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Session: 28.11.2001

In Artikel 21 des Entwurfes zu einem Bundesgesetz über die Landessprachen und der Verständigung unter den Sprachgemeinschaften, der zurzeit in Vernehmlassung ist, wird vorgesehen, dass der Bund zusammen mit den Kantonen eine wissenschaftliche Institution zur Förderung der Mehrsprachigkeit führe, wobei auch schon deren Aufgaben sowie die organisatorische Struktur vorgegeben werden.
Die Schaffung eines derartigen Institutes ist schon mehrfach gefordert worden; vor allem ist darauf hingewiesen worden, dass wir zwar in einem mehrsprachigen Staat leben, die Erforschung des Phänomens der Mehrsprachigkeit jedoch nirgends in systematischer und befriedigender Weise vorangetrieben werde.

Nun hiesse es “Wasser in den Rhein tragen”, wenn man die einzigartige Bedeutung herausstreichen möchte, die dem Kanton Graubünden im Bereich der Mehrsprachigkeit zukommt. Graubünden hat darin jahrhundertealte Erfahrungen. Er ist der einzige dreisprachige Kanton in der Schweiz. Er beherbergt die nur hier lebende Kleinsprache Rätoromanisch, und mit den italienischsprachigen Südtälern ist eine weitere schweizerische Minderheitensprache vorhanden.
Die Mobilität, Strukturprobleme peripherer Regionen sowie die touristische Entwicklung und mediale Präsenz stellen neue Herausforderungen an die Erhaltung der Mehrsprachigkeit unseres Kantons dar. Nicht zuletzt aus diesen Gründen ist im Kulturförderungsgesetz des Kantons Graubünden die Förderung der Mehrsprachigkeit als vordringliche Aufgabe herausgestrichen.
Mit der Einrichtung eines Institutes für Mehrsprachigkeit können - neben der wissenschaftlichen Erforschung der Probleme im Umfeld der Mehrsprachigkeit - für den Kanton Graubünden zusätzliche Synergien erreicht werden: Der direkte Kontakt der Wissenschaft zur Praxis und den sich stellenden Fragen, die wissenschaftliche Begleitung konkreter Projekte, die Forschungsarbeiten zu den Existenzgrundlagen bedrohter Regional- oder Minderheitensprachen, die Koordination mit dem DRG sowie mit Anliegen der Sprachvereinigungen LIA RUMANTSCHA, PRO GRIGIONI ITALIANO und der Walservereinigung usw.

Der Hochschulstandort Graubünden muss auf breiter Front gestärkt werden. Das vorgesehene Institut würde die bestehenden Institutionen wie PFH Chur und HTW Chur ergänzen und vielfältige Möglichkeiten interdisziplinärer Zusammenarbeit eröffnen.
Nicht unbedeutend ist aber auch die volkswirtschaftlichen Bedeutung (Stellenschaffungen) in einer Randregion; mit der Berücksichtigung des Kantons Graubünden würde der Bund auch ein Bekenntnis zur Dezentralisierung und eine Kompensation für dem Kanton in den letzten Jahren verloren gegangene Bundesbetriebe zum Ausdruck gegeben.

Aus nationalen und föderalen Gründen drängt sich der Kanton Graubünden als Standort für das geplante von Bund und Kantonen getragene wissenschaftliche Institut auf
Die Postulantinnen und Postulanten fragen die Regierung an, ob sie bereit ist,
1. alle Vorkehrungen zu treffen, um das vorgesehene Institut für Mehrsprachigkeit in Graubünden anzusiedeln,
2. dieses Ziel in das Regierungsprogramm aufzunehmen.

Chur, 28. November 2001

Name: Arquint, Lardi, Claus, Augustin, Beck, Berther (Disentis/Mustér), Berther (Sedrun), Brüesch, Bucher, Bühler, Butzerin, Campell, Capaul, Casanova (Chur), Casanova (Vignogn), Cathomas, Catrina, Caviezel, Cavigelli, Christoffel, Conrad, Dalbert, Davaz, Demarmels, Dermont, Donatsch, Fallet, Farrér, Federspiel, Frigg, Geisseler, Giacometti, Giovannini, Giuliani, Gunzinger, Hardegger, Hartmann, Hess, Jäger, Joos, Juon, Koch, Lemm, Locher, Loepfe, Luzio, Maissen, Marti, Nick, Noi, Parolini, Peretti, Pfenninger, Pfiffner, Pitsch, Plozza, Portner, Ratti, Righetti, Sax, Schmid (Sedrun), Schmid (Vals), Schütz, Suenderhauf, Toschini, Tremp, Trepp, Tscholl, Tuor (Disentis/Mustér), Tuor (Trun), Valsecchi, Wettstein, Zanolari, Zegg, Zinsli

