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Session: 07.12.2005
Die Familie und ihr Umfeld verändern sich auch im Kanton Graubünden. Unser Kanton soll ein attraktiver Standort für die arbeitstätige Bevölkerung sein. Wir möchten neue Unternehmen in unserem Kanton ansiedeln oder zumindest die bestehenden erhalten. Auch in unserem Kanton hat sich das gesellschaftliche Umfeld verändert. Die klassische Familienstruktur, in der ein Elternteil sich der Erziehung und Betreuung der Kinder widmet und der andere für das Einkommen der Familie sorgt, ist immer weniger der Regelfall. Immer öfter wollen oder müssen beide Partner arbeiten. Diese neuen und oft auch kritisierten Familienmodelle bergen Risiken und Chancen für Staat und Gesellschaft. Die Entwicklung kann durch den Staat nur schwach beeinflusst werden. Der Staat hat aber Rahmenbedingungen für eine gesunde soziale und wirtschaftliche Entwicklung zu schaffen.

Die Hauptverantwortung für die Kinder soll weiterhin bei den Eltern liegen. Unsere Kinder sollen aber unter dem veränderten gesellschaftlichen Umfeld nicht leiden. Sie haben Anrecht auf eine gute Betreuung während der Abwesenheit ihrer Eltern. Strassenkinder sind unverantwortbar und verursachen überproportionale Sozialkosten. Es muss für Kanton und Gemeinden aus sozialen und volkswirtschaftlichen Gründen erstrebenswert sein, Blockzeiten, Mittagstische, Aufgabenhilfe und Horte einzurichten. Sozial leisten sie damit einen wichtigen Beitrag zur Prävention von Verwahrlosung, Suchtverhalten und Schwierigkeiten in der Schule. Damit sparen Kanton und Gemeinden viele Sozialkosten. Gemeinden mit Tagesstrukturen haben Standortvorteile beim Zuzug von Doppelverdienern. Durch die überproportional höheren Steuereinnahmen von Doppelverdienern und die Einsparungen bei den Sozialkosten dürften Gemeinden und Kanton finanziell durchaus von solchen Strukturen profitieren. Die Einführung der Tagesstrukturen muss den Bedürfnissen der einzelnen Talschaften angepasst werden.
Schultagesstrukturen würden unsern Kanton als Wirtschaftsstandort attraktiver machen. Tourismus und Gewerbe könnten profitieren und es könnten neue Arbeitsplätze für Einheimische geschaffen werden. Viele andere Kantone haben den Wettbewerbsvorteil erkannt und entsprechende Strukturveränderungen eingeleitet.

Tagesstrukturen sollten freiwillig und nachfrageorientiert angeboten werden. Die Benützer sollten ähnlich wie bei den familienergänzenden Kinderbetreuungsangeboten im Verhältnis ihrer Leistungsfähigkeit zu einem kostendeckenden Angebot beitragen. In unserem vielschichtigen Kanton dürfte es wichtig sein, dass die Gemeinden bei der Ausgestaltung und Finanzierung eine hohe Autonomie erhalten.

Wir laden die Regierung ein, zu folgenden Fragestellungen einen Bericht zu erstellen sowie Massnahmen und allfällige Gesetzesänderungen vorzuschlagen:

- Wie können Kindergarten und Volksschule in unserem Kanton als Tagesschulen angeboten werden, ohne dass jede Gemeinde dazu gezwungen wird?

- Wie kann trotzdem garantiert werden, dass jedes Kind innert angemessener Reisezeit eine Tagesschule besuchen kann?

- Wie kann die Freiwilligkeit der Benützung und die kostendeckende Umsetzung in unserem Kanton realisiert werden?Chur, 7. Dezember 2005

Name: Feltscher, Robustelli, Cahannes, Berther (Disentis), Casanova (Chur), Casty, Christ, Claus, Donatsch, Hanimann, Hess, Kessler, Koch, Krättli-Lori, Loepfe, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Mengotti, Michel, Noi-Togni, Perl, Pfister, Rizzi, Thomann, Tramèr, Tremp, Zegg, Blarer, Campell, Hartmann (Chur), Toschini

Session: 07.12.2005
Vorstoss: dt Auftrag


Antwort der Regierung

Die Regierung teilt die dem Auftrag zu Grunde liegende Auffassung, dass eine gesunde soziale und wirtschaftliche Entwicklung der Gesellschaft auf entsprechende Rahmenbedingungen angewiesen ist. Im Bereich der Erziehung zählen dazu sowohl optimale Schulungs- und Ausbildungsmöglichkeiten als auch Hilfestellungen bei der ausserschulischen, familienergänzenden Betreuung der heranwachsenden Generation.

Das Kindergartengesetz und das Schulgesetz lassen die Schaffung von Tagesstrukturen im Sinne des vorliegenden Auftrages zu. In verschiedenen Gemeinden stehen einzelne oder mehrere solche Angebote (Tagesschule, Hort, Mittagstisch, Aufgabenhilfe, Blockzeiten etc.) heute schon zur Verfügung. Im Rahmen der gegenwärtigen Kindergarten- und Schulgesetzgebung hat der Kanton aber keine Möglichkeit, von den Kindergarten- und Schulträgerschaften solche zusätzliche Dienstleistungen zu fordern und sich direkt an deren Kosten zu beteiligen.

Das „Kernprogramm Bündner Schule 2010“ des Erziehungs-, Kultur- und Umweltschutzdepartementes hat zum Ziel, die Bündner Volksschulen im Laufe der kommenden Jahre bezüglich Einfachheit, Verlässlichkeit, Unverwechselbarkeit und Zukunftsgerichtetheit zu stärken. In diesem Zusammenhang ist unter anderem der Auf- und Ausbau von Rahmenbedingungen (Blockzeiten etc.) vorgesehen, welche es ermöglichen, die Schule im Sinne des Vorstosses noch besser auf die Bedürfnisse des einzelnen Kindes sowie auf die aktuelle Situation seines persönlichen Umfeldes (Eltern etc.) abzustimmen.

Vor diesem Hintergrund ist die Regierung der Auffassung, dass sich die im Auftrag enthaltenen Fragen im Rahmen der Detailplanung zum „Kernprogramm Bündner Schule 2010“ besser beantworten lassen als in einem separaten Bericht. Der Einbezug des Auftrags in die Umsetzung des Kernprogramms hat den Vorteil, dass die im Vorstoss formulierten Anliegen unter Berücksichtigung aller in Kindergarten und Schule anstehenden Änderungen gewichtet und bearbeitet werden können. Konkret wird im Sinne des Auftrags unter anderem zu klären sein, ob und in welcher Form kantonsweit ein dichtes Angebot an Tagesschulen unter Einbezug der Kostenfrage bereitgestellt werden kann, ohne die Freiwilligkeit bezüglich Bereitstellung des Angebotes oder die Freiwilligkeit bezüglich Nutzung des Angebotes einzuschränken. Insbesondere ist die approximative Höhe der für den Kanton zu erwartenden Mehrkosten abzuschätzen. Als Basis für die Lösung dieser anspruchsvollen Aufgabe dienen unter anderem die diesbezüglichen Abklärungen und Erfahrungen, welche sowohl im schulischen Bereich (u.a. im erwähnten Kernprogramm) als auch im ausserschulischen (familienergänzenden) Bereich bereits vorliegen.

Die Regierung ist bereit, den Auftrag im Sinne dieser Erwägungen entgegenzunehmen.

Datum: 30. Januar 2006