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Session: 14.02.2006
Bewegungsmangel gilt seit Anfang der 1990er-Jahre als gesicherter gesundheitlicher Risikofaktor. Da stimmt es bedenklich, wenn sich laut Bundesamt für Statistik 2002 64% der über 15-Jährigen zu wenig bewegen, wobei der Anteil der Inaktiven seit 1992 markant zugenommen hat.

Neben den motorischen Defiziten weisen 40 bis 90% aller Grundschulkinder bereits Haltungsschwächen oder beginnende Haltungsschäden auf. Für eine gesunde Körperhaltung muss das Skelett durch Muskelkraft stabilisiert und belastet werden. Regelmässiger Schulsport hilft ebenfalls bei der Verhütung und Bekämpfung von Übergewicht und Adipositas (Fettleibigkeit) und verbessert die psychische Gesundheit, kognitive Leistung und die soziale Integration.

Wie Beispiele in der Schweiz bereits zeigen, gehört die tägliche Bewegungsstunde in den schulischen Stundenplan. Um diese Forderung erfolgreich umzusetzen, braucht es strukturelle Veränderungen in der Institution Schule.

Das zentrale Anliegen ist quantitativ genügend und qualitativ guter Sportunterricht, welcher einen Beitrag zu einer umfassenden und ganzheitlichen Erziehung, Bildung und Entwicklung von Kindern und Jugendlichen leistet.

Auf Grund der oben genannten Ausführungen möchten die Unterzeichner/innen folgenden Abschnitt gesetzlich verankert haben:

An den Schulen der Primar- und Sekundarstufe I sowie an allgemein bildenden Schulen der Sekundarstufe II, sind im Rahmen der ordentlichen Unterrichtszeit durchschnittlich wöchentlich mindestens drei Lektionen Sportunterricht zu erteilen.

Die Unterzeichner/innen erteilen der Regierung den Auftrag, die nötigen Änderungen im Sinne der obigen Ausführungen vorzunehmen.

Chur, 14. Februar 2006

Name: Perl, Casty, Dermont, Bachmann, Baselgia, Berther (Sedrun), Bleiker, Büsser, Casanova (Chur), Cavigelli, Christ, Conrad, Dudli, Farrér, Fasani, Feltscher, Giacometti, Giovannini, Gredig-Hug, Hanimann, Hardegger, Hartmann, Hess, Hübscher, Jeker, Joos, Koch, Lemm, Luzio, Märchy, Marti, Meyer-Grass (Klosters), Mengotti, Michel, Möhr, Parolini, Parpan, Portner, Quinter, Ratti, Righetti, Rizzi, Robustelli, Stiffler, Telli, Thomann, Tramèr, Wettstein, Zanolari, Bernhard, Campell, Caviezel (Chur)