Session: 28.11.2001
Vorstoss: dt Postulat

Antwort der Regierung

Das Bundesgesetz über die Landessprachen und die Verständigung unter den Sprachgemeinschaften (Sprachengesetz) befindet sich zur Zeit in Vernehmlassung. Die Inkraftsetzung ist für das Jahr 2003 vorgesehen. Der Entwurf dieses Sprachen-gesetzes konkretisiert die Zielsetzungen des Sprachenartikels der Bundesverfassung und sieht, ausgehend vom Verständigungsauftrag gemäss Art. 70 Abs. 3 BV die Schaffung eines Instituts für Mehrsprachigkeit vor.

Das geplante Institut für Mehrsprachigkeit soll eine wissenschaftliche Einrichtung sein, welche Aspekte der Mehrsprachigkeit erforscht und mit anderen Forschungs-stätten, die auf diesem Gebiet tätig sind, zusammenarbeitet. Daneben soll das Insti-tut auch eine Dokumentations- und Informationsaufgabe wahrnehmen.

Der Kanton Graubünden ist der einzige dreisprachige Kanton der Schweiz. Die Kommunikationsrealität zeigt, dass der Kanton Graubünden schon heute vor allem im Bereich Bildung über Strukturen zur Gewährleistung und Förderung von Mehr-sprachigkeitskompetenzen verfügt. Solche Strukturen sind neben den romanischen und italienischen Volksschulen, Schulen mit besonderen Formen der Mehrsprachig-keitsförderung, das Angebot einer zweisprachigen Maturität an verschiedenen Gym-nasien, die Ausbildung von Lehrkräften in verschiedenen Sprachen sowie die Her-stellung von Lehrmitteln in verschiedenen Sprachen.

Damit ist der Kanton Graubünden von der Problematik der Mehrsprachigkeit intensiv betroffen und bietet daher gute Voraussetzungen als Standort für die Mehrsprachig-keitsforschung.

Da das geplante Institut für Mehrsprachigkeit auf Hochschulstufe arbeiten wird, stellt sich die Frage nach dessen institutioneller Anbindung und nach der Vereinbarkeit ei-ner solchen Zielsetzung mit dem Regierungsprogramm. Grundsätzlich beinhaltet das Regierungsprogramm 2001 bis 2004 unter der Zielsetzung 2: "Bildung in Wirtschaft und Gesellschaft" die Erhöhung der Sprachkompetenz durch Ausbau der Mehrspra-chigkeit in der Schule sowie die Stärkung von Graubünden als Ausbildungs- und Weiterbildungsstandort. Dazu gehören die Realisierung der Pädagogischen Fach-hochschule und die Bereitstellung der dazu gehörenden Infrastruktur bis im Jahre 2003 sowie die Erfüllung des Fachhochschulleistungsauftrages des Bundes an der Hochschule für Technik und Wirtschaft HTW Chur. Damit umfasst der Hoch-schulstandort Chur die Bereiche Technik, Wirtschaft, Pädagogik (ab 2003) und Theo-logie, womit bereits im Kanton institutionelle Anknüpfungspunkte für ein Institut für Mehrsprachigkeit vorhanden sind. Da sich Hochschulforschung immer in einem in-terdisziplinären Rahmen bewegt und zudem auf die Grenzen überschreitende Zu-sammenarbeit mit anderen Hochschulen angewiesen ist, gilt es bei der Institutionali-sierung der Mehrsprachigkeitsforschung auch diesen Aspekten Rechnung zu tragen.

Das Erziehungsdepartement hat betreffend die vom Bund vorgesehene Schaffung eines Instituts für Mehrsprachigkeit bereits deutlich signalisiert, dass Graubünden in diesem Zusammenhang als Standort der Mehrsprachigkeitsforschung berücksichtigt werden muss. Die Regierung ist deshalb bereit, dass Postulat im Sinne dieser Aus-führungen entgegen zu nehmen.