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Session: 28.11.2001

Nach Umfragen des GFS-Forschungsinstitutes gehört der Kanton Graubünden immer noch zu den unentschiedenen Kantonen, d. h. alles sei offen, ob eine Mehrheit der Bündnerinnen und der Bündner am 3. März ein JA zum UNO-Beitritt in die Urne legt.
Bekanntlich braucht es, damit die Schweiz als letztes Land der Welt, abgesehen vom Vatikan, der Völkergemeinschaft beitritt, nicht nur ein Volks- sondern auch ein Ständemehr.
Als Tourismuskanton mit einem hohen Anteil von ausländischen Touristen und als Grenzkanton zum neutralen UNO-Land Österreich und zu Italien wäre es verheerend, wenn aus Graubünden isolationistische Zeichen ausgesendet würden.
Weiter würden sich die Bedingungen, das WEF 2003 wieder nach Davos zurückzuholen und damit die Diskussionen über den Nord-Süd-Konflikt und die weltwirtschaftlichen Probleme bei uns durchführen zu können, weiter verschlechtern.

In diesem Zusammenhang möchten die Interpellantinnen und Interpellanten die Regierung höflichst bitten, untenstehende Fragen zu beantworten.

1. Teilt die Regierung die Besorgnis der InterpellantInnen, dass ein Nein aus Graubünden sich negativ auf Unternehmungen und Arbeitnehmende sowie insbesondere auf den Tourismus unseres Kantons auswirken könnte?
2. Teilt die Regierung die Ansicht, dass ein Nein aus Graubünden die Aussichten, dass das WEF 2003 wieder nach Davos zurückkommt, verschlechtern könnte?
3. Ist die Regierung bereit, die Bevölkerung über aIIfällige Konsequenzen eines Nein's für die Schweiz und insbesondere für Graubünden aufzuklären?
4. Teilt die Regierung die Auffassung des Bundesrates, dass bei einem UNO-Beitritt die Neutralität der Schweiz, sowie auch für alle anderen neutralen Länder, die bereits der UNO angehören‚ nicht beeinträchtigt wird?

Chur, 28. November 2001

Name: Trepp, Trachsel, Caupaul, Ambühl, Arquint, Augustin, Bachmann, Berther (Disentis/Mustér), Biancotti, Brüesch, Bucher, Bühler, Büsser, Butzerin, Casanova (Chur), Cathomas, Catrina, Christ, Christoffel, Claus, Conrad, Farrér, Feltscher, Frigg, Giacometti, Giuliani, Gunzinger, Hanimann, Hardegger, Hartmann, Hess, Jäger, Joos, Locher, Loepfe, Looser, Luzio, Maissen, Marti, Meyer, Nick, Noi, Parolini, Peretti, Pfenninger, Pfiffner, Righetti, Rizzi, Robustelli, Roffler, Sax, Scharplatz, Schmid (Sedrun), Schmid (Splügen), Schmutz, Schütz, Suenderhauf, Thomann, Toschini, Tremp, Trepp, Tuor (Disentis/Mustér), Tuor (Trun), Wettstein, Zanolari, Zindel

Session: 28.11.2001
Vorstoss: dt Interpellation

Antwort der Regierung

Die Regierung hat sich in ihrer Vernehmlassung zur Frage eines Beitritts der Schweiz zur Organisation der Vereinten Nationen (UNO) vom 19. September 2000 an das Eidgenössische Departement für auswärtige Angelegenheiten klar für den Beitritt zur UNO ausgesprochen. Mit guten Gründen.

Ein UNO-Beitritt ist mit der schweizerischen Neutralitätspolitik vereinbar. Ergreift die Weltgemeinschaft über die Organe der UNO Massnahmen gegen Staaten oder ein-zelne Akteure, die die internationale Ordnung brechen, sind militärische Massnah-men oder wirtschaftliche Sanktionen möglich. Bei militärischen Operationen sind die Mitgliedstaaten jedoch nicht verpflichtet, Truppen zu stellen. Hierzu braucht es Son-derabkommen. Hingegen sind wirtschaftliche Sanktionen mitzutragen, andernfalls stellt sich ein Staat auf die Seite der Aggressoren. Die Schweiz trägt seit über 10 Jahren die wirtschaftlichen Sanktionen der UNO mit. Niemand hat ihr deshalb bis heute Neutralitätsbruch vorgeworfen. Neutrale Staaten wie Österreich, Schweden, Finnland oder Irland sind ebenfalls UNO-Mitglieder, ohne dass es deren Neutralität je geschadet hätte. Der UNO-Beitritt ist auch finanziell vertretbar. Die Schweiz leistet bereits heute namhafte Beiträge an die Hilfsprogramme der UNO (Entwicklungshilfe, humanitäre Hilfe, Katastropheneinsätze). Sie stellt der Abrüstungskonferenz in Genf Experten zur Verfügung. Zudem war sie aktiv an der Friedens- und Konfliktvermitt-lung (z.B. in der Westsahara, im Kaukasus oder auf dem Balkan) beteiligt. Die Voll-mitgliedschaft hätte lediglich einen um rund 10 % höheren Beitrag der Schweiz an die UNO zur Folge.

Die Regierung erachtet den UNO-Beitritt sodann als solidarischen Akt. Internationale Zusammenarbeit, Entwicklung und Sicherheit sind für alle Länder von grösster Be-deutung, beispielsweise im Hinblick auf Migrations- und Asylprobleme. Dazu soll und muss die Schweiz einen angemessenen Beitrag leisten. Die Schweiz profitiert zur Zeit von friedenserhaltenden Operationen der UNO, ohne sich daran finanziell zu be-teiligen.

Die Fragen können wie folgt beantwortet werden:

1. Die UNO und ihre Organisationen stellen zweifellos einen Wirtschaftsfaktor dar, von dem die Schweiz profitiert. So liefert die Schweiz jährlich Güter (Medikamen-te, Lebensmittel etc.) zum Preis von vielen Millionen Franken. Die Gesamtheit der internationalen Organisationen hat 1999 allein in Genf Saläre im Betrag von rund Fr. 1,9 Mia. bezahlt. Wie weit sich ein Nein zur UNO in Graubünden auf Wirt-schaft und Tourismus auswirken würde, ist schwer zu sagen. Entsprechende Studien fehlen. Aus touristischer Sicht dürften die Auswirkungen eines Neins eher marginal sein. Beispiele anderer Tourismus-Destinationen belegen, dass bei Tou-risten politische Gegebenheiten nicht im Vordergrund stehen, wenn es darum geht, das Feriendomizil zu wählen. Dazu kommt, dass die Schweiz in den ver-schiedenen Spezialorganisationen der UNO bereits heute eine aktive Rolle spielt und in diesen Bereichen positiv zur Kenntnis genommen wird.

2. Der Entscheid, ob das WEF 2003 wieder in Davos stattfinden wird, wird späte-stens am 4. Februar 2002 am WEF in New York bekannt gegeben. Die Abstim-mung über den UNO-Beitritt findet jedoch erst im März 2002 statt. Ein direkter Zusammenhang zwischen UNO und WEF 2003 kann deshalb nicht hergestellt werden.

3. Die Regierung hat sich bereits bei verschiedenen Veranstaltungen für den Beitritt der Schweiz zur UNO ausgesprochen und diese Position begründet. Dies wird sie auch bei weiteren sich bietenden Gelegenheiten tun.

4. Die Regierung teilt diesbezüglich die Auffassung des Bundesrates. Eine entspre-chende Begründung lieferte sie in der Einleitung zur Beantwortung der vorliegen-den Interpellation.