Session: 14.02.2006
Vorstoss: dt Auftrag

Antwort der Regierung

Die Regierung teilt die dem Auftrag zu Grunde liegende Sorge für eine umfassende und ganzheitliche Erziehung und Bildung der Kinder und Jugendlichen. Mit dem Blick auf den einzelnen Menschen zählen dazu sowohl kritische, Menschen bejahende und von Wohlwollen getragene Einstellungen (mens sana) als auch körperliche Gesundheit (corpus sanum). Zu einer gesunden Gesellschaft gehören aber nicht nur möglichst viele körperlich und geistig gesunde Menschen, sondern auch die Fähigkeit und die Bereitschaft, mit Abweichungen vom Gesundheitsideal und mit Krankheiten so umzugehen, dass alle Mitglieder der Gemeinschaft - ob individuell gesund oder krank - als wichtige, unverzichtbare Teile eines vielfältigen Ganzen gesehen und erlebt werden.
Im Rahmen einer ganzheitlichen Erziehung und Bildung, welche für die junge Generation angestrebt wird, kommt den im Auftrag angesprochenen Schulen der Primarstufe, der Sekundarstufe I und den allgemein bildenden Schulen der Sekundarstufe II zweifelsohne eine zentrale Rolle zu. Die Schulen können diese Aufgabe aber nicht allein lösen. Einen ebenfalls grossen Einfluss auf die Entwicklung der jungen Generation haben u. a. das Elternhaus, der Kindergarten, Jugendverbände, Sportverbände sowie das stetig wachsende Angebot an anderen Freizeitaktivitäten. Viele gesunde, aber auch viele weniger gesunde Haltungen und Verhaltensweisen bringen die Kinder bei ihrem Eintritt in die Schule bereits mit.
Die im Auftrag erwähnten Schulen setzen alles daran, um ihren wichtigen Beitrag zur seelischen und körperlichen Entwicklung der Jugend zu leisten. Die Basis auf kantonaler Ebene bilden das Gesetz für die Volksschulen des Kantons Graubünden (Schulgesetz), die Vollziehungsverordnung zum Schulgesetz sowie das Gesetz über die Mittelschulen im Kanton Graubünden (Mittelschulgesetz). Diese gesetzlichen Grundlagen übertragen der Regierung die Kompetenz, für die verschiedenen Schulstufen Lehrpläne und Stundentafeln zu erlassen. Dabei hat sich die Regierung u. a. an die diesbezüglichen Vorgaben in der Vollziehungsverordnung zum Schulgesetz (Fächerkanon) sowie - was den Sportunterricht betrifft - auch an die bundesrätliche Verordnung über die Förderung von Turnen und Sport zu halten. Gemäss Art. 1 Abs. 1 dieser Verordnung haben die Kantone dafür zu sorgen, "dass an den Schulen der Primar- und Sekundarstufe I sowie an allgemein bildenden Schulen der Sekundarstufe II im Rahmen der ordentlichen Unterrichtszeit durchschnittlich wöchentlich drei Lektionen Sportunterricht erteilt werden". Der vorliegende parlamentarische Auftrag wiederholt und verstärkt durch die Formulierung "…durchschnittlich wöchentlich mindestens drei Lektionen …" das, was inhaltlich aufgrund bundesrechtlicher Vorgaben ohnehin einzuhalten ist. Selbstverständlich hat jede Schule heute schon die Möglichkeit, ihren Schülerinnen und Schülern zusätzlich zu den drei Lektionen weiteren Sportunterricht (Wahlfach auf der Oberstufe, Sporttage, Sportwochen etc.) anzubieten. Der parlamentarische Vorstoss zielt im Ergebnis auf eine Änderung der Zuständigkeitsordnung, indem für ein Fach die Lektionendotation auf Gesetzesstufe festgelegt würde, während für alle anderen Fächer gemäss bisheriger Zuständigkeitsordnung die Regierung die Lektionenzahl festlegen würde. Eine solche Systemdurchbrechung im Einzelfall, welche inhaltlich weitgehend zu einer vertikalen Wiederholung bundesrechtlicher Vorgaben führen würde, ist nicht erforderlich und mit den Vorgaben des Projektes "Verwesentlichung und Flexibilisierung der Rechtsetzung und Rechtsanwendung (VFRR)" kaum vereinbar.
Zusammenfassend kann festgehalten werden: Die Regierung begrüsst und unterstützt die Grundanliegen des parlamentarischen Vorstosses. Im Interesse dieser Grundanliegen hält sie aber die im Auftrag vorgesehene Ausweitung der diesbezüglichen gesetzlichen Grundlagen für ungeeignet und unnötig. Hingegen ist die Regierung bestrebt, in Zukunft noch gezielter darauf zu achten, dass die gesetzlich bereits verankerten drei Lektionen Sportunterricht in allen Schulen konsequent erteilt werden.
Aufgrund dieser Erwägungen ersucht die Regierung den Grossen Rat, den vorliegenden Auftrag abzulehnen.

Datum: 24. April 2006