nach langen Verhandlungen anstelle der vorgesehenen 3%-Kürzung eine leichte Abgeltungserhöhung bewilligt wie auch eine Erhöhung der RhB-Investitionstranche aus dem 8. Rahmenkredit von 67 Mio. Fr. Damit ist es der Unternehmung möglich, dem RhB-Personal eine teilweise Angleichung der Lohn- und Anstellungsbedingungen an diejenigen der SBB zu gewähren. Mit den erhöhten Mitteln aus dem 8. Rahmenkredit sind nun für die Jahre 2002-2005, wenigstens auf einem minimalen Niveau, die Substanzerhaltung der festen Anlagen wie Oberbau, Tunnel, Brücken, Sicherungsanlagen gesichert. Dasselbe gilt für die Ausbauten BAHN 2000 1.Etappe und betrifft z.B. den Ausbau der Bahnhöfe Filisur und Schiers inklusiv anschliessender Doppelspuren sowie die Verbesserung der Umsteigeverhältnisse SBB/RhB in Landquart und die Sanierung der Stadtstrecke der Arosabahn in Chur. Diese Massnahmen sind zudem Voraussetzung für das neue SBB-Angebotskonzept Zürich-Chur ab Dezember 2004, mit stündlichen IC mit nur noch 72 Minuten Fahrzeit.

Weiterhin nicht einverstanden ist die Regierung damit, dass der Bund die Anschaffung und Erneuerung von Rollmaterial seit Juni 2001 nicht mehr über den 8. Rahmenkredit finanzieren will. Dies führt zu erhöhten Kapitalkosten, belastet die laufende Rechnung zusätzlich und bedeutet schlussendlich eine kaum mehr tolerierbare Überalterung des Fahrzeugparks, welche die Wettbewerbsfähigkeit massiv tangiert